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Künstliche Intelligenz und Kapitalismus, ein Besuch in Moskau und ein unsterblicher Künstler - Fünf E-Books von Freitag bis Freitag zum Sonderpreis

(Pinnow 30.06. 2023) – KI. Diese beiden Buchstaben stehen für Künstliche Intelligenz. Dier Künstliche ist derzeit in (fast) aller Munde. Viele Menschen verbinden damit große Hoffnung, freuen sich auf Unterstützung für ihre alltägliche Arbeit oder für neue, kreative Ideen. Nicht wenige Menschen empfinden bei dem Gedanken an möglicherweise unkontrollierbare Entwicklungen aber auch Angst oder mindestens Unbehagen. Könnte es nicht sein, dass die KI eines Tages (vielleicht sogar schon eines gar nicht so fernen Tages) die Herrschaft über uns Menschen übernimmt? Da ist es Zeit, dass sich auch bei EDITION digital ein kundiger Autor dieses Themas annimmt. Was er zu sagen hat, ist im zweiten der insgesamt fünf aktuellen digitalen Sonderangebote dieses Newsletters nachzulesen, die wie immer eine Woche lang zum Sonderpreis im E-Book-Shop www.edition-digital.de (Freitag, 30.06.23 – Freitag, 07. 07. 23) zu haben sind: Sören Pekrul – der Name ist kein Zufall, Sören Pekrul ist der älteste Sohn von Verlegerin Gisela Pekrul – setzt sich in „Nimmt die KI uns die Arbeitsplätze weg?“ mit der spannenden Frage auseinander, was die Künstliche Intelligenz mit den Menschen macht, die für ihre Arbeit Lohn beziehen, und ordnet diese Frage in das gesellschaftliche System des Kapitalismus ein. Der Einsatz der KI bedeutet höhere Gewinne. Doch werden diese auch bei den Lohnabhängigen ankommen? Oder geht es nicht auch bei diesem Thema zuallererst um Besitzverhältnisse? Wie sieht es also mit der Künstlichen Intelligenz und dem Kapitalismus aus, mit der Künstlichen Intelligenz im Kapitalismus? Der Autor beleuchtet auch Risiken und Nebenwirkungen.

Von einem Besuch in der damaligen Hauptstadt der Sowjetunion erzählt Uwe Kant in seinem erstmals 1977 erschienenen Buch „Roter Platz und ringsherum. Von einer Putjowka nach Moskau“. Und der Autor erklärt auch gleich, was das russische Wort Putjowka bedeutet und – was es für ihn ganz persönlich bedeutet hat. Wer nachrechnet, der wird feststellen, dass dieses Buch 60 Jahre nach der Großen Sozialistischen Oktoberrevolution erschienen war: 1917, 1977 …

Mit dem Leben eines der berühmtesten Komponisten macht Kurt David in „Begegnung mit der Unsterblichkeit. Ein Beethovenbuch für junge Leute“ bekannt. Und er spürt der Frage nach, wie dieser Mann unsterblich wurde.

Ein Mann wird während der Armeezeit von seiner Verlobten verlassen. Das ist der Ausgangspunkt für den erstmals 1980 veröffentlichten Roman „Bendgens Frauen oder Prüfungen ohne Testat“ von Wolfgang David. Auch dieser Name ist kein Zufall: Wolfgang David ist der Sohn von Kurt David. Und der lässt seinen Helden eine Strategie gezügelten Engagements verfolgen – zumindest was Frauen angeht.

Und damit sind wir wieder beim aktuellen Beitrag der Rubrik Fridays for Future angelangt. Jede Woche wird an dieser Stelle jeweils ein Buch vorgestellt, das im weitesten Sinne mit den Themen Klima, Umwelt und Frieden zu tun hat – also mit den ganz großen Themen der Erde und dieser Zeit. War in letzter Zeit öfter vom Schrecken des Zweiten Weltkrieges die Rede, so geht es diesmal um die Zeit kurz nach dessen Ende – um die unmittelbare Nachkriegszeit und die damit verbundenen Schwierigkeiten, in denen auch noch immer der Zweite Weltkrieg nachwirkt. Und sei es, dass Männer fehlen, von denen man nicht weiß, wo sie im Krieg geblieben sind. Aber auch in diesen schweren Zeiten gab es die Kraft der Liebe.

