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Neustart ins Leben mit 18 Jahren, Markus in großer Gefahr sowie eine gruselige Radpartie durch Irland - Fünf E-Books von Freitag bis Freitag zum Sonderpreis

(Pinnow 16.05.2025) – Es geht um nichts weniger als den Beginn eines neuen Lebens. Eine junge Frau möchte ein neues Leben beginnen, denn sie hat es bisher nicht leicht gehabt. Das ist der Stoff, aus dem das dritte der insgesamt fünf aktuellen digitalen Sonderangebote dieses Newsletters gewebt ist, die sieben Tage lang zum Sonderpreis im E-Book-Shop www.edition-digital.de (Freitag, 16.05. 2025 bis Freitag, 23.05. 2025) zu haben sind. Und so bewegend beginnt der erstmals 1976 veröffentlichte Roman „Sabine Wulff – Gesucht wird die freundliche Welt“ von Heinz Kruschel:

Nach einem Tag Freiheit

Da kann man eigentlich noch nicht viel sagen, ein Tag ist kurz. Aber für dieses Mädchen, dessen Geschichte erzählt werden soll, ist er lang. Sie sieht sich wie einen Menschen, den man flüchtig gekannt hat: Das bist du also, das ist aus dir geworden, achtzehn Jahre alt, du willst dein Leben nun selber bestimmen, und dieser Tag ist dein Anfang. Sagen wir: ein neuer Anfang. Denn die Geschichte des Mädchens beginnt eigentlich früher.

Aber wann beginnen solche Geschichten? Sie könnte mit dem Tage beginnen, da sie von ihrem Vater wegen schlechter schulischer Leistungen mit einem Kleiderbügel verprügelt wurde. Sie könnte im Zimmer eines Frauenarztes beginnen. Oder bei Jimmy. Da sagen die Dramatiker: Mach die ersten drei Minuten stark, sonst schalten die Leute ab. So gesehen, wäre auch die Ankunft im Jugendwerkhof ein starker Auftakt - ein aggressives Mädchen, asozial, anarchistisch, wird eingeliefert.

Es gibt noch andere Möglichkeiten. Die Chronologie zum Beispiel. Wie das in ihrer Kindheit war, in diesem nach außen völlig intakten Elternhaus, wie sie nicht lügen, nicht heucheln wollte und wie sie sich darum eine Traumwelt aufbaute. Man wird viel Bedauern mit diesem Kinde haben können, man wird Partei ergreifen für Sabine, die Sympathie des Lesers wäre ihr sicher. Anders, wenn die Geschichte in einem der Selbstbedienungsläden begänne, in dem ein raffiniertes Mädchen stahl, besagte, bedauernswerte, sympathische Sabine Wulff nämlich, da hören doch Mitleid und Sympathie auf, und das ist sehr verständlich, denn sie verstößt gegen Normen des menschlichen Zusammenlebens. Das alles und viel mehr wäre möglich und vielleicht auch richtiger, als mit diesem ersten Tag der Freiheit zu beginnen, an dem das Mädchen spätnachmittags durch die Straßen geht und von allen Seiten, wo sie auch stehenbleibt, den Dom auf dem einzigen Hügel sieht. Der Dom, die bedeutendste Sehenswürdigkeit, ist für die Stadt, die wie ein eingerolltes Tier im Flachland liegt, das, was für Samarkand der Platz des Registan, für London der Tower. Ein schmutziggrauer Fluss umschnürt den Hügel des Doms und den mittelalterlichen Teil der Stadt.

Sabine geht unter den Leuten, die es eilig haben, weil sie vor Geschäftsschluss noch einkaufen wollen und es heute in den Gemüseläden Bananen geben sol. Sie hat es nicht eilig, nicht mehr, und sie mag gar nicht mehr den alten Dom sehen, der behäbig und selbstzufrieden mit seinem dicken Turm droht. Sie geht nicht einmal im Sinne eines gleichmäßigen Sichfortbewegens, mal balanciert sie auf der Bordsteinkante, mal streicht sie wie eine Katze an den Schaufenstern entlang, bleibt stehen vor der eingerosteten Sonnenuhr, deren Stiefmütterchen sich zu runden Beettupfern verwuchert haben, und achtet nicht auf die Burschen, die durch die Zähne pfeifen und dem Mädchen nachsehen. Sabine Wulff weiß, wie sie aussieht. Daran liegt es nicht, beachtet wird sie schon. Sie hat einfach kein Ziel.

