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Wie Menschen zu denen werden, die sie sind – Sieben E-Books von Freitag bis Freitag zum Sonderpreis

(Pinnow 11.11. 2016) Wie wird man eigentlich zu dem Menschen, der man ist? Welchen Anteil hat die Herkunft? Welchen Anteil hat das eigene Tun? Und was kann man von den Biografien anderer Menschen lernen? Antworten auf diese Fragen gibt zumindest ein Teil der insgesamt sieben aktuellen Deals der Woche der EDITION digital, die im E-Book-Shop www.edition-digital.de acht Tage lang (Freitag, 11.11. 16 - Freitag, 18.11. 16) zu jeweils stark reduzierten Preisen zu haben sind.

Ein erstes Beispiel für eine ungewöhnliche und im wahrsten Sinne des Wortes weltverändernde Biografie findet sich in den drei Büchern von Walter Baumert, die unter dem Titel „Schau auf die Erde“ beziehungsweise „Der Flug des Falken“ erschienen sind. Die beiden unterschiedlichen Titel erklären sich ganz einfach. Zur Zeit ihres ersten Erscheinens 1981 gab es noch zwei deutsche Staaten, und in beiden Staaten erschien der Roman zeitgleich, wenngleich auch unter anderer Flagge. Thema der fast 1000 Seiten sind die Kindheit und Jugend des Mitbegründers des wissenschaftlichen Sozialismus, also von seiner Geburt im November 1820 in Barmen bis 1837.

Im ersten Band „In Gottes Hand. Die rebellische Jugend des Friedrich Engels“, der in dieser Woche preiswerter als sonst zu haben ist, kann der Leser die frühen Jahre bis zum Ende der Schule nachverfolgen. Und das geschieht auf durchaus dialektische Weise, in dem der junge Engels in seinem Widerspruch und in seiner Entwicklung gezeigt wird. Der wohlbehütete Fabrikantensohn, mit überdurchschnittlicher Intelligenz begabt und von großem Gerechtigkeitsempfinden erfüllt, wird zwischen der Zuneigung zu den Eltern, der Liebe zu Gott und der Armut und Ungerechtigkeit in der nächsten Umwelt hin und her gerissen. Seine Versuche, sich aufzulehnen, bringen ihn oft in Bedrängnis und führen zur harten Entscheidung des Vaters, dass er Kaufmann zu werden habe. Auf Drängen seines Vaters hatte der junge Engels ein Jahr vor seinem Abitur am 25. September 1837 das liberale Gymnasium zu Elberfeld verlassen müssen, um fortan als Handlungsgehilfe im väterlichen Handelsgeschäft in Barmen zu arbeiten. Doch sollen ihm die auf diese Weise erlangten Kenntnisse viel später helfen, einem gewissen Doktor Marx finanzielle Unterstützung leisten zu können. Schon früh stößt Friedrich auf den Gegensatz von industriellem Aufschwung und dem Elend der arbeitenden Menschen. Schritt für Schritt löst er sich aus der beengten Umgebung des Elternhauses. Begegnungen mit immer neuen Menschen geben Friedrich neue Anstöße, die Halbheiten manches Vorbildes reizen zum Widerspruch, das Unrecht zur Rebellion.

Einmal spielte eine Rebellion auch in der Beziehung zwischen dem Vater und dem Sohn eine Rolle, von denen Hans Bentzien in seinem erstmals 1991 im Verlag Volk & Welt Berlin veröffentlichtem Buch „Die Heimkehr der Preußenkönige“ berichtet. Die Rede ist natürlich von Friedrich Wilhelm I. und Friedrich II, deren Särge in der Gruft der Potsdamer Garnisonskirche beigesetzt worden waren. Zum Ende des Zweiten Weltkrieges wurden sie aus Furcht vor den heranrückenden sowjetischen Truppen in einen Kali-Stollen ausgelagert und schließlich zur Hohenzollernburg gebracht. Und wie schon zu DDR-Zeiten geplant, gelangten beide Sarkophage 1991 wieder nach Potsdam zurück. Eine besondere Rolle spielte bei dieser spektakulären Unternehmung das bis dahin nicht beachtete Testament Friedrichs II. Das E-Book von Hans Bentzien beschreibt die Irrwege der beiden Sarkophage und das Für und Wider ihrer Rückführung. Es ist gleichzeitig ein kurzer Abriss der preußischen Geschichte unter beiden Herrschern und eine konstruktiv-kritische Auseinandersetzung mit den beiden großen Persönlichkeiten. In einem vorangestellten Geleitwort schreibt der Autor unter anderem: „Es geht nicht darum, zu verdammen oder zu vergötzen. Sondern es geht darum, sich die Erfahrungen Preußens und dessen, was sich später aus Preußen entwickelt hat, vor Augen zu führen und zu fragen: Was bedeuten sie heute? Für mich steht Preußen für Toleranz, Aufbauwillen, Gemeinschaftssinn und eine leistungsfähige Verwaltung“, so Bentzien.