Erstmals 1958 erschien im Verlag Neues Leben Berlin „Michael und sein schwarzer Engel“ von Kurt David: „Und lass dir gesagt sein“ - die Mutter steht ganz nah bei Michael – „und lass dir gesagt sein: Herr Lange hat auch kein Interesse an dieser Verbindung. Seine Tochter soll einen Schlosser heiraten.“

Michael weiß nicht, was er der Mutter antworten soll. So vieles trennt sie. Sie will ihm verbieten, Hannchen zu lieben, weil Hannchen ungläubig ist, und sie will eine gute Katholikin als Schwiegertochter, so wie Hannchens Vater einen Schlosser für seine Autowerkstatt will. Michael spürt, dass er ohne Hannchen sehr einsam wäre.

Sein Vater ist auf dem Feld geblieben. Lena Blaschke hat den letzten Brief ihres Mannes vernichtet. Der Sohn ahnt es, die Mutter schweigt. Michaels Glaube ist erschüttert. Das Leben fordert mehr als fromme Sprüche und Bibelverse. Doch die Liebe zu Hannchen gibt ihm die Kraft, die schweren Nachkriegsjahre durchzustehen:

Eins, zwei, drei war er im Haus. „Hunger, Hunger!“, rief er.

„Na, mal langsam!“, meinte die Mutter.

Abendbrot. Mehlsuppe, dazu zwei Scheiben Brot, mit Hefepaste bestrichen. Sie roch nach Rauchfleisch.

„Eigentlich könnte ich mal mit ins Kino gehen!“, sagte die Mutter. „Was wird denn gespielt, hm?“

Michael hatte sich verschluckt und hustete und hustete. O Gott, dachte er. Ihm war, als bräche der ganze Mittwoch in Stücke. Der schöne Mittwoch. Schnell sagte er: „Was gespielt wird? – Na, Mordgeschichte. Affäre Blum – x Tote und immer: Krach-krach! Patsch!“ Und Michael krümmte den Zeigefinger und ahmte Schießen nach. Er beobachtete, wie die Worte auf die Mutter wirkten. Und er fügte hinzu. „Kannst ja mitgehen. Steck dir aber Hoffmannstropfen ein!“

Lena lachte. –

Es ist soweit. Er geht los, erst ganz langsam, so, als hätte er noch viel Zeit. Aber als ihn die Mutter nicht mehr sehen kann, geht er schneller, und nach den letzten Häuserreihen – er blickt sich noch mal um, ob er auch nicht beobachtet wird – beginnt er zu laufen. An der Kiesgrube vorbei, den Hohlweg hinunter und immer weiter. Er klettert durch die Effenbegersche Viehkoppel. Die Kühe stieren ihn dumm an. „Muh – Muh“, macht er.

Da ist auch schon der Spitzberg. Der Berg mit dem Kriegerdenkmal. Michael umgeht die Hagebuttensträucher und klettert am hinteren Hang hinauf. Von oben sieht man ganz Steinbach, sieht die Fachwerkhäuschen, die ängstlich zusammengedrängt dastehen. Und die Villen und Fabriken, die sich groß und frech dazwischen erheben, als wollten sie die Wache über die kleineren Häuser halten.

Er blickt auf die andere Seite, dorthin, wo die Wälder den Horizont beschließen. Von dort muss sie kommen.

Michael setzt sich. Heut werde ich sie küssen, denkt er. Ganz bestimmt, heut …

Ein leichter Wind kommt auf, streicht über den Berg, fährt in die Pappeln unten.

Sie ist da. Michael ist ihr entgegengerannt. Er versteckt ihr Rad unten am Fuß des Berges in einem Strauch. Und sie klettern wieder hinauf.

„Wir hätten uns woanders treffen sollen“, sagt Hannchen. „Vielleicht draußen am Hartbusch. Hier kommen doch manchmal Spaziergänger!“

Michael freute sich darüber. Aber zum Hartbusch war es zu weit, deshalb sagte er: „Ach, Spaziergänger. Meine Mutter geht nicht spazieren!“

„Na, mein Vater auch nicht!“, sagte Hannchen. „Aber es gibt ja noch andere Leute!“

Es schlug halb neun. Noch eineinhalb Stunden Zeit, dachte er. Und heut wird geküsst!

„Hat deine Mutter am Sonntag was gemerkt?“, fragt Hannchen.

„Nee, gar nicht! Bei dir?“

„Ach wo!“

„Du, Hannchen“, Michael dachte an Lachmann, „würdest du mich anschwindeln – weißt’, weil wir am Sonntag vom Schwindeln gesprochen haben, hm?“

„Nein!“

„Ich dich auch nicht!“, sagte er.

„Dann wär’s auch aus!“, sagte sie energisch.