Die Menschen auf der Straße haben heute alle ihre Pflicht getan, sie nicht. Liegt es daran? Sie ist enttäuscht. Dabei hat sie am Morgen das fremde, möblierte Zimmer verlassen, das ihr zugewiesen worden ist, und ist losgelaufen, da noch schnell, da noch voller Erwartung. Nun ist sie enttäuscht.

Natürlich, sie hat Zeit. Zum ersten Male seit zwanzig Monaten Zeit, über die sie frei verfügen kann. Sie muss sich nicht bis siebzehn Uhr in dem nach Bohnerwachs riechenden Gemeinschaftsraum aufhalten, um sich einen Vortrag über Babypflege anzuhören. Sie muss nicht die Ordnung in den Schränken der anderen Mädchen kontrollieren und ihre spitzen Worte schlucken. Sie muss nicht ihre Schuhe putzen, sie muss nicht. Sie muss sich nicht selber einschätzen. Nichts muss sie?

Sie könnte in ein Kino gehen, ganz allein, nicht wie bisher in der geschlossenen Gruppe, angeführt von einer Erzieherin, der kleinen Wachtel etwa, die wie ein runder Wachturm durch enge Gassen walzt, die immer darauf achtete, dass sie brav zu zweit gingen: eine Herde halbflügger Enten mit einer Ersatzhenne. Sie könnte sogar ein Bier und einen doppelten Braunen trinken oder Eis essen und darauf warten, bis ein Bekannter kommt: He, Sabs, du bist wieder draußen, die Zeit vergeht, eh? Solche Fragen fürchtet Sabine nicht, wirklich, darüber ist sie hinaus. Was soll nun werden?

Unter dem Titel „Sabine Wulff“ wurde dieser DDR-Klassiker von 1976 zwei Jahre später in der Regie von Erwin Stranka, der auch das Drehbuch schrieb, von der DEFA verfilmt. Als Sabine ist Karin Düwel zu sehen. Von der Kritik war diese Produktion positiv aufgenommen worden. So bezeichnete es Helmut Ullrich in der „Neuen Zeit“ als das Verdienst des Films, viele Fragen aufgeworfen zu haben: Wie wächst ein junger Mensch in unsere Welt hinein und wo gibt es da Probleme und Schwierigkeiten? Es gibt einige stillere und differenziertere Szenen, bei denen man sich wünscht, es gäbe mehr davon. Im Gedächtnis bleibt die beachtliche Leistung der jungen Karin Düwel in der Rolle der Sabine, in der noch mehr flackert und flammt als die Handlung hergibt, ein sehr lebensechter junger Mensch, ungebärdig unbequem und dabei sensibel und leicht verletzbar, kaltschnäuzig und lässig selbstverständlich und dabei doch sehr ernsthaft, sehnsüchtig und sich auslebend, schroff und empfindsam, unverklemmt und doch auch verkrampft.

Im „Neuen Deutschland“ fand Horst Knietzsch, dass dieser Film im Detail genau beobachtet, das gezeigte unterschiedliche Milieu genau und realistisch gezeichnet ist und auch nicht mit künstlerischer Kritik an menschlicher Unreife und Schwarmgeisterei gespart wird.

Für die junge Schauspielerin Karin Düwel, die 1954 in Ost-Berlin geboren wurde, bedeutete diese Rolle ihren großen Durchbruch in Kino und Fernsehen der DDR. Beim 1. Nationalen Spielfilmfestival der DDR wurde sie dafür 1980 in Karl-Marx-Stadt als beste Nachwuchsdarstellerin ausgezeichnet.

Eine sehr spannende Geschichte aus dem Berlin der 1990er Jahre erzählt Klaus Möckel in seinem 1993 in der Rowohlt-Rotfuchs-Reihe erschienenen, aber inzwischen längst vergriffenen Krimi für Kinder, Eltern und Großeltern „Kasse knacken“. Die zehnjährige Lia ist verzweifelt. Sie und ihre Freunde sind bei der Verfolgung von Umweltverschmutzern an eine gefährliche Diebesbande geraten, aber nur sie weiß, dass ihr älterer Bruder dazugehört. Wie soll sie sich entscheiden? Soll sie den anderen davon erzählen, ihre Mutter einweihen oder womöglich gar zur Polizei gehen? Markus würde verhaftet und eingesperrt werden. Doch wenn sie nichts tut, gerät er bestimmt endgültig auf die schiefe Bahn. Lia zögert lange. Als sie endlich einen Entschluss fasst, ist es fast zu spät. Markus und sie sitzen in der Falle. Doch zum Glück gibt es die Freunde, die sie in der Not nicht allein lassen.

