Leon in Gefahr
In dem Buch „Entführung in Manhattan“ von Walter Kaufmann kommt ein Junge aus New York in große Schwierigkeiten
Ja, es war eine richtige Entführung, von der Walter Kaufmann in seinem erstmals 1975 im Kinderbuchverlag Berlin erschienenen Buch „Entführung in Manhattan“ erzählt. Leon hat Angst, Angst um sich, aber vor allem Angst um seine Mutter, die krank zu Hause liegt. Und er will seinen Entführern erzählen, wie es wirklich um ihn steht: „Eine Stunde später, Leon kam es viel länger vor, wurde er mit verbundenen Augen durch ein Labyrinth von Gängen und dann eine Treppe hinaufgeführt. Oben drehte man ihn grob um und stieß ihn in einen Raum. Die Tür schlug hinter ihm zu, und er hörte, wie sie abgeschlossen wurde. Dann wurde ihm die Augenbinde abgenommen. In einem trüben, rötlichen Licht sah er die regungslose Gestalt eines Jungen, der wie ein Buddha mit untergeschlagenen Beinen auf einer Matratze hockte. Er war dick, ganz und gar glatzköpfig, und das Licht warf seinen Schatten auf die weiße Wand hinter ihm. Leon bemerkte auch andere Schatten. Er wandte den Kopf und erkannte die beiden Jungs, die ihn vor dem Drugstore gekidnappt hatten - Stumpy und Spider. Drei andere Jungs rekelten sich rechts von ihm auf Matratzen.“
Und dann muss er einen Brief an seine Mutter schreiben: „Hab schon von Stumpy gehört, dass es dir bei uns nicht gefällt", sagte Buster. „Warum eigentlich nicht?" Leon sagte kein Wort. „Ich hab dich was gefragt, Pretty Boy.“ „Was ist da zu sagen?", antwortete Leon. „Wer wird schon gern gekidnappt? Ich nicht. Also, was soll mir bei euch da gefallen?" „Schade, wirklich schade!" Buster schüttelte den Kopf. „Pretty Boy", setzte er dann gespielt traurig hinzu, „du machst einen Fehler." Er winkte Stumpy und Spider, die Leon sogleich bei den Armen packten und zu einer Kiste stießen, die als eine Art Tisch diente. Auf einem Stapel Papier lag ein Kugelschreiber. „So, und nun deine Hausarbeit, Pretty Boy", sagte Buster. Seine Stimme klang wieder schrill und drohend. „Du schreibst jetzt, was ich dir sage - aber schnell. Also los: ‚Liebe Mum, mir geht's gut. Niemand droht mir. Nimm die Pillen und mach Dir keine Sorgen. Und ruf nicht die Polizei, auf keinen Fall. Leon.' - Hast du's, Pretty Boy?" Eine Träne tropfte auf das Papier, während Leon schrieb, doch in dem dämmrigen Licht bemerkte es keiner.“
Aber was soll Leons Mutter tun, als sie die Nachricht ihres Sohnes erhält? Wird es gelingen, Leon zu befreien? Eine beklemmend spannende Geschichte.
Das E-Book enthält auch das bereits zwei Jahre im Verlag Junge Welt erstmals erschienene Buch „Das verschwundene Hotel“, das ebenfalls in New York spielt.
Walter Kaufmann, der eigentlich Jizchak Schmeidler heißt und am 19. Januar 1924 in Berlin geboren wurde, ist ein deutsch-australischer Schriftsteller. Der in Duisburg aufgewachsene Adoptivsohn eines jüdischen Anwaltsehepaars hatte als 14-Jähriger mit einem Kindertransport über die Niederlande nach Großbritannien fliehen können und wurde so vom Schicksal seiner im KZ Auschwitz ermordeten Adoptiveltern verschont. Mit 15 als „feindlicher Ausländer“ nach Australien deportiert, musste er sich dort ganz auf sich allein gestellt seinen Lebensunterhalt verdienen – als Obstpflücker, Landarbeiter, Straßenfotograf, Werftarbeiter sowie als Arbeiter im Schlachthof, als Freiwilliger in der Australischen Armee und als Seemann. 1953 erschien in Melbourne sein erster Roman „Voices in the storm“. Ihm folgten seit seiner Übersiedlung in die DDR 1957 mehr als 30 Bücher. Deren Mehrzahl hat Kaufmann, der noch immer die australische Staatsbürgerschaft besitzt, in englischer Sprache geschrieben, anschließend selbst übersetzt oder übersetzen lassen. Sein bewegtes Leben als jüdischer Emigrant, seine Reisen als Seemann, sein Leben in Australien und die Ereignisse im faschistischen Deutschland thematisierte der Autor in vielen seiner Romane, Erzählungen in der Tradition der amerikanischen Short Story und Reportagen.
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