„Was ,aus’!“

„Eben aus!“

Das E-Book „Nimmt die KI uns die Arbeitsplätze weg?“ von Sören Pekrul ist gerade erschienen. Seit ein von einer künstlichen Intelligenz (KI) erstelltes Bild einen Wettbewerb gewonnen hat, seit ChatGPT Aufsätze schreibt oder ganze Apps programmiert, machen sich viele Menschen Gedanken. Gedanken voller Hoffnungen und Chancen, manchmal mit Dollarzeichen in den Augen, aber auch Gedanken voller Ängste und Risiken. Was bedeutet künstliche Intelligenz für die Lohnabhängigen?

Hier ein Auszug zu den Risiken:

Übertragen auf KI lässt sich konstatieren, dass diese auf Basis der realen Daten des Internets lernt, die die vorherrschende Meinung und damit die Meinung der herrschenden Klasse widerspiegeln. Folglich entspricht auch der Output, sei es als Grafik oder als Text, dieser herrschenden Meinung: KI erscheint sexistisch (https://www.vol.at/hype-um-app-scharfe-kritik-an-sexistischen-ki-bildern/7794634, https://www.tagesschau.de/wissen/technologie/kuenstliche-intelligenz-ki-sexismus-101.html), rassistisch (https://www.dw.com/de/coded-bias-wie-wird-ki-rassistisch/av-57018426, https://www.rnd.de/wissen/wie- kuenstliche-intelligenz-rassismus-befoerdert-TZFL7KPOYRHFRBAA66OVOFS6QI.html), antikommunistisch, leugnet die Existenz von Klassen und ist durchdrungen von bürgerlicher Propaganda (https://de.wikipedia.org/wiki/Propagandamodell). Die Nutzer der KI sind dieser Propaganda unterschwellig ausgesetzt, während fortschrittliche Ideen in der Masse an Informationen kaum eine Chance haben. Der Betreiber einer KI wiederum kann technisch auch direkt in deren Antworten eingreifen und damit Zensur (https://www.sueddeutsche.de/leben/debatte-um-iphone-sprachprogramm-mein-bauch-gehoert-siri-1.1223565), Propaganda und Manipulation selbst befördern.

Zudem erfolgt der Einsatz von KI bei ChatGPT und vielen anderen KI-basierten Systemen nicht lokal, sondern über Cloud-Dienste. Dadurch gelangen sensible und zum Teil personenbezogene Daten zu den Betreibern (https://www.heise.de/newsticker/meldung/Verraeterische-Sprachassistentin-Auch-bei-Siri-hoeren-Menschen-zu-4480652.html) und werden nicht selten zu Trainingszwecken gespeichert. Einmal vorhandene Daten können aber auch von den Betreibern missbraucht oder von Cyberangreifern erbeutet werden. Daraus resultiert ein hohes Datenschutzrisiko. (https://www.heise.de/news/OpenAI-US-Verbraucherschutzbehoerde-soll-ermitteln-Italien-sperrt-ChatGPT-8328351.html)

Ein weiteres Risiko ergibt sich aus der bereits erwähnten Tatsache, dass KI nicht fehlerfrei ist. Es gibt kein klares „Ja“ oder „Nein“, sondern nur eine Wahrscheinlichkeit, die nie bei 100 Prozent liegt. Daraus folgt zwangsläufig, dass KI Fehler macht, was von den Herstellern so in Kauf genommen wird. An dieser Stelle ist entscheidend, welche Konsequenzen die Fehler letztendlich haben: Wenn man einen Strafzettel erhält, weil die KI das Kennzeichen falsch erkannt hat, ist das ärgerlich. Wenn man aber die Wohnung, den Job oder den Kredit nicht bekommt, weil die KI eine Fehleinschätzung vorgenommen hat, kann das zu einem richtig großen Problem werden. Und tödlich enden kann es, wenn die KI beim autonomen Fahren Fehler macht – und das tut sie bereits. (https://www.ingenieur.de/technik/fachbereiche/verkehr/unfaelle-mit-autonomen-autos/, https://www.dw.com/de/autonomes-fahren-teslas-unfall-und-die-gro%C3%9Fen-h%C3%BCrden-der-branche/a-57314799)

Das vielfach geteilte Horrorszenario besteht in der Vorstellung, dass künstliche Intelligenz eines Tages dem Menschen überlegen ist, ihn für überflüssig hält und bis zur Ausrottung bekämpft oder zumindest versklavt. Bereits heute kann es mitunter so wirken, als würde sich KI verselbständigen. In einem Experiment ließen Facebook-Forscher zwei KIs namens Bob und Alice miteinander kommunizieren. Anfangs sprachen die beiden KIs in einem für Menschen verständlichen Englisch, dann aber entwickelten sie die Sprache weiter. Sie verwendeten weiterhin englische Wörter, stellten diese aber in einen neuen Kontext. Dabei wurden Wörter und Satzteile mehrfach verwendet; die Experten gehen davon aus, dass die KIs durch die Wiederholungen Mengenangaben machen wollten. (https//wmfuWe.de/news98894.htm.l)