„Kasse knacken“ von Klaus Möckel liegt bei EDITION digital nicht nur als E-Book, sondern auch als Hörbuch vor.

Erstmals 1957 veröffentlicht wurde die Wissenschaftlich-fantastische Erzählung „Nordlicht über Palmen“ von Günther Krupkat. Eine US-amerikanische Millionärsfamilie will auf dem Flug nach Stockholm den Nordpol überfliegen, gerät aber in ein Unwetter, hat einen Motorschaden und muss kurz vorm Nordpol notlanden. Nicht etwa im ewigen Eis, sondern auf einer mittels Atomsonnen freigeschmolzenen sowjetischen Insel mit subtropischem Klima und üppiger Vegetation. Roboter schürfen wertvolle Erze und verarbeiten sie in automatischen Fabriken. Sie werden freundlich empfangen. Man zeigt ihnen bereitwillig alle technischen Anlagen und repariert das Flugzeug. Doch dann kommt es zu einem dramatischen Zwischenfall …

Als ob eine Radpartie durch Irland gruselig sein könnte. Daran haben Daniel, Jonas und Colin in „Die Ruine der Raben“ von Jan Flieger wohl zuallerletzt gedacht. Aber spätestens, als ihnen das Mädchen Maureen von einem Spuk erzählt, da wird den drei Jungen doch etwas unheimlich. Und dann gehen sie auch noch hinein in die Burg, die so bedrohlich dasteht. Und man ahnt schon, dass bald etwas Geheimnisvolles und Gefährliches passiert. Schließlich ist Vollmond und noch manches mehr, was zusammenkommen muss, damit es spukt. Gruselig.

Und damit sind wir wieder beim aktuellen Beitrag der Rubrik Fridays for Future angelangt. Jede Woche wird an dieser Stelle jeweils ein Buch vorgestellt, das im weitesten Sinne mit den Themen Klima, Umwelt und Frieden zu tun hat – also mit den ganz großen Themen der Erde und dieser Zeit. Heute gibt es einen spannenden Blick in die Geschichte aus der frühen Neuzeit.

1925 schrieb Friedrich Wolf die Erzählung „Frundsbergs letzte Stunde“. Der Autor war ein Meister der dramatischen und emotional aufgeladenen Prosa. Ob in historischen Szenen voller Spannung und Machtkämpfe oder in den bewegenden Momenten des individuellen Schicksals - Wolf erweckt vergangene Zeiten auf kraftvolle Weise zum Leben. In Geschichten wie „Frundsbergs letzte Stunde“ entführt er den Leser in die letzten Momente des legendären Landsknechtsführers Georg von Frundsberg, einem Mann, der zwischen Loyalität und innerem Konflikt zerrissen ist. Wolf lässt Geschichte lebendig werden, indem er menschliche Schwächen, Mut und den unaufhaltsamen Lauf des Schicksals in einem packenden Erzählstil verwebt. Diese Erzählung ist eine faszinierende Entdeckungsreise in die Tiefen des menschlichen Daseins und der historischen Wendepunkte.

Und so beginnt die Erzählung:

Der Einlass zu Frundsbergs Obristenzelt ward aufgerissen. Herein vor dem graugelben Taglicht stürzt eine Gestalt im Gehfrock aus Silberstoff mit Gold und Inkarnat, Karl, Herzog von Bourbon. „Sie meutern! Stechen! Schreien Geld und Fraß! Deine Knechte hoch! Das Gesindel umzingelt! Niedergeschmissen!“

