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Die Sitzer. Eine authentische Skurillität von Reinhard Bernhof
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Preis E-Book:
5.99 €
Veröffentl.:
08.07.2025
ISBN:
978-3-68912-536-3 (E-Book)
Sprache:
deutsch
Umfang:
ca. 195 Seiten
Kategorien:
Belletristik/Geschichte, Belletristik/Krieg & Militär, Belletristik/Politik
Belletristik: Themen, Stoffe, Motive: Politik, Historischer Roman, Kriegsromane: Zweiter Weltkrieg, Belletristik: Erzählungen, Kurzgeschichten, Short Stories
Absurdität, Alltag, Anpassung, Beobachtung, DDR, Denunziation, Dialoge, Diktatur, Freiheit, Gespräch, Groteske, Hoffnung, Ideologie, Ironie, Katzen, Kindheit, Komik, Kontrolle, Kontrollstaat, Literatur, Mauerfall, MfS, Misstrauen, Nachbarschaft, Paranoia, Poesie, Psychologie, Satire, Schreibtisch, Schriftsteller, Schuld, Sozialismus, Spionage, Stasi, Systemkritik, Theater, Theaterstück, Überwachung, Verrat, Widerstand
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17

Nißky bei Bernstein auf dem Balkon, sie trinken Kaffee.

NIßKY: Wo und wann ist denn die Idee für Ihr Buch entstanden?

BERNSTEIN: Lag irgendwo im Kopf gespeichert. – Ein Gedanke ergab den anderen. Hatte ich Ihnen schon gesagt.

NIßKY: Na gut, geb die Rezension frei.

BERNSTEIN: Frei? – Bin gespannt.

LEONORE tritt auf den Balkon, gefolgt von Kessy. Möchte noch jemand etwas! Ein Eis? Ein Glas Wein, Herr Nißky. Sieht ihn lange an.

NIßKY: Nein, nein, keine Umstände, Frau Bernstein.

LEONORE: Umstände nicht. Nimmt ein Weinglas vom Tablett, stellt es vor ihm hin, schenkt ein.

NIßKY: Oh, Hemus!

LEONORE: Du, Berni?

BERNI, aufbrausend: Du weißt doch, trink nix. Bekomm davon Kopfschmerzen …

NIßKY, seine Beine von Kessy berührt: Da ist sie ja wieder. Wollen Sie sie doch aufnehmen?

BERNSTEIN: Entscheidet sie selbst. Ist überall zu Hause – und nirgends. Gehört uns vorerst. Wir kümmern uns um sie. Ist nicht immer zutraulich. ‘ne wilde Katze ist mir lieber als … Stockt.

NIßKY: Sieht Bernstein mit großen Augen an. Ich weiß doch, dass Ihnen unser Bartholomäus nicht gefällt.

BERNSTEIN: Gestatten Sie mir meine Offenheit. Bisschen viel mit Nahrung aufgepumpt, Ihr Kater. – Dagegen bleibt unsere Kessy stundenlang fort. Setzt nichts an. – Mag sie inzwischen, weil sie mir abends beim Spaziergang manchmal nachläuft … Verschwindet Kessy, ist sie glücklich in ihrer Freiheit. Kommt sie mit, dann will sie es. So einfach ist das bei Katzen. Sie müssen immer Katzen bleiben. Sollten nicht deformiert werden bei den Hausmenschen. – Außerdem, Kessy ist vielleicht schlauer als Ihr – wie sagten Sie doch – intellektueller Kater. Was entgegnen Sie?

NIßKY sieht Bernstein eindringlich an. Wie meinen Sie das?

BERNSTEIN: Sie hat mir schon einige Male bei unseren gemeinsamen Spaziergängen ihre eigenwilligen Ansichten offeriert. Das gefällt mir an ihr, dass sie eine eigene Meinung hat, dass sie sich nicht duckt, sich nicht versteckt, wenn Besuch kommt, sich nicht überfüttern lässt. – Sie hat mich sogar vor Ihnen gewarnt.

NISKYS: Gewarnt? Blickt lange in Bernsteins Gesicht. Wie erstarrt. Löst sich aus der Erstarrung und gießt sich Sahne in den Kaffee. Rührt. Rührt so heftig, dass die Tasse umkippt. Springt auf. Ach du Schreck! Was habe ich bloß angerichtet? Nein, so was. Können Sie mir verzeihen, Herr Bernstein! Die schöne Decke … Ach du Schreck! Was bin ich für ein Trottel …

BERRNSTEIN, locker. Das kommt doch vor, Herr Nißky. Machen Sie sich keine Sorgen. Lappen her – und alles ist wieder okay. Eilt vom Balkon. Leonore tritt hinzu.

NIßKY: Nein so was. Schüttelt den Kopf.

LEONORE: Wie oft ist das den Menschen schon passiert … in der Tassengesellschaft. Stellt eine neue Tasse hin.

BERNSTEIN wieder am Tisch. Wo waren wir stehen geblieben, Herr Nißky? Ach ja, Katzen. – Ist Kessy über Nacht draußen geblieben, steht sie zumindest am Morgen vor unserer Tür –, manchmal mit zerzaustem Fell und verwundeten Ohren. Vielleicht ist sie hoffnungslos nymphoman und würde sofort Ihren Bartholomäus vergewaltigen. Ich würde nur sagen, ihre Schmerzen, ihr Winseln, ihr Jaulen möge sie entschuldigen.

NIßKY, noch immer verunsichert. Ich merke, dass Sie sehr tolerant sind.

BERNSTEIN, lange auf Kessy blickend, die dem Gespräch zu lauschen scheint: Merken Sie, sie hört uns zu. – Ihre Augen tief, durchsichtig bis auf den Grund –, und je länger ich in sie hineinsehe, desto schwerer wird es mir. Sieht eindringlich in Nißkys Gesicht. Er atmet schwer. Ist Ihnen nicht gut, Herr Nißky!

NIßKY: Nein, nein, alles in Ordnung. Das Malheur wirkt nach.

Das Licht wird dunkel und wieder hell.

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