Zu hinterfragen ist außerdem, was Chatbots oder Sprachassistenten mit der menschlichen Psyche machen. Sie können beispielsweise zu emotionaler Vereinsamung führen wenn die Maschine zum Freund wird. Menschen unterhalten sich mit ihr wie mit einer Person, verbringen mehr Zeit mit ihr als mit realen Kontakten und gehen in einigen Fällen sogar eine Liebesbeziehung ein. (https://www.tagesspiegel.de/gesellschaft/wie-ich-versucht-habe-mich-in-einen-chatbot-zu-verlieben-4140919.html) Parallel dazu gibt es sogar Bestrebungen, Chatbots zur Kostensenkung im Gesundheitswesen einzusetzen. Sie sollen anstelle eines Psychotherapeuten mit psychisch kranken Menschen sprechen. Wissenschaftliche Untersuchungen zeigen aber, dass sie den Therapeuten eben gerade nicht ersetzen können. (https://www.researchgate.net/publication/347388083_Empathic_Chatbot_Emotional_Intelligence for_Mental_Health_Well-being) Ein weiteres Problem besteht darin, dass KI zur Generierung von Fälschungen missbraucht wird. Man spricht hier von Deepfake. Dabei handelt es sich um eine Technologie, die es ermöglicht, Gesichter auf Fotos und Videos digital auszutauschen, was oft als “Face Swap” bezeichnet wird. Deepfakes können eingesetzt werden, um gezielt Desinformation zu verbreiten, Personen zu diskreditieren oder sogar politische Entscheidungen zu beeinflussen.

Die dargestellten Aspekte stellen sicher nur eine Auswahl all jener Risiken dar, die mit KI einhergehen. Wie bereits erwähnt, fordern einige prominente Vertreter von Technologieunternehmen, also Personen, die sich mit der Materie auskennen, in einem offenen Brief einen sofortigen Stopp der Entwicklung von künstlicher Intelligenz mit Fähigkeiten, die über GPT-4 hinausgehen.

Das Buch „Roter Platz und ringsherum. Von einer Putjowka nach Moskau“ von Uwe Kant erschien erstmals 1977 in Der Kinderbuchverlag Berlin. Ein Besuch in Moskau in den 1970er Jahren, als die Stadt noch die Hauptstadt der Sowjetunion war. Mischa erklärt, wieso die Russen gleich drei Namen haben. Der Autor führt durch die große Stadt Moskau: Du gehst über den Roten Platz, hörst den weltberühmten Glockenschlag vom Spasski-Turm an der Kreml-Mauer, siehst die bunt leuchtenden Zwiebeltürme der Basilius-Kathedrale …

Und hier eine Leseprobe zur Metro:

Für fünf Kopeken abwärts in den Himmel

Fünf Kopeken – das ist wenig Geld. Aber ein Fünfkopekenstück braucht unbedingt, wer mit einfahren will, abwärts in den Himmel. Die Fünfkopekenmünze ist mehr ein Schlüssel oder ein Ausweis als ein Geldstück. Niemand schleppt sie gern mit sich herum, denn sie ist schwer. Jeder braucht sie, wenn er Metro fahren will. Und die Metrostation Majakowskaja, der Majakowski-Bahnhof, ist der Ort eines besonderen, unterirdischen Himmels.

Du hast kein Fünfkopekenstück? Nicht schlimm. Kleinigkeit. Gleich hinterm Eingang steht eine ganze Brigade Wechselautomaten.