„Zwei Fähnlein ums Lager!“ befiehlt Frundsberg; und Buttlar verschwindet. „Han Härteres durchgebissen als diese Fuchsfall vor Bologna, Herzog! Wolln eure spanischen Heißköpf schon dämpfen, wenn’s für unsre Knecht auch keine Sonnentaler regnet!“ – „Wie vor Pavia!“, meint Alex zu Ortemburg. Der Alte dreht sich nach dem Biss. „Wie vor Pavia! Und so gewiss Ihr morgen durch die Romagna nach Rom marschiert!“ „Haltet an Euch!“, flüstert ihm Sebastian Schärtlin, der Hauptmann des Schorndorfer Haufens, „auch unsre Knecht surren! Sind zwei Mond ohn Sold, Furage und Sohlenwerk, gar wilde verlauste Hund!“ – „Es sind meine Söhn! Verlasst Euch auf sie, Herzog!“

Gebrüll durch die schweren Falten des Zelts. „Lanz! Lanz! Geld! Geld!“, toben auch die deutschen Knechte.

Historisches Vorbild für diese Erzählung von Friedrich Wolf war Georg von Frundsberg, auch George und Jörg beziehungsweise von Fronsberg und Freundsberg, der von 1473 bis 1528 lebte und ein süddeutscher Soldat und Landsknechtführer in kaiserlich-habsburgischen Diensten war. Er gilt als einer der wichtigsten deutschen Infanterietaktiker und Kriegsunternehmer der Frühen Neuzeit. Sein Name ist eng mit den langwierigen Kämpfen der Habsburger Kaiser Maximilians I. und Kaiser Karls V. um die Vorherrschaft in Oberitalien verbunden. Frundsberg ist unter anderem bekannt für seinen zum geflügelten Wort gewordenen Wahlspruch „Viel Feind’, viel Ehr’!“.

Ulli, Jan und Lia kommen einem geheimen Plan auf die Spur – doch ihre Nachforschungen bringen sie selbst in Gefahr. In der folgenden Szene aus „Kasse knacken“ von Klaus Möckel beobachtet Lia heimlich ein Treffen, das nicht nur brisante Informationen zutage fördert, sondern auch die Rolle ihres Bruders Markus in einem beunruhigenden Licht erscheinen lässt. Wird sie rechtzeitig handeln können?

Sie scheinen die richtige Spur zu verfolgen; manchmal gelingt es Ulli mit seinen überspannten Ideen doch, ins Schwarze zu treffen.

Wo stecken die beiden bloß, denkt Lia. Aber vielleicht ist es wegen Markus besser, sie nicht aufmerksam zu machen, vielleicht entdecken sie den Kiosk und Hottes Wagen gar nicht.

Dann hält plötzlich ein anderes Auto neben dem Lieferwagen, ein blauer VW, und Senkel steigt aus. Er knallt die Tür zu, die offenbar schwer schließt, und geht zu dem Kiosk, den Lia beobachtet. Er wechselt ein paar Worte mit der Frau; Lia ist jetzt sicher, dass es sich um seine Mutter handelt. Die Verkäuferin zeigt hinüber zum großen Stadion. Der Bärtige schlägt die Richtung ein, die sie gewiesen hat.

Lia zögert: Soll sie auf Jan und Ulli warten oder Senkel folgen? Aber wozu eigentlich? Um zu erfahren, mit wem er sich vielleicht trifft? Obwohl sie darauf keine klare Antwort geben könnte, geht sie dem Bärtigen hinterher.

Senkel ist ihr ein ganzes Stück voraus, ist schon ziemlich am Ende des Wegs mit den Verkaufsständen. Dort ist ein Bierzelt aufgebaut, und in diesem Zelt verschwindet er.

Lia überlegt. Dieser Senkel hat keine Ahnung von ihr, weshalb soll sie da nicht mal einen Blick in das Zelt werfen? Sie führt Gonni ein Stück zur Seite, bindet die Leine an einen Baum. «Bleib schön ruhig und wart auf mich, ich bin gleich wieder da.» Um ihm noch eine Freude zu machen, holt sie ein Gummibärchen aus der Tiefe einer Tasche in ihrem Jogginganzug. Das Zuckerzeug ist mindestens ein halbes Jahr alt, Gonni nimmt es trotzdem schwanzwedelnd entgegen.

Hinter dem Zelt ist niemand zu sehen, nur vorn am Eingang stehen ein paar Männer. Lia bringt doch nicht den Mut auf, einfach hineinzugehen, sie schlendert vorbei, und dann, als würde sie spielen, an der Zeltwand entlang. An einer Ecke, wo die Segeltuchbahnen zusammengeschnürt sind, findet sich ein Spalt, durch den sie hineinblicken kann.

