Annäherung an einen Helden
In seinem historischen Roman „Ich war Ferdinand von Schill“ stellt ihn Heinz-Jürgen Zierke als Patriot und Mensch vor
Gleich in mehreren Büchern hat sich der Schriftsteller Heinz-Jürgen Zierke historischen Personen angenähert und versucht, sie nicht nur als Helden, sondern auch als Menschen vorzustellen. Das gilt auch für seinen historischen Roman „Ich war Ferdinand von Schill“, der erstmals 1983 im Rostocker Hinstorff-Verlag erschienen war. Nein, dieser Major von Schill, der soll nicht auf ein Denkmal gestellt werden: „Ob ich mir nun heißen Rum eingeholfen habe oder nicht, wenn ich von dem Major Schill reden höre, tritt mir der kalte Schweiß auf die Stirn. Auf ein Denkmal wollt ihr ihn stellen, schön, und wie soll er dastehen, der Herr Major? In Wahrheit sah der brave Schill nämlich nicht viel anders aus als ich, vor dreißig Jahren, versteht sich. Den Schnauzbart trugen wir damals alle ... Will sagen, alle jungen Offiziere trugen ihn nach der gleichen Art, buschig gekämmt, und die borstigen Enden hingen über die Mundwinkel herab. Türkisch nannten wir das, und es sollte zeigen, dass wir so todesmutig fechten würden wie des Sultans wilde Horden, nicht nur im Felde. Nicht allein die Offiziere, alle Burschen, die etwas gelten wollten, trugen den Bart nach Leutnantsart; bei den hübschesten Mädchen, ganz gleich welchen Standes, galten eben nur die Herren Leutnants.“
Der so spricht, der fragt den Leser unverwandt, ob er nicht die Geschichte kenne, die man sich noch lange nach dem 31. Mai 1809 erzählt habe. Wonach nicht Schill zu Stralsund durch Hieb und Schuss ums Leben gekommen sei, sondern einem andern, „den man für den Major gehalten, habe man das Haupt abgeschnitten und in Spiritus getränkt, den Leichnam aber wie den eines Hundes eingescharrt. Der Mann war so zugerichtet, über und über mit Wunden bedeckt und blutverschmiert, dass ihn keiner mit Sicherheit erkennen konnte, nicht seine Offizierskameraden und auch nicht sein Bartscherer; zuletzt sagten sie zu allem ja und amen, damit das Morden aufhöre. Denn solange Schill lebte ... Sein Orden diente als Beweis, und hat doch der König auch anderen Husarenoffizieren den Pour le mérite an die Schärpe gesteckt.“
Der echte Major von Schill aber, der sei über Rügen schließlich nach Russland entkommen, von wo er dereinst zurückkommen werde, um wieder loszuschlagen in Deutschland.
Und der das erzählt, der behauptet, Ferdinand von Schill gewesen zu sein. Mit diesem literarischen Trick gelingt Heinz-Jürgen Zierke ein ebenso überraschender wie neugierig machender Einstieg in seine Annäherung an Ferdinand von Schill, den Patrioten und – den Menschen. Um aber die Geschichte vollends zum Laufen zu bringen, kommt zu Beginn des zweiten Kapitels am Nachmittag des 13. Oktober 1806 unweit von Auerstedt eine männliche Person ins Spiel, die sich Robert nennt. Und der soll bald eine ihn selbst überraschende Rolle übernehmen …
Heinz-Jürgen Zierke wurde 1926 in Marienthal in Pommern geboren. Er war im Zweiten Weltkrieg Soldat, besuchte nach seiner Entlassung aus sowjetischer Kriegsgefangenschaft zunächst die Vorstudienanstalt Greifswald und begann danach ebenfalls in Greifswald ein allerdings abgebrochenes Germanistikstudium. Ab 1950 arbeitete er als Dramaturg an den Theatern Greifswald und Stralsund und war von 1962 bis 1966 Chefdramaturg des Staatlichen Folkloreensembles der DDR in Neustrelitz. Seit 1967 als freischaffender Schriftsteller tätig, schrieb er vorwiegend historische Romane und Erzählungen. Heinz-Jürgen Zierke lebte seit 2013 in Prenzlau, wo er Ende 2015 starb.
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