Stumm, ohne viel Gerumpel und Gepumpel, verwandeln sie dein Fünfzehnkopekenstück in drei Fünfkopekenstücke. Wie? Du hast nur einen Dreirubelschein? Auch nicht schlimm. Eine Kleinigkeit. Wir gehen zu dem Schalter, der wie ein Fahrkartenschalter aussieht. Eine Frau sitzt dort hinter Bergen von Münzen. Die gibt dir, wessen du bedürftig bist. Nun komm und geh uns nicht verloren. In den zehn Sekunden, die vergangen sind, strömten außer uns hundert andere Menschen durch den Eingang. Und wieder hundert eilen zum Ausgang. Also vorwärts und nicht zurückgeblieben! Schon lädt sich dort die endlose Schlange der Rolltreppe Mensch um Mensch auf den biegsamen Rücken und trägt sie rasch in noch unsichtbare Tiefen. Schon hören wir’s rollen und rauschen. Gleich sehen wir mehr. Vorher aber kommt der große Augenblick unseres Fünfers. Sieben oder acht oder zehn kleine Tore, Pforten, stehen uns offen. Nein. Halt. Entschuldigung. Jetzt hab ich mich aber falsch ausgedrückt. Sie sehen nur offen aus. Jedoch leuchtet im rechten Pfosten hinter einem Glasfensterchen rotes Licht. Und wenn du schon die kyrillischen Buchstaben lesen kannst, so liest du das Wörtchen stopp. Das sieht so aus: „Stopp, bitte gütigst um Bezahlung“, sagt der automatische Wächter und Kassierer. Spricht zu uns mit rotem Licht. Ach, versuch nur nicht, achtlos daran vorbeizugehn. Ach, wie wird man dich fangen! Wie schießt sogleich blitzgeschwind vor dir und hinter dir ein kleines, festes Gitter aus seinem Versteck. Wie durchdringend heult eine unsichtbare Hupe auf. Wie wird die Frau, die die Aufsicht führt, dich streng kritisieren. Wie wirst du am Ende dastehen, einem begossenen Pudel gleich.

Wir versuchen so etwas natürlich nicht. Wir haben ein Fünfkopekenstück. Das schieben wir in den Geldschlitz, wie es sich gehört. Auf leuchtet ein grünes Licht im anderen Fensterchen, hindurch schreiten wir wunderbar, kein Gitter schnappt, keine Hupe heult. Das hat die große kleine Münze gemacht, die ein Ausweis ist und ein Schlüssel zugleich.

Und wir sind nun längst auf der Rolltreppe nach unten. Unterwegs –jedoch noch nicht angekommen. Denn dies ist eine Rolltreppe, kein Rolltreppchen. Auf dieser Rolltreppe kannst du dir in aller Ruhe beide Schuhe auf- und wieder zubinden oder gründlich deine Brille putzen, bis sie blitzt wie lange nicht mehr. Von oben her gesehen werden die Kugellampen immer kleiner wie die Laternen an einer langen, geraden Straße. Und als wir unten sind, fährt gerade unser Zug aus dem Bahnhof. Keine Sorge. In drei Minuten oder in zwei oder gar schon in einer Minute kommt der nächste. Wir werden einige Züge davonfahren lassen, denn wir brauchen Zeit, um den Himmel anzugucken. Richtig. Wo ist denn nun dieser Himmel? Der Himmel ist wueder dort, wo er hingehört: überunseren Köpfen. Mach ein paar Schritte und leg den Kopf weit in den Nacken. Dann siehst du ihn. Ein Künstler, ein Maler namens Alexander Alexandrowitsch Deineka, hat hier auf der Station Majakowskaja, viele Meter unter dem Majakowski-Platz, etwas gemacht, was auch die allerbesten Tunnelbauer beim allerbesten Willen nicht machen konnten. Hat uns, dieser Teufelskerl, mit Kunst und Klugheit den Tunnel durchsichtig gemacht nach oben hin. Deineka hat einfach die runden Flächen in der Tunneldecke mit Mosaiken versehen. Einfach? Nun, der Gedanke war einfach – wie viele gute Gedanken. Aber die Arbeit war sehr schwer. Ein Mosaik, das ist ein Bild aus vielen tausend verschiedenfarbigen Steinchen. Aus blauen Steinchen für einen blauen Himmel, gelben Steinchen für eine gelbe Hose und so weiter. Der Maler hat die Farben erdacht und die Zeichnung geschaffen. Dann wurde Steinchen um Steinchen das Bild zusammengesetzt. Eine sehr schwere Arbeit für Kopf und Hände. Und das Schönste daran ist: Wir merken nichts mehr von der Schwere, sehen nichts mehr davon. Alles sieht sommerleicht und sommerluftig aus. Ein Flugzeug, ein lustiger Doppeldecker, kurvt dort über uns am blauen Himmel; ein Stabhochspringer schwingt sich schier hinauf bis in den blauen Himmel; Fallschirmsportler schweben herab vom blauen Himmel, Basketballspieler recken die Arme hoch zum blauen Himmel; Wolken stehen sehr weiß vorm blauen Himmel, und unterm blauen Himmel stehen wir und können uns freuen. Das ist es, was man Kunst nennt.