Das Zeltinnere ist nicht groß, es bietet gerade Platz für den Ausschank und drei, vier Tische. Nur wenige Gäste sind da, deshalb sieht Lia Senkel sofort, und nicht nur ihn. Er sitzt mit einem Mann am Tisch, den sie an seinem Ring im Ohr sogar von hinten erkennt, mit Hotte.

Hotte redet aufgeregt auf den anderen ein. Von ihrem Platz aus kann Lia nichts verstehen, die beiden sprechen zu leise. Wenn sie dagegen ein paar Meter bis zur nächsten Zeltstange schleichen und dort lauschen würde...

Gedacht, getan. Zwar kann sie die beiden nun nicht mehr beobachten, dafür hört sie aber ganz gut ihre Stimmen: die krächzende von Hotte, die helle Senkels, die eigentlich gar nicht zu seinem Typ passt.

«Ich bin doch nicht dämlich», sagt Hotte gerade, «ich weiß, dass ich die Lampe nicht in der Hand hatte, als diese Gören auf dem Hof auftauchten.»

«Du sagst, die Schwester von Markus hat das behauptet?»

«Das hat er mir jedenfalls erzählt. Deshalb kam er ja gestern Mittag bei mir an. Der war völlig durcheinander. Wir haben die Lampe dann aus dem Keller geholt, damit er Ruhe gab und sie ihr zeigen konnte.»

«Zeigen, zeigen. Ein paar hinter die Löffel sollte er ihr geben. Was mischen sich diese Gören in unsere Angelegenheiten?»

«Deine Faulheit ist dran schuld», blafft Hotte. «Du solltest das Gerümpel aus der Stadt rausbringen und nicht bei dir um die Ecke in die Anlagen schmeißen.»

«Ich dachte, die räumen da sowieso auf», sagt Senkel. «Die machen doch alles neu.»

«Du siehst ja, was passiert. Ich hätte mir den Bengel neulich schnappen sollen und ihm eine hinter die Ohren geben. Von wegen Wohnung renovieren. Schnüffeln wollten die. Haben alle große Flausen im Kopf, Umweltschutz und so.

Und die Mädchen heutzutage sind am schlimmsten. Schon mit zwölf ausgebuffte kleine Biester. Raffiniert bis dorthinaus.»

Lia, die das von draußen mitanhört, ist empört. Was bildet der sich ein, so zu reden. Am liebsten würde sie jetzt reingehen und ihm die Meinung geigen.

Die beiden sprechen nun leiser, und Lia kann nichts mehr verstehen. Mit einem Mal wird sie furchtbar traurig. Was sie vermutet hat, ist tatsächlich die Wahrheit. Markus ist gestern wegen der Taschenlampe zu Hotte gelaufen. Er steckt mit diesen Ganoven unter einer Decke.

Lia möchte losheulen, sich am liebsten irgendwo verkriechen, aber die Stimmen drinnen werden wieder lauter, und der Name Markus fällt erneut.

«...aussteigen will er, umso besser», zischt Senkel. «Warum haben wir ihn überhaupt mitmachen lassen? Der ist ja noch grün hinter den Ohren. Wir hätten das auch alleine geschafft.»

«Er war uns von Nutzen und steigt aus, wann wir es wollen. Heute Abend brauchen wir ihn auf jeden Fall noch mal. Dann sehn wir weiter.»

Lias Herz klopft bis zum Hals. Heute Abend haben die Kerle demnach was Neues vor! Und Markus soll mitmachen! Sie presst ihr Ohr noch fester an die Zeltwand und hört, so leise, dass sie es mehr erahnt als versteht: «...neun im 'Anker'. Und jetzt hau ab... lange genug gequatscht.»

In „Nordlicht über Palmen“ von Günther Krupkat gerät Edward Taylor in ein gefährliches Spiel aus Erpressung, Flucht und drohender Katastrophe. Der mysteriöse Lando ist bereit, alles zu riskieren – sogar die Zerstörung einer ganzen Insel –, um sich zu retten. Die folgende Szene zeigt, wie aus einem Gespräch ein lebensgefährlicher Konflikt wird, bei dem nicht nur Worte, sondern auch Waffen sprechen.

