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Backsteintor und Spreewaldkahn. Märkische Landschaften von Uwe Berger
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Preis E-Book:
7.99 €
Veröffentl.:
05.08.2013
ISBN:
978-3-86394-021-8 (E-Book)
Sprache:
deutsch
Umfang:
ca. 191 Seiten
Kategorien:
Belletristik/Biografisch, Belletristik/Familienleben, Belletristik/Politik, Reisen / Deutschland, Reisen / Familie
Belletristik: Themen, Stoffe, Motive: Politik, Reisen und Urlaub, Deutschland, Reiseführer: Reisen mit Kindern, Familienurlaub, Biografischer Roman, Familienleben
Brandenburg, Fürstenwalde, Frankfurt/Oder, Freienwalde, Kloster Chorin, Schiffshebewerk, Niemegk, Strausberg
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Das Mädchen vom Möllensee

Östlich des Möllensees, bei Erkner, liegt eine Kiesgrube, die mit durchsichtigem Wasser gefüllt ist. Auf der Lichtung im Kiefernwald zwischen der Kiesgrube und dem Möllensee war während des zweiten Weltkriegs eine Flakbatterie eingegraben. Fast noch ein Kind, stürzte ich mich hier bei nächtlichen Fliegerangriffen in eine verhasste Uniform. Hier sah ich den Himmel nachts sich röten und tags sich schwärzen von den Bränden der Stadt. Und hier sangen sowjetische Kriegsgefangene ihre Lieder, die den versteinten Wald zum Leben erweckten.

An einem Herbstabend ging ich mit einem Mädchen den Weg von der Kiesgrube zum Möllensee. Vielleicht war sie vierzehn, ich war fünfzehn. Wir gingen schweigend und verlegen, wir wussten uns nicht viel zu sagen. Als uns im Mondlicht ein Unteroffizier entgegenkam, erstarrten wir vor Schreck, denn ich hatte mich unerlaubt entfernt. Doch jener offenbar auch. Er kam vom Zeltplatz am Möllensee und zischte bloß wütend im Vorbeigehen: „Jetzt wird's verrückt, jetzt fangen die Kinder schon an!"

Der Zynismus des Menschen stieß mich ab, und durch die Abscheu verlor ich meine Verlegenheit. Hatte ich bis dahin nur krampfhaft überlegt, ob ich das Mädchen küssen dürfe, ohne sie zu fragen, wusste ich nun auf einmal, was ich sollte. Ich legte ihr den Arm auf die Schulter und streichelte ihr Haar. Sie war kleiner als ich, hatte ein breites, etwas zugespitztes Gesicht mit einem schönen Mund und sah mich von unten herauf an. Vertrauensvoll nahm sie hin, was ich tat, und ich tat nichts weiter, hätte auch nichts weiter tun können, aber wusste nun, dass es richtig sei.

Finster standen die Kiefern, dufteten und rauschten. Über dem Graben, der die Kiesgrube mit dem Möllensee verbindet, verzweigte sich der Wald. Hier und da warf der Mond ein blinkendes Licht auf die Schwärze des Wassers. Den Brandhimmel sahen wir von drinnen nicht.

Noch einmal trafen wir uns nach dem Ende des Krieges in den Ruinen um den Alexanderplatz, wo sie mit ihrer Mutter wohnte. Wir besuchten ein winziges Kino und sahen den sowjetischen Film über Gorkis Buch „Meine Kindheit“. Als ich sie durch dunkle Trümmergassen nach Haus brachte, legte ich ihr wieder nur den Arm auf die Schulter und streichelte ihr Haar.

Nicht einmal ihren Namen habe ich behalten.

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