DDR-Autoren
DDR, CSSR, Sowjetunion, Polen ... E-Books, Bücher, Hörbücher, Filme
Sie sind hier: DDR-Autoren: Newsletter 25.08.2023 - Einer von der Hilfsschule, Christoph und eine Vier in Mathe sowie

Einer von der Hilfsschule, Christoph und eine Vier in Mathe sowie Mäusefangen in der Dunkelheit - Fünf E-Books von Freitag bis Freitag zum Sonderpreis

(Pinnow 25.08. 2023) – Wie gehen wir mit Außenseitern um? Wie oft passiert es, dass man vermeintlich schwächere Menschen mit einer oft unbedachten Äußerung kränkt? Und was machen diese Kränkungen mit den Menschen, die sie betreffen? Wie reagieren sie darauf? Solche Fragen wirft das dritte der insgesamt fünf aktuellen digitalen Sonderangebote dieses Newsletters auf, die wie immer eine Woche lang zum Sonderpreis im E-Book-Shop www.edition-digital.de (Freitag, 25.08. 23 – Freitag, 01.09. 23) zu haben sind.

Im Mittelpunkt der Erzählung „Flammenvogel“ von Martin Meißner steht der Hilfsschüler Henrik, der wegen seiner Geschicklichkeit und Hilfsbereitschaft überall geschätzt wird. Über seine Zugehörigkeit zur Hilfsschule hat er nie ernsthaft nachgedacht, bis er Anne kennenlernt.

Henrik beginnt bewusster auf seine Umwelt zu reagieren. Die herablassenden Bemerkungen mancher Erwachsener kränken ihn tief. Anne soll nicht wissen, dass er in die Hilfsschule geht. Als sie ihn eines Tages nichts ahnend mit einer Bemerkung verletzt, zieht er sich zurück.

Er sucht die Einsamkeit in der Natur, beobachtet den Rotmilan, den Flammenvogel, der am Himmel seine Kreise zieht. Doch auch dieser lebt nicht für sich allein.

Zwei Bücher in einem stecken in „Der fingerkleine Kobold“ von Elke Nagel (Willkomm). Zum einen eben „Der fingerkleine Kobold“. Dazu gesellt sich die Erzählung „Wo sich Fuchs und Hase gute Nacht sagen“ - zwei kleine Geschichten für das Erstlesealter oder zum Vorlesen.

Wieder einmal ist „Die Zeitreisende“ von Hardy Manthey unterwegs. Im 3. Teil „Das Gold der Wüste – endlich am Ziel?“ treffen wir die schwedische Ärztin Maria Lindström aus dem 22. Jahrhundert, die in der Antike als elende Sklavin Aphrodite ihr kümmerliches Leben fristen musste, in der Welt um 150 vor unserer Zeitrechnung wieder. Sie ist jetzt keine Sklavin mehr, sondern reist als reiche und mächtige Frau zurück auf die Insel Sizilien. Die gesamte Zeitreisenden-Reihe von Hardy Manthey umfasst 17 Teile und endet mit „Auf der Suche nach dem Paradies“.

Das zaghafte Eulchen in „Vom Eulchen und der Dunkelheit“ von Waldtraut Lewin hat verschiedene Probleme. Eines davon ist: Eulchen findet es gruslig im Dunkeln. Wie soll es da lernen, Mäuse zu fangen?

Und damit sind wir wieder beim aktuellen Beitrag der Rubrik Fridays for Future angelangt. Jede Woche wird an dieser Stelle jeweils ein Buch vorgestellt, das im weitesten Sinne mit den Themen Klima, Umwelt und Frieden zu tun hat – also mit den ganz großen Themen der Erde und dieser Zeit. Was würde wohl herauskommen, wenn man die Jahre zusammenzählt, in denen es in der Menschheitsgeschichte friedlich zuging und keine Kriege stattfanden? Zugleich lehrt ein Blick in die Geschichte, dass Kriege niemals einfach so entstehen, sondern oft eine längere Vorgeschichte haben. In ihnen entladen sich politische und religiöse sowie soziale und nationale Spannungen. Man muss also genauer hinschauen, um zu verstehen, weshalb Kriege vom Zaun gebrochen werden und wenn man versuchen will, militärische Auseinandersetzungen zum Beispiel durch Gespräche, Verhandlungen und Kompromisse zu verhindern – bevor sie beginnen. Aber wollen das alle beteiligten Seiten? Und wie weit darf der Einsatz für Recht und Gerechtigkeit gehen?