Das Buch „Begegnung mit der Unsterblichkeit. Ein Beethovenbuch für junge Leute“ von Kurt David erschien erstmals 1970 in Der Kinderbuchverlag Berlin. In diesem Buch begegnet man einem Mann, der im Alter von 32 Jahren schrieb:

„Es fehlte wenig, und ich endigte selbst mein Leben …“ Man fragt sich, warum? Er war taub, unheilbar taub - und Musiker! Aber unsterblich war er an diesem Tag noch nicht. Du hörst und liest, wie er es wurde. Du wirst mit ihm über seine Verzweiflung stolpern und erleben, wie er trotz körperlicher Leiden sein gewaltiges Werk schafft. Du wirst dabei sein, wenn er liebt und unglücklich ist, wenn er hasst und zürnt, wenn er jubelt und aufbegehrt. Niemand kann ihn besiegen! Wenn man ihn verwundet, steht er wieder auf!

In diesem Buch begegnet man einem Menschen, der im achtzehnten Jahrhundert geboren wurde. Aber dass er und sein Werk unsterblich sind, erzählen dir auch Begebenheiten aus dem zwanzigsten Jahrhundert: im heutigen Wien, im Bergdorf Poronin, in den Schützengräben einer Dnepr-Insel, in der mongolischen Steppe und anderswo. Seinen Namen kennt die ganze Welt: Ludwig van Beethoven.

Lernen Sie in diesem Auszug den Menschen Beethoven näher kennen:

Bis tief in den Sommer hinein reichte seine Kraft. Dann kam der Tag, an dem sie erlahmte und wie ein Faden zerriss. Gereizt lief er umher. Es sah aus, als suche er einen Schuldigen, und er fand ihn natürlich. Leider war es der großzügige Baron Müller-Pronay, der ahnungslos über die Wege seines Parkes schritt und sich tief verbeugte, als er den Meister kommen sah. Beethoven machte sofort kehrt und rannte wütend zurück in die Villa.

Der Baron hingegen, der sich das sonderliche Verhalten seines Mieters nicht erklären konnte, stand eine ganze Weile wie zu Stein erstarrt auf dem Sandweg und schaute zu der Tür, hinter der Beethoven verschwunden war. Obgleich er den Meister nach wie vor glühend verehrte und stolz darauf war, ihn unter seinem Dach zu wissen, schüttelte er jetzt entsetzt den Kopf. Er hatte noch immer den Hut in der Hand und murmelte: „Das war eine Brüskierung, wie ich sie noch nicht erlebt habe.“ Langsam schritt er auf seine Villa zu, den Stock ärgerlich in den Sand spießend und auf die Tür blickend. „Das wird mir Beethoven erklären müssen, das ja“, flüsterte er und war sehr gekränkt. Doch der Weg bis zum Haus zählte etwa hundertfünfzig Schritt. Das waren zu viel für seinen Ärger, aber genug, um dem Meister zu verzeihen. Vielleicht ist ihm gerade ein guter Einfall gekommen, den er nun in seinem Zimmer schnell zu Papier bringen muss, überlegte der Baron.

Beethoven jedoch war gar kein guter Einfall gekommen, als der Baron seinen Hut gelüftet und sich tief verbeugt hatte. Er rannte nämlich in der Küche vor der verdatterten Frau Schnaps zornig auf und ab und schrie: „Ich kann das nicht mehr sehen! Ich werde wahnsinnig dabei. Ich träume davon. Ich … “ Er brach plötzlich ab und fuhr sich mit den Fingern wild durch das ungekämmte Haar.

„Was?“, schrieb Frau Schnaps auf die kleine Tafel.

„Den Baron und …“, wieder unterbrach er sich, weil die Frau ein so erstauntes Gesicht machte.

„Hat er sich beklagt über Sie?“, kritzelte die Frau auf die Schieferplatte.

„Beklagt?“ Beethoven lachte dröhnend. „Beklagt! Der beklagt sich nicht. Ich kann auf den Tisch schlagen und mit den Füßen auf den Dielen umhertrampsen, und Klavier spielen darf ich, dass die Saiten wegplatzen. Beklagt! Der beklagt sich doch nicht. Es ist etwas anderes, was mich rasend macht: seine andauernden Verbeugungen vor mir. Ja, das ist es.“

Frau Schnaps, vor der sich niemand verbeugte, sah ihn verwundert an und schob die fleischige Unterlippe hervor, als wollte sie sagen, dass man dagegen wohl nichts machen könne. Sie nahm aber doch wieder die Tafel und schrieb: „Ist denn das so schlimm?“

Die Ungeheuerlichkeit dieser Frage begriff er im Augenblick nicht.

Deshalb sagte er: „Was?“

Frau Schnaps verbeugte sich tief, wodurch sie sich die Schreiberei auf der Tafel ersparte. Ihre blaue Schürze wetzte dabei über den Fußboden. So gründlich hatte sie es getan.