Dem Schicksal der jüdischen Dichterin Gertrud Kolmar, die 1943 deportiert und in Auschwitz umgebracht wurde, spürte der Dichter Uwe Berger in seiner erstmals 1990 im Aufbau-Verlag Berlin und Weimar erschienenen Erzählung „Flammen oder das Wort der Frau“ nach. Wie sich Hermann Kasack im Westen um ihr Werk verdient machte, so tat es im Osten der Dichter Uwe Berger. Für seine Erzählung benutzte er das authentische Material, die Briefe an ihre Schwester, die wenigen Lebensdaten, und füllte dieses Datengerüst mit seiner Fantasie aus. Das sind vor allem die Gespräche, der Name Joseph, nicht der Fakt, ihre Leidensgefährtinnen, die Umstände ihres Todes in Auschwitz. Uwe Berger zeichnet eine sensible und entschlossene Frau. An ihre Schwester hatte sie geschrieben, dass sie den Weg gehe, der ihr von innen her bestimmt sei. Für sich sprechen die gewaltigen Bilder der Poesie von Getrud Kolmar.

Sogar mit einem Schutzengel und seiner Aussage bekommt es der Leser in der 2007 erstmalig im Kay Homilius-Verlag Berlin veröffentlichten Autobiografie von Gerhard BranstnerLiebengrün“ zu tun. Und möglicherweise macht mehr als vieles andere eine Aufzählung derjenigen prominenten Personen auf dieses Buch aufmerksam, die darin anders als gewöhnlich zu erleben sind: Rudolf Bahro, Peter Bause, Johannes R. Becher, Manfred Bieler, Wolf Biermann, Lothar Bisky, Johannes Bobrowski, Bertolt Brecht, Gunther Emmerlich, Hanns Eisler, Friedrich Engels, Konstantin Fedin, Günther Fischer, Jean Kurt Forest, Franz Fühmann, Johann W. von Goethe, Egon Günther, Gregor Gysi, Klaus Gysi, Peter Hacks, Kurt Hager, Wolfgang Harich, Stefan Heym, Hans Heinz Holz, Erich Honecker, Hermann Kant, Barbara Kellerbauer, Friedrich Karl Kaul, Heinz Knobloch, Manfred Krug, Günter Kunert, Christa Lehmann, Wladimir I. Lenin, Richard Löwenthal, Georg Lukacs, Wladimir Majakowski, Siegfried Matthus, Karl Marx, Michelangelo, Heiner Müller, Konrad Naumann, Hans Pischner, Friedrich Schinkel, Erich Schmidt, Horst Schönemann, Kurt Schwaen, Peter Sodann, Friedo Solter, Josef Stalin, Rudi Strahl, Erwin Strittmatter, Walter Ulbricht, Leonardo da Vinci, Sahra Wagenknecht, Christa Wolf, Marianne Wünscher, Gerhard Zwerenz.

Der ungewöhnliche Titel der Branstnerschen Autobiografie erklärt sich übrigens auch ganz autobiografisch: Liebengrün, so lässt uns zum Beispiel Wikipedia auf Online-Nachfrage wissen, ist ein kleines Dorf inmitten des Thüringer Schiefergebirges und ein Ortsteil der Gemeinde Remptendorf im Saale-Orla-Kreis. Es liegt 537 m ü. NN, hat 10,12 km² Fläche und zählte am 31. Dezember 2009 exakt 398 Einwohner. Was Wikipedia nicht sagt, ist, dass aus eben diesem kleinen thüringischen Dorf der Urgroßvater von Gerhard Branstner stammte, weshalb er seine sich zum eigenen 80. Geburtstag geschenkte Autobiografie eben „Liebengrün“ nannte. Und diese Autobiografie versteht sich als nichts weniger als ein Lehrbuch der Lebenskunst, die in Art und Universalität den konventionellen Rahmen dieses Genres sprengt.

Mehr als ein Roman ist die erstmals 1989 im Mitteldeutschen Verlag Halle – Leipzig erschienene Saga „Die gläserne Fackel“ von Wolfgang Held, welche die Entwicklung der Optischen Werkstätten in Jena bis zum weltbekannten VEB Carl Zeiss Jena anhand des Schicksals der Thüringer Arbeiterfamilie der Steinhüters nachzeichnet. Und so ist der nach dem gleichnamigen siebenteiligen DDR-Fernsehfilm entstandene Roman Familienchronik, Werkschronik und Chronik deutscher Geschichte zugleich. Der erste der Steinhüters hatte übrigens 1866 bei Carl Zeiss in Jena zu arbeiten begonnen, also vor nunmehr 150 Jahren. In den Werkstätten gab es damals 25 Gehilfen und Lehrlinge, den Obermeister Löber und den Prinzipal, mehr nicht. Unter primitivsten Bedingungen wurden sechs Tage in der Woche, 11 3/4 Stunden am Tag, die ersten Mikroskope mehr gebastelt als gebaut. Das ändert sich, als Carl Zeiss den von der Forschung besessenen Ernst Abbe zum Teilhaber macht, später kommt Glasmacher Schott aus Witten dazu, und diese Verbindung von solidem Handwerk und schöpferischer Wissenschaft begründet eine einzigartige Tradition.