Erstmals 1973 veröffentlichte Elke Nagel (Willkomm) als Band 114 in der Reihe „Spannend erzählt des Verlages Neues Leben Berlin „Mit Feuer und Schwert. Erzählung aus der Zeit der Hussitenbewegung“: Böhmen, spätes Mittelalter: Jan fiebert dem Tag entgegen, an dem er endlich die Klosterschule verlassen und seinen Vater suchen kann, der als einer der führenden hussitischen Kämpfer in einem Burgverlies gefangen gehalten wird. Jan will ihn befreien. Zusammen mit seinem Freund Henning flieht er aus dem Kloster und schließt sich dem Heer der Hussiten an, das von Monat zu Monat erstarkt, bis es die Burg zu erstürmen vermag. Jan ist dabei; als einer der Ersten sucht er nach dem versteckten Verlies. Kann er den Vater noch retten?

Lesen Sie doch ein Stück aus dem spannenden Buch:

Hellwach, träumte Henning von dichtem kastanienbraunem Haar, das in der Sonne rötlich schimmerte, von braunen, abwesend blickenden Augen. Ich bin ihr gar nicht so gleichgültig, wie es aussieht, dachte er. Jan hat mir’s doch gesagt. Und ich hab’s selbst schon gemerkt, dass sie mich manchmal ansieht, als wolle sie auftauchen aus ihrem Dämmern. Sie kommt nicht drüber weg, sagt Jan. Ob sie wirklich von einem Geist besessen ist? Oder ob sie einen Racheplan ausdenkt? Er hielt das letzte durchaus für wahrscheinlich, obwohl er wusste, dass die Erwachsenen an einen bösen Geist glaubten, von dem Libusa besessen sei.

Plötzlich schreckte Henning auf aus seinem Wachtraum. Da! Die Tür des Kriz-Hauses hatte sich geöffnet, schwacher Lichtschein fiel heraus, jemand trat auf die Straße. Finsternis dann. Undurchdringliche. Der dort herausgekommen war, ging ohne Laterne, ging allein. Beides, so dachte Henning, beides ist verdächtig. Denn normalerweise wird dem Besucher eines reichen Hauses heimgeleuchtet, von einem Diener.

Man müsste wissen, wer das dort ist, dachte Henning. Schwere Schritte; vergeblich bemüht sich da ein Beleibter, leise aufzutreten. Die Schritte kommen näher ...

Henning hielt den Atem an und starrte in die Dunkelheit. Aber erst als er die Schritte sich nähern hörte, sah er die Umrisse eines Menschen, der tatsächlich recht beleibt war und der ihm bekannt vorkam, schrecklich bekannt! Obwohl Henning genau wusste, dass man ihn auf keinen Fall sehen konnte, wenn er sich ruhig verhielt, machte er eine ausweichende Bewegung, versuchte, sich noch dichter an die Mauerwand zu pressen. Da er aber hockte und der Boden vom Vormittagsregen noch glitschig war, rutschte er mit den Füßen weg, saß mit dem Hintern auf der Erde. Sein Kopf schlug leicht gegen die Steine. Das hatte kurz hintereinander zwei Geräusche gegeben, und augenblicklich blieb der späte Besucher des Kaufmanns Kriz stehen, machte eine Wendung zur Kapelle, riss dabei sein Schwert aus der Scheide. „Komm vor, wer von mir etwas will!“, fauchte er halblaut.

Henning war vor Schreck wie gelähmt. Den dort kannte er. Wenn er dem nicht augenblicklich seine Ungefährlichkeit, seine Harmlosigkeit bewies, würde der ihn ohne Weiteres ins Jenseits befördern.

Denn der dort war weniger mutig, als es den Anschein hatte. Es war der deutsche Patrizier Gotthold Petersohn, Hennings Vater.

Die Gedanken des Jungen jagten wild durcheinander. Der Verrat liegt offen vor mir, dachte er; denn zu nächtlicher Stunde hat ein deutscher Patrizier mit einem tschechischen Kaufmann verhandelt, der ein hussitisches Ratsmitglied ist. Der Vater muss mich erkennen und für ganz harmlos halten. Allerdings heißt das eingefangen sein. Aber es geht nicht anders, und ich werde schon wieder entwischen können. Und wenn ich die Ohren weit aufsperre - vielleicht krieg ich wichtige Dinge zu erfahren. Er sah sich in Gedanken schon stolz vor Zizka, Ambroz und Mikulas stehen, die verräterischen Pläne der Prager Bürgerschaft enthüllend. Währenddessen hatte er begonnen, den schnell gefassten Entschluss in die Tat umzusetzen: Er schluchzte herzzerreißend, kindlich.