„Ob das schlimm ist?“ Beethoven blieb vor ihr stehen. „Schlimm! Treffe ich den Baron im Hausgang, verbeugt er sich, begegne ich ihm auf der Treppe, verbeugt er sich auch, komme ich nach Hause und er steht vor seiner Villa, verbeugt er sich tief und zieht sogar noch seinen gelben Sommerhut mit hinab, als wollte er die Freitreppe kehren und – noch nicht genug, Frau Schnaps – lehnt er aus einem der Fenster und ich schaue zu ihm, richtet er sich sofort gerade, um im nächsten Moment aufs Fensterbrett hinabzutauchen. Und dann im Park, Frau Schnaps. Kein Stück Weg, wo er sich noch nicht verbeugt hätte, keine Bank, von der er nicht aufgesprungen ist, um sich zu verbeugen. Und das drei Monate lang, was neunzig Tage sind, und somit tausend Verbeugungen, wenn ich’s knapp rechne.“ Er seufzte, und auch Frau Schnaps schien nun fast überwältigt von der Qual und Tyrannei dieser Komplimente des guten Barons.

Am anderen Morgen schickte Beethoven die Haushälterin zu seinem Sekretär Schindler und ließ ihm ausrichten, er könne hier nicht mehr wohnen und wolle nach Baden ziehen. Schindler solle tags darauf früh fünf Uhr erscheinen und ihm helfen, eine neue Wohnung zu suchen. Und einen Zettel gab er der Frau Schnaps noch mit.

Erstmals 1980 veröffentlichte der Mitteldeutsche Verlag Halle Leipzig den Roman „Bendgens Frauen oder Prüfungen ohne Testat“ von Wolfgang David.

„Wenn man wissen will, wieviel Prozent welcher Altersgruppe es in welcher Lage wie oft pro Woche treiben - bis auf die Stelle nach dem Komma teilen sie das einem mit. Doch was man tun muss, damit einem die Freundin nicht plötzlich davonläuft, darüber finden sie nichts als Gemeinplätze ...“ - so räsoniert der junge Bernd Bendgen, der während seiner Armeezeit von seiner Verlobten verlassen und damit lange nicht fertig geworden ist. Sein vermeintlich naiver Unmut ist jedoch nicht mehr ganz aufrichtig. Inzwischen Student, hat er sich nämlich eine „Strategie gezügelten Engagements“ zugelegt, um gegen weitere Enttäuschungen gewappnet zu sein. Aber nur scheinbar werden seine Erfolge im Studium durch solche bei Frauen ergänzt. Von Misstrauen und wachsender Gefühlskälte beherrscht, misslingt ihm jede seiner Bekanntschaften zum „Verhältnis“, das er löst, sobald es an die von ihm selbst gezogenen engen Grenzen stößt. Es vergeht Zeit, bis er lernt, bewusst mit jenen Risiken und Verantwortungen zu leben, ohne die es keine Freundschaft, keine Liebe gibt:

„Aufstehen zum Frühsport!“, ruft eine muntere Frauenstimme. – Er reibt sich die Augen. „Mit solchen Sprüchen darfst du mir nicht kommen“, murrt er. „Außerdem heißt das raustreten.“

„Mir doch egal, wie das heißt. Hauptsache, du machst es.“

„Gleich. Nur noch zwei Minuten. Ich brauche einen kleinen Übergang.“

Ein wollner Kaffeewärmer klatscht auf die Bettdecke. „Hier, das war nur symbolisch gemeint! Als Nächstes kommt ein nasser Lappen geflogen … Ich will gar nicht glauben, dass so eine Schlafmütze mal Feldwebel gewesen sein soll.“ – „Unter doch nur. Deshalb darf ich auch noch ein bisschen liegenbleiben.“

Doch nun dreht sie den Plattenspieler auf volle Lautstärke, so dass selbst das Pochen und Scharren in der Dachrinne nicht mehr zu hören ist. Als habe dieses Signal einen unbändigen Tatendrang in ihm geweckt, springt er daraufhin mit einem Satz aus dem Bett.

Auf dem Tisch haben sich inzwischen beeindruckende Veränderungen vollzogen. Dort befinden sich Tassen und Untertassen aus dünnem Porzellan, Teegläser und irdene Milchtöpfe, Kannen und Kännchen, Löffel aus Plaste und solche aus Metall, Teller, Eierbecher, Servietten und bunt bemalte Brettchen. Zitronenscheiben gleißen, bernsteinfarbener Honig strahlt, dunkelrote Konfitüre leuchtet, allein der Wurstaufschnitt liegt bloß so da. Mit einem Knall schleudert der automatische Toaster eine gebräunte Scheibe Weißbrot heraus, die in eine hölzerne Schale zu frischen Brötchen fällt … Als der junge Mann zurückkommt, ist das Bettzeug weggeräumt. Kaffeeduft durchzieht den Raum, es ist warm, ab und zu knackt es in den Heizungskörpern. –