Drei sehr unterschiedliche Märchen von der Liebe erzählt Waldtraut Lewin in ihrem erstmals 1981 im Kinderbuchverlag Berlin veröffentlichten Band „Viktoria von jenseits des Zauns“. In der Titelgeschichte geht es um zwei sehr ungleiche Kinder – um Viktor, das blonde und schöne, verwöhnte und verhätschelte Wunschkind der reichen Frau, das jedoch wegen eines Fluchs nicht glücklich werden kann. Sobald Viktor etwas hat, scheint es ihm wertlos, und er sehnt sich nach etwas anderem. Aus ganz anderem Holz ist dagegen das Nachbarskind Viktoria geschnitzt. Sie ist die Tochter armer Leute, gewohnt, anzupacken, wo es nötig ist, und - hoffnungslos in Viktor verliebt. Aber wie soll sie ihn gewinnen, wenn jeder von ihr erfüllte Wunsch bei ihm nur den nächsten hervorbringt? Hat ihre Liebe trotzdem eine Chance?

In „Die Braut und der Pfau“ lernen wir Justinus kennen, einen jungen Mann, der dichten kann, malen und Musik machen, aber trotzdem so arm ist wie eine Kirchenmaus - was ja noch nichts Besonderes ist. Zum Glück vererbt ihm seine Tante Antonia ein schönes Haus mit Garten. Und mit dem schönen Haus kommt auch der Wohlstand zu ihm, denn auf einmal wird er berühmt. Um seinen Garten noch ein bisschen auszuschmücken, kauft er sich eines Tages auf dem Markt einen Pfau - einen lebendigen Pfau natürlich. Und damit fängt alles an. Denn dieses mit Sprache begabte Tier ist nämlich der Abgesandte einer Schönen aus der Anderswelt. Ist diese Schöne eine Göttin, eine Unsterbliche, ein Wesen von einem anderen Stern? Justinus wird das nie herausbekommen …

Ganz Anderes widerfährt dem Bauern Hans in „Hans und seine Katze“. Der fährt in die Stadt, um sich eine Braut zu suchen. Dabei sitzt seine Auserwählte schon die ganze Zeit bei ihm zu Hause. Nur hat Hans davon keine Ahnung. Wer kommt auch schon darauf, dass einer seine Hauskatze heiraten will? Aber Dorothea – so der Name der schwarzen Mieze - weiß ganz genau, was sie will. Und mit ihr die drei alten und weisen Frauen, die Hüterinnen des Dorfes. Denn um Klein Siehstumichnich ist es schlecht bestellt. Die Jungen sind in die Stadt abgewandert, die Häuser verfallen und die Äcker werden nur notdürftig bestellt. Da muss dringend Abhilfe geschaffen werden. Und deshalb muss Hans heiraten und viele Kinder kriegen, damit wieder Leben in die Bude kommt! So wird Dorothea zur Menschenfrau, und die drei alten und weisen Frauen spannen ihre ganze Zauberkraft ein, um Hans aus der Stadt zurückzuholen. Und zum Glück hat Hans das Brautkleid schon gekauft …

Der siebente und letzte der aktuellen Deals der Woche der EDITION digital stammt aus der Feder des SF-Autors und 2010 und 2012 mit dem Deutschen Science Fiction Preis ausgezeichneten Schriftstellers Karsten Kruschel. Unter dem Titel „Raumsprünge, das kleinere Weltall und andere phantastische Erzählungen“ wurden in dieser Ausgabe zum ersten Mal die frühen Texte von Karsten Kruschel zusammengefasst. Neben seinen ersten Kurzgeschichten von 1979 sind das auch verstreut erschienene Texte aus verschiedenen Anthologien und alle Geschichten des Bandes „Das kleinere Weltall“ aus dem Jahre 1989, von denen einige später zu den preisgekrönten Romanen „Vilm“ und „Galdäa“ ausgearbeitet wurden. Der Leser findet darin aufsässige Haustiere, seltsame Theorien und kosmische Phänomene sowie immer wieder Menschen, die auch angesichts der überragendsten Technik nichts anderes können, als menschlich zu handeln. Und so Menschen zu bleiben. Gründe genug also, diese Bücher zu lesen …

DDR-Autoren: Newsletter 11.11.2016 - Wie Menschen zu denen werden, die sie sind