Angesichts des weinenden Kindes hatte Gotthold Petersohn sein Schwert zwar eingesteckt, war aber doch misstrauisch näher getreten, weil ihm die kauernde Gestalt zu groß zu sein schien für ein Kind. Er erkannte seinen Sohn nicht sofort. Erst als Henning, in seinem Schauspiel fortfahrend, den Kopf hob, die ängstlich-verstockte, furchtsam-aufsässige Miene zeigte, ohne die sein Vater ihn selten gesehen hatte, blieb dem vor Erstaunen der Mund offen stehen. Denn seinen Sohn Henning, den missratenen, von dem seit zwei Jahren jede Spur fehlte, hatte er längst aufgegeben - verschollen, vergessen, verdorben, gestorben? Gestorben also nicht. Willig ließ der Junge sich mitnehmen, erzählte von einer gefährlichen Flucht aus dem Heerlager der Ketzer. Wie war er dort eigentlich hingeraten? Wo hatte er die beiden letzten Jahre gesteckt? Natürlich musste man das klären.

Die Erzählung „Flammenvogel“ von Martin Meißner erschien erstmals 1984 in Der Kinderbuchverlag Berlin. Lesen Sie, wie Henrik Anne kennenlernte:

Als ein neues Lied begann, spürte Henrik jemand neben sich. Im Halbdunkel erkannte er ein Mädchen.

„Darf ich mal sehen?“, bat sie.

Innen hörte Henrik das Lied „Und die Gräser verneigen sich“, von dem Jan Jakwe gesprochen hatte. Der Junge kniete sich auf den Erdboden und hob die Zeltbahn ein Stück in die Höhe.

Es war, wie der Maurer es beschrieben hatte: Die Mädchen rührten sich kaum vom Fleck. Sie traten nur bedächtig von einem Bein auf das andere und bewegten ihre Oberkörper hin und her. Die meisten sangen mit.

Henrik erkannte, dass Martin der Sänger war. Hier sah er ganz anders aus als damals auf der Baustelle. Seine pechschwarzen Haare fielen ihm in die Stirn. Sein Blick ging über die Köpfe der Tanzenden hinweg. Zu seinen Füßen saßen einige Mädchen im Schneidersitz. Sie hatten ihre Knie umfasst und schaukelten vor und zurück oder von links nach rechts.

„Ich höre das Lied gern“, sagte das Mädchen neben Henrik. „Besonders von diesem Sänger.“

„Ich kenne ihn“, sagte Henrik Er stand auf und fasste an sein Knie, das sich feucht und klebrig anfühlte.

„Du kennst ihn?“, fragte das Mädchen.

Da fasste sie sich mit der Hand vor den Mund. „Bist du nicht?“

Auch Henrik erinnerte sich. Neben ihm stand das Mädchen, dem die Fahrradkette heruntergesprungen war.

„Ganz schön was los hier“, sagte Henrik.

„Ja. Schade, dass ich nicht her darf.“

„Du bist doch hier.“

„Nein, ich bin im Bett.“

Sie hob den Bund ihrer Trainingsjacke in die Höhe, und Henrik sah einen geblümten Schlafanzug.

„Dann gute Nacht“, sagte er.

Das Mädchen drehte sich um. „Schlaf schön“, sagte sie. „Ich heiße Anne. In der Klasse werde ich Anna genannt. Anne ist mir lieber. Aber du kannst mich auch Anna nennen.“

„Ich heiße Henrik“, sagte der Junge. „Ich werde immer Henrik genannt.“

Das Mädchen lief über eine angrenzende Wiese in die Dunkelheit davon. Die Lichterketten warfen farbige Flecken auf das Gras. Wenn Anne sie überquerte, sah Henrik sie wieder: mal rot, mal gelb oder blau, je nachdem, welches Licht sie traf.

Der Junge beobachtete noch eine Zeit lang die Lichtflecken auf der Wiese. Er wünschte sich, Anne käme noch einmal zurück und die farbigen Strahlen fingen sie für ihn ein.

