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Skalpell und Sextant. Gedichte von Dietmar Beetz
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Preis E-Book:
5.99 €
Veröffentl.:
15.08.2018
ISBN:
978-3-95655-926-6 (E-Book)
Sprache:
deutsch
Umfang:
ca. 113 Seiten
Kategorien:
Lyrik/Deutsch, Lyrik/Liebe und Erotik, Lyrik/Natur
Lyrik, Poesie, Moderne und zeitgenössische Lyrik (ab 1900)
Lyrik, Gedichte, 20. Jahrhundert, Dichtung, Satire, Liebe, Politik, Natur, Zeitgenössisch, Erotik
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DA ICH ABSTIEG VON DEN BERGEN

Da ich abstieg von den Bergen,

tauchte in den Dunst der Stadt,

trug ich Lerchensang im Bündel,

Windgedanken und ein Blatt,

frisch gepflückt vom Ast der Esche.

 

Da ich eintrat in die Häuser,

wo der Tod vertrieben wird,

fror ich in der weißen Würde,

glaubte mich, halb Kind, verirrt

und um einen Traum betrogen.

 

Da ich eindrang in Gefilde,

die dem Vater noch verwehrt,

traf ich auch die Weggefährten,

die mich Kompaßlesen lehrten,

und die Perspektive sehn.

FERIEN IM DORF

Blick, der meinen Boxkalfglanz

scheel mit Pferdemist beschmiert.

Trauerweidenweg am Bach,

der sich selbst schon parodiert.

 

Griff, freiwillig unter Zwang,

linkisch nach dem Forkenstiel. -

Mantel über dem Gemüt,

der schon undurchschwitzt mißfiel.

 

Blick, der mir die Schulter klopft,

Staub von meinem Tanzschuh streift.

Heimweg wie am Asphalttag,

der die blaue Luft begreift.

NACH DURCHSTUDIERTER NACHT

Hinter blinden Scheiben

friert die Sonne blau.

Winterdürre Zweige

treiben weißen Tau.

 

Habe tausend Sonnen

in der Nacht geschaut,

und nun brennt des Tages

Auge mir die Haut.

 

Hat mich so gedürstet

nach dem Sonnenlicht.

Halte nun die Schale;

trinken kann ich nicht.

IM SOZIALHYGIENISCHEN KOLLEG

Traum, gerettet durch Exile,

Traum, genickschuß-resistent,

auch fürs Honorar serviert uns,

lehrplanmäßig, elegant.

 

Dennoch knurren unsre Mägen,

eintopf-abgefertigt, zu

Worten, vitamin-notwendig,

Worten, hefeteig-aktiv.

 

Und wie schlucken Eintopf, Worte

und gedeihen fürs Examen.

Später, wohlbestallt, verordnen

wir die ausgegornen Träume.

AUSKUNFT AN DAS WOHNUNGSAMT ZU ERFURT

Ich wohne hinter flügelweitem Fenster,

doziere Medizin vor grünem Klee.

Zur Nacht beschleicht durch windgekämmte Eschen

das Fernweh mein Gemüt per UKW.

 

Im März erzählt ein Gärtner meiner Nase

vom Nährstoff all des Tulpendufts im Mai.

Gar manches Versefiligran lädierten

Frau Wirtin und die Bahn der Linie 2.

 

Ich kenne die Varizen meiner Straße;

ich hab bei meinem Wirt ein Karzinom

ertappt und eingeliefert, und ich grase

nach Liedern ab das Viertel um den Dom.

 

Und fragt man mich, weshalb ich das berichte:

Weil ich auf jedes andre Heim verzichte.

VOR DEM EXAMEN

Die Zimmerdecke bleicht das Blut;

sie drückt die Großhirnrinde ein.

Ich bin begraben unter zehn-

mal tausend Seiten Medizin.

 

Wann strich ein Lerchenflügel wohl

die Wolkensträhne vom Azur?

Da waren Sommernächte doch

mit Wiesenwind in deinem Haar.

 

Ich gehe um, ein grauer Wolf;

ich reiße meine Zuversicht,

verblute, wenn nicht bald dein Mund

mich in Rezepten denken macht.

Skalpell und Sextant. Gedichte von Dietmar Beetz: TextAuszug