Lando lächelte gezwungen. „Sie werden Verständnis für meine Lage haben. Gerade Sie müssen es …!“

„Tut mir leid, mein Lieber“, entgegnete Edward. „Mit solchen :Dingen will ich nichts zu tun haben.“

„Überlegen Sie sich das gut!“

„Ich habe nur noch zu überlegen, ob ich dieses Gespräch vergessen oder ob ich Mr. Rostowski davon unterrichten soll.“

„Nun gut, dann werde ich mit Ihnen deutlicher sprechen.“ Lahdos Gesicht verzerrte sich, es zeigte den Ausdruck äußerster Entschlossenheit. „Ich habe den Auftrag, die weitere Erzförderung auf der Insel zu verhindern. Sie ist gefährlicher, als Sie denken, … für Sie, Mr. Taylor“, fügte Lando hinzu, und ein zynisches Lächeln glitt über seine Züge, „Seit Monaten versuche ich, mich dieses verdammten Auftrages zu entledigen. Es gibt für mich aber nur eine Flucht durch die Sowjetunion. Und auf diesem Wege würde ich nicht weit kommen. Ich kenne den Sicherheitsdienst der Sowjets und vermute, dass sie schon auf meiner Spur sind. Es geht jetzt um mein Leben. Sie werden mir helfen!“

„Nein! Sehen Sie zu, wie Sie aus dem Geschäft herauskommen, in das Sie sich eingelassen haben.“ Edward erhob sich, die Unterredung war für ihn beendet.

Lando sprang hoch. Auf seiner Stirn standen Schweißtropfen. „Eine einzige Chance bietet mir der Zufall, Herr: Ihr Flugzeug! In ein paar Stunden kann ich im Ausland sein. Und was nach dem Start hier geschieht, das geht weder Sie noch mich etwas an. Man wird selbstverständlich annehmen, dass ich mit der Insel zugrunde gegangen sei. Damit wäre der Fall erledigt.“

„Nein!“

Lando trat dicht an Edward heran. Sein Kinn zitterte. „Nein? Nein haben Sie gesagt? Dann passen Sie einmal gut auf! Ich habe mein Leben aufs Spiel gesetzt … das ist meine Sache. Die letzte Chance, es zu retten, nehmen Sie mir – und das ist Ihre Sache. Aber wenn ich mein Leben schon verlieren soll … durch Ihren Starrsinn … dann nicht allein … dann werden Sie mit zum Teufel gehen!“ Sein Blick richtete sich auf den Atommeiler. „Entweder Sie helfen mi r… oder diese Insel verschwindet mit allem, was auf ihr lebt … auch mit Ihnen … und Ihren Eltern. Rechnen Sie nicht damit, an dieser Wahl vorbeizukommen. Also: wählen Sie!“

Grauen lähmte Edward und nahm ihm fast die Besinnung. Lando stand unbeweglich am Tisch. Seine Finger klopften auf die Platte, als zählten sie die Sekunden. Unheimlich glomm sein Blick in den tiefen Augenhöhlen. Er hatte seine letzte Karte ausgespielt.

„Nun, gewählt?“

Edward sah wieder alles klar, die beiden Roboterschränke, die Leuchttafeln, die weite Halle und vor sich diesen Menschen, diesen … Maßlose Wut packte ihn. „Sie Schuft, Sie elender Schuft!“, schrie er und stürzte sich auf Lando.

Der wich dem Angriff gewandt aus und zog einen Revolver hervor. „Nein, mein Freund, so nicht!“

Der Anblick der Waffe steigerte Edwards Wut, und er drang von Neuem auf den anderen ein. Lando war mit einem Satz bei den Robotern. In Sekundenschnelle hatte er einige Schalthebel niedergerissen. Bläuliche Blitze zuckten auf, ein grässliches Schrammen war zu hören. Edward umklammerte die Arme des Mechanikers. Doch Lando konnte sich frei machen. Er hob den Revolver, um dessen Knauf auf Edwards Kopf niedersausen zu lassen. Er verfehlte indes sein Ziel, streifte aber Edwards linke Schulter. Trotz des stechenden Schmerzes gelang es Edward, Lando die Waffe aus der Hand zu schlagen. Polternd fiel sie auf den Fliesenboden.

In diesem Moment wurden die keuchenden Männer mit harten Griffen voneinander getrennt, Edward fühlte seine Hände auf dem Rücken festgehalten. Der Schmerz in der verwundeten Schulter ließ ihn taumeln. Da hörte er Lando russische Worte sagen. Er verstand den Ausdruck „Sabotage“.

Was als harmloses Abenteuer beginnt, verwandelt sich für Colin in einen Albtraum aus Dunkelheit, Gewalt und Entsetzen. In den düsteren Gängen einer geheimnisvollen Ruine wird er Zeuge einer grausamen Szene, die nicht von dieser Zeit zu stammen scheint – und plötzlich geht es um sein eigenes Überleben. Die folgende Passage aus „Die Ruine der Raben“ von Jan Flieger zieht Leserinnen und Leser mitten hinein in eine Welt zwischen Realität und Wahnsinn.

Colin hörte Daniel und Jonas nicht mehr. Waren sie ihm nicht gefolgt? Was war mit ihnen geschehen? Er schluckte heftig, sein Herz wummerte und er spürte, dass sein Mund trocken wurde und sein Magen sich verkrampfte.

Und dann sah er sie. Es waren Fackeln! Sie kamen aus der Tiefe der Gänge auf ihn zu. Und ein Stöhnen war da. Schreie ertönten, grässliche Schreie.

»Du Hund!«, schrie eine Stimme. »Du krepierst hier wie ein Schwein.«

Colin tastete sich an den Wänden entlang, um eine Stelle zu finden, wo er sich verbergen konnte, aber er fühlte nur glatten Fels. Wer kam dort? Männer schleppten einen Gefangenen, rissen ihn mit sich, traten ihn. Der Gefangene stöhnte.

Die Männer schlugen heftiger auf ihn ein, mit Fäusten, mit Peitschen. Immer weiter wich Colin zurück, so schnell es ihm möglich war. Da spürte er den Gang, der in eine andere dunkle Tiefe führte. Der konnte die Rettung für ihn sein.

Die Schritte der Männer und das Stöhnen kamen näher und näher. Ihre Flüche wurden lauter. Und auch das Stöhnen des Gequälten.

Am Eingang zu Colins dunklem Versteck blieben die Männer stehen. Im Licht der Fackeln konnte Colin jede ihrer Bewegungen sehen. Sie ketteten den Gefangenen an die Wand. Die Männer lachten. Sie trugen mittelalterliche Kleidung. Colin kannte so etwas aus Filmen.

Wenn sie mich finden, dachte Colin, werden sie mit mir das Gleiche machen. Ich bin Augenzeuge ihrer Taten, einer, der nicht überleben darf.

Die Männer lachten, sie verspotteten den Gefangenen. Dann zog einer der Männer einen Dolch mit einer langen Klinge, schmal und spitz.

Colin erstarrte, ließ die Hände sinken und presste sie dann ineinander.

»Was tut ihr?«, wollte er schreien, aber er brachte keinen Laut hervor, nur ein leises Röcheln, das im Lärm der fürchterlichen Szene unterging.

Der Mann, der den Dolch hielt, stach zu. Colin wagte nicht zu atmen. Dann aber musste er atmen, wenn er nicht ersticken wollte. Staub hing in der reglosen Luft. Tot hing der Gefangene am Felsen. Die Männer verschwanden.

Colin hockte sich auf den Boden, den Kopf auf die Knie gepresst. Er wusste nicht, wie lange er so gesessen hatte. Stunden?

Der große Landsknechtsführer Georg von Frundsberg steht am Ende seines Weges – zerrissen zwischen Ehre, Gehorsam und der blutigen Realität des Kriegs. In dieser dramatischen Szene eskalieren Wut und Zweifel im eigenen Heer, bis der alternde Feldherr zusammenbricht. Die folgende Passage aus „Frundsbergs letzte Stunde“ von Friedrich Wolf zeigt mit eindrucksvoller Wucht den Moment, in dem ein ganzes Zeitalter ins Wanken gerät.

Streiten wir um die Ehr?“ – „Streit um deinen Kopf, beißiger Hund!“ – „Friss ihn!“, steht der Ortemburg unbedeckt dem blanken hochzitternden Schwert, „die schwarze Schärp hier um meinen Koller trug mein Bruder Karl; ich rannte ihm die Lanze durch den Hals, meiner Mutter Sohn, auf dein Wort! Schwaben fielen durch Schwabenspieße, auf dein Wort, Brüder und Söhn alle, auf dein Wort, Vater Frundsberg!“ – Dem Alten schwellen die Adern wie Stricke, sein Kopf purpur, sein Graubart gehorstet: „Marschieren!“, schreit er über sein Regiment, das er dreißig Jahre durch Frankreich, die Lombardei, über die Alpen und in Schwaben geführt. „Marschieren!“, brüllt er, als gelt es Leben und Werk! – „Wohin?“, fragt zögernd Schärtlin, sein Landsmann. „Wohin?“, murrt zum ersten Mal die Frag die Lanzengemeinde. – Frundsberg, der Vater, er hebt sein nacktes Schwert, will er dreinhauen … beten … Hilfe schrein? Blutrot quillt sein Haupt. Er stürzt.

Auch heute wollen wir noch einmal auf den ersten Lesevorschlag dieses Newsletters zurückkommen, für den Heinz Kruschel einen sehr schönen und für alle Zeiten gültigen Titel gefunden hatte – „Gesucht wird die freundliche Welt“. Wer möchte sie nicht finden – eine freundliche Welt. Aber wie kann sie aussehen, diese ersehnte Welt? Was kann die Gesellschaft dafür tun? Und was kann man selbst dafür tun?

Das waren schon damals spannende Fragen, als ein DDR-Schriftsteller zum ersten Mal ein zuvor in der hiesigen Literatur nicht oder zumindest kaum behandeltes Thema aufgriff – Aufenthalt im Jugendwerkhof und den Weg zurück ins Leben. Zugleich machte sich Heinz Kruschel mögliche Antworten auf diese Fragen nicht leicht, zeigte auch die Schwierigkeiten, mit denen Sabine Wulff auf ihrem Weg in ihr neues Leben zu kämpfen hat – unter anderem mit Ablehnung und Misstrauen. Aber es gibt auch andere Signale.

In einer Kurzbeschreibung des zwei Jahre nach der literarischen Vorlage gedrehten DEFA-Films liest sich das so:

Die 18-jährige Sabine Wulff wurde aus dem Jugendwerkhof entlassen. in dem sie wegen wiederholter Diebstähle war. Zu diesen Diebstählen hatte sie ihr Freund Jimmy angestiftet. Sabine beginnt ein neues Leben. Sie hat eine Arbeitsstelle in einer Schuhfabrik zugewiesen bekommen und zieht in ein möbliertes Zimmer bei Frau Prieselank.

In der Fabrik wird sie von den Kolleginnen unterschiedlich aufgenommen. Einige begegnen ihr mit Misstrauen und Ablehnung, aber es gibt auch Frauen, die ihr helfen wollen.

Bleibt die spannende Frage: Wie könnte sie heute aussehen – eine freundliche Welt?

Bleiben Sie ansonsten weiter vor allem schön gesund und munter und der Welt der Bücher gewogen. Es scheint so, als werde in Pinnow gerade eine neue Rampe gebaut, um die jeweiligen Sonderangebote bald leichter verladen und verschicken zu können. Zu den fünf Sonderangeboten des letzten Newsletters in Monat Mai gehört auch ein weiteres Buch von Jan Flieger mit einem poetischen Titel. Erstmals 1987 war im Militärverlag der Deutschen Demokratischen Republik Berlin „Sternschnuppen fängt man nicht“ erschienen: Ein Matrose, der auf einem Raketenschnellboot der Volksmarine dient, bekommt einen Abschiedsbrief von seinem Mädchen. Mareike, so heißt das Mädchen, das er liebt, schreibt ihm, dass er sie vergessen solle und dass sie ihren Polterabend mit einem anderen feiern wird.

Doch das will sich Brinkmann nicht gefallen lassen. Er bittet um außerplanmäßigen Urlaub und begibt sich auf die lange Reise von der Küste bis zu Mareike und zu diesem Polterabend. Fast verpasst er den Termin, aber dann steht er in dem Saal, wo der Polterabend schon im Gange ist, sieht Mareike und sieht den anderen …

Sternschnuppen aber fängt man nicht, heißt es.

DDR-Autoren: Newsletter 16.05.2025 - Neustart ins Leben mit 18 Jahren, Markus in großer Gefahr sowie eine