"Der fingerkleine Kobold" erschien erstmals 1978 als Band 130 in der Reihe "Die kleinen Trompeterbücher" des Kinderbuchverlages Berlin. Die Erzählung „Wo sich Fuchs und Hase gute Nacht sagen“ wurde dem Buch „Der blaue Schmetterling. Gute-Nacht-Geschichten“, DER KINDERBUCHVERLAG BERLIN 1979, S. 37 – 40 entnommen.in

„Der fingerkleine Kobold“ von Elke Nagel erschien erstmals 1978 als Band 130 in der Reihe "Die kleinen Trompeterbücher" des Kinderbuchverlages Berlin. Die Erzählung „Wo sich Fuchs und Hase gute Nacht sagen“ wurde dem Buch „Der blaue Schmetterling. Gute-Nacht-Geschichten“, DER KINDERBUCHVERLAG BERLIN 1979, S. 37 – 40 entnommen.

Zwei kleine Geschichten für das Erstlesealter oder zum Vorlesen:  „Wo sich Fuchs und Hase Gute Nacht sagen“  — eine Gute-Nacht-Geschichte, und „Der fingerkleine Kobold“ — eine Geschichte über einen kleinen Jungen, der sich einen Kobold erschafft, den nur er selbst sehen kann, von dem er niemanden erzählen darf und mit dessen Hilfe er versucht, alle seine Probleme zu bewältigen.

Lesen Sie, wie der Kobold Christoph in der Schule hilft: Es meldete sich niemand mehr.

„Dann wollen wir uns noch ein wenig darüber unterhalten“, sagte Frau Becker. „Warum ... Nanu, Christoph, ich habe meine Frage doch noch gar nicht ausgesprochen?“

Christoph hatte sich gemeldet. „Mir hat die Geschichte aber gar nicht gefallen“, sagte er. „Ich habe fast nichts verstanden. Ich fand sie schrecklich langweilig."

Ein paar Sekunden herrschte völlige Stille im Klassenraum. Alle Kinder sahen erstaunt den Christoph Rose an.

Frau Becker sah erstaunt den Christoph Rose an.

Und der Kobold Strups sah den Christoph Rose an, aber nicht erstaunt, sondern zufrieden.

„Wieso denn langweilig, Christoph", fragte schließlich Frau Becker, „Dieter hat uns doch eben erklärt, dass man aus der Geschichte viel lernen kann, und wir werden uns jetzt noch genau über alles unterhalten dann wirst du es auch verstehen.“

„Aber das meiste muss man doch gleich selber verstehen", sagte Christoph, „sonst ist es langweilig. Und in der Geschichte passiert gar nichts. Und es kommen immer solche komischen Wörter vor. Und sicher findet Dieter die Geschichte eigentlich auch langweilig. Und Simone auch."

„Na?", fragte Frau Becker die beiden.

„Ja", sagte Simone, „eigentlich ja."

„Hm", :sagte Dieter, „das ist schon nicht ganz falsch, was der Christoph gesagt hat; Obwohl — es passiert schon was — das mit dem Ofenmauern, nicht? Und einen Preis kriegt er auch, dieser Mann, aber sonst, na ja."

„Ach was", rief Christoph, obwohl er sich nicht gemeldet hatte und nicht aufgerufen war. „Man kann sich nichts vorstellen, man sieht bloß lauter lange, komische Sätze. Das ist doch gar keine richtige Geschichte!"

„Christoph", sagte Frau Becker streng, „wir rufen nicht in die Klasse. Und jetzt Schluss mit dem Gerede, wir lesen das Lesestück noch einmal, übrigens, Simone und Dieter, warum habt ihr eigentlich zuerst gesagt, es habe euch gefallen, und nun meint ihr das Gegenteil? Simone!"

„Die Geschichte fand ich ja gleich langweilig", sagte Simone verlegen, „aber ich dachte, so was darf man doch nicht sagen. Und traurig machen wollt ich Sie ja auch nicht. Und ich hätte das auch nicht so richtig sagen können, so wie der Christoph, warum ich’s nicht gerade fetzig fand, wissen Sie.“

„Hm", machte Frau Becker nachdenklich. „Und du, Dieter?"