So wurde Bendgen für all den Kummer, den er in den letzten Tagen erlitten hatte, an diesem Morgen reichlich entschädigt. Bedient, ernährt und gehätschelt wie der Erstgeborene eines Königspaares, das nach Jahren der Kinderlosigkeit nun endlich die Erbfolge gesichert sieht, war er anfangs geneigt, die von ihm in der vergangenen Nacht vollbrachten Leistungen zu überschätzen. Lässig nahm er am Tisch Platz und ließ seinen Blick über die Aufbauten schweifen. Sigrun, die gerade ein Brötchen aufschnitt, fragte leise: „Gefällt dir irgendwas nicht?“

„Im Gegenteil. Ich bin enthusiasmiert. Was soll ich denn nun trinken: Tee, Kaffee oder Milch?“

„Was du möchtest. Du kannst auch alles zusammenkippen.“

„Gott bewahre! – Machst du eigentlich immer soviel Aufwand?“

Sie blickte zum Fenster hinaus und entgegnete kühl: „Ja und nein. Wahlessen gibt es bei mir nur nach der ersten Nacht. Das hat Tradition. Von da ab wird es immer magerer, und wenn gar nichts mehr auf dem Tisch steht, weißt du, dass Schluss ist. Deshalb halte dich ran, das kommt nämlich nicht wieder.“

Bendgen lachte kurz, aber als er zu ihr hinsah, besann er sich und ließ dann von seinem Gehabe ab. –

„Dreiviertel neun“, sagte er später. „Jetzt sind sie gerade fertig.“

„Wen meinst du?“

„Meine Leute. Mit ihrer Vorlesung.“

Sigrun blickte überrascht auf. „Vorlesung? Die hast du also geschwänzt? Das wusste ich ja gar nicht. Demnach hast du gestern Abend nicht ganz die Wahrheit gesagt. Na schön, es war ja für einen guten Zweck gewesen. – Kommt das bei dir öfter vor?“

„Dass ich schwindele?“

„Nein, das zunächst mal nicht. Um das rauszukriegen, würde ich dich nicht direkt fragen. Ich meine, dass du schwänzt.“

Bendgen grinste. „Noch nie.“ Sowie er aufgestanden war, hatte ihn ein leises, aber hartnäckiges Unbehagen befallen; erst jetzt, nachdem nichts mehr zu ändern war, ließ es nach, war jedoch noch nicht völlig verschwunden.

Sigrun schaute ihn mit grüblerischer Miene an. „Noch nie? Wirklich wahr?“

„Hm. Das glaubt mir zwar niemand, aber es ist so.“

„Doch, ich glaube es. Genauso hatte ich dich eingeschätzt. Wirst du jetzt Scherereien kriegen?“

Er schüttelte den Kopf. „Im Gegenteil … Na ja, im Gegenteil ist auch wieder Unsinn. Ich wollte sagen: Ein paar von meinen Kommilitonen werden mich sogar sympathischer finden. Aber dazu müssten sie erst wissen, dass ich wirklich blau gemacht habe, und das werden sie nicht erfahren. Ich werde ihnen irgendwas erzählen: dass mir früh schlecht gewesen ist oder so ähnlich.“

„Und das schlucken sie, ohne mit der Wimper zu zucken, ja? Weil du sonst so ein Musterknabe bist.“

Kehren wir noch einmal an den Anfang der heutigen Post aus Pinnow zurück, wo von der Künstlichen Intelligenz die Rede war und von der Frage, ob die KI Fluch oder Segen sei.

Vielleicht stellen wir an dieser Stelle ganz einfach mal die Frage, woran Sie erkennen können, ob beim Verfassen dieses Newsletters Künstliche Intelligenz mitgewirkt hat? Klingt doch eigentlich alles, wie immer, oder nicht? Bleibt höchstens die Frage, ob die KI so über sich selbst schreiben würde, wie es in diesem Newsletter steht. Oder ist das vielleicht ein ganz besonders intelligenter Trick der Künstlichen Intelligenz?

Viel Vergnügen beim Nachdenken und Lesen, weiter einen schönen Sommer, bleiben auch Sie weiter vor allem schön gesund und munter und bis demnächst. Dann geht es unter anderem um „Sonntag unter Leuten“. So lautet der Titel eines Bandes mit Erzählungen von Joachim Nowotny - eines von fünf neuen Sonderangeboten zu ermäßigten Preisen.

DDR-Autoren: Newsletter 30.06.2023 - Künstliche Intelligenz und Kapitalismus, ein Besuch in Moskau und ein