„Na ja", sagte Dieter, „ich dachte, lehrreich und so, das stimmt ja immer, und das wollen Sie doch auch immer hören.“

„Die Zeitreisende. 3. Teil „Das Gold der Wüste – endlich am Ziel?“ von Hardy Manthey erschien 2015 bei EDITION digital. Im 3. Teil scheint die schwedische Ärztin Maria Lindström aus dem 22. Jahrhundert, die in der Antike als elende Sklavin Aphrodite ihr kümmerliches Leben fristen musste, endlich in der Welt um 150 vor unserer Zeitrechnung angekommen zu sein. Sie ist keine Sklavin mehr, sondern reist als reiche und mächtige Frau zurück auf die Insel Sizilien.Sie wird Herrin über Leben und Tod! Doch der Tempel und damit die Botschaft an die Menschen der Zukunft bleiben immer noch eine Illusion. Nur das Gold, das in der Landefähre lagert, kann das ändern. Doch die Landefähre steht in der fernen Salzwüste, die heute zu Tunesien gehört.

Wird sie Männer finden, die mit ihr zusammen die Gefahren nicht scheuen und das Gold bergen? Wird ihr Ehemann ihr diese Reise erlauben? Kein Römer hat zu dieser Zeit je diese Wüste mit eigenen Augen gesehen. Wird die magische Kraft des Goldes ausreichen, die Männer zu überzeugen?

Hier eine kleine Leseprobe:

Eklasteos wiegelt ab: „So, wie der Mann von Aphrodite zugerichtet wurde, dürfte er die kommende Nacht nicht überleben. Bald redet er nur im Fieber. Was er dann sagt, ist unwichtig. Wir beide bestätigen, dass Aphrodite nie im Palmenhain war! Viel schlimmer ist, dass wir jetzt ohne Führer sind! Alles war umsonst! Wer wird uns jetzt führen?“

Aphrodite behauptet kühn: „Wir hätten das Schwein ohnehin nicht mehr gebraucht!“

„Wie meinst du das?“, fragt Ihr Mann erstaunt.

Eklasteos ist auch überrascht. „Das musst du uns jetzt aber genauer erklären, Aphrodite!“

Aphrodite dreht sich in Richtung Süden, zeigt mit ihrer freien Hand dorthin und erklärt: „Nach einem schnellen Frühstück reisen nur noch wir vier weiter. Zwei Lastenkamele nehmen wir zusätzlich mit. Proviant und Wasser für sechs bis acht Tage dürfte uns auf jeden Fall reichen!“

Eklasteos fragt ungläubig: „Du willst den Weg jetzt selbst kennen?“

„Ja!“, erwidert Aphrodite kurz, aber ist innerlich jetzt doch zerrissen. Zweifel kommen in ihr auf. Aber ihre Intuition sagt ihr, dass alles gut wird.

Eklasteos zweifelt sichtlich an ihren Worten, erklärt aber: „Gut, dann ist es besser, wenn wir sofort aufbrechen. Ich zahle die überflüssigen Männer aus. Wo steckt Machon?“

Machon kommt gerade aus dem Haus, wo man den Karawanenführer untergebracht hat und begrüßt sie alle aufgeregt: „Avete Männer! Ist das nicht entsetzlich, wie sie diesen Mann zugerichtet haben? So etwas habe ich noch nie gesehen. Was müssen das für Bestien sein, die so etwas mit einem Mann machen! Ist denen nichts mehr heilig?“

Aphrodite schaut verlegen nach unten und Eklasteos erklärt genervt: „Das ist hier nun mal so, mein Freund. Raue Sitten. Darum brechen wir vier auch ohne die anderen Männer sofort in die Wüste auf!“

„Was, jetzt gleich?“, fragt Machon überrascht.

Wie im Chor antworten Eklasteos und ihr Mann: „Ja, jetzt gleich und sofort. Jeder Atemzug zählt!“

Machon hofft auf Rettung durch Aphrodite, doch auch sie nickt zustimmend und er fragt ganz entsetzt: „Seid ihr jetzt komplett durchgeknallt? Ohne Führer und Träger, nur wir vier gehen weiter in die Wüste? Weiter in diese unendliche Wüste ohne Widerkehr?“

Eklasteos wütend: „Wir haben keine Zeit für lange Erklärungen, um dich umzustimmen. Wir packen sofort, tränken noch die Kamele und füllen auch unsere Wasserschläuche auf. Danach brechen wir sofort auf!“

Machon schüttelt nur noch mit dem Kopf, fügt sich aber.

Gemeinsam gehen sie zurück.

Es muss jetzt alles rasch gehen. Zum Glück ist Mira sofort wieder eingeschlafen. So geht es schneller, die Sachen zu packen.

In der Tür steht ihr Mann und fragt: „Es soll wirklich ohne die anderen weiter gehen, das ist doch Selbstmord!“

„Die anderen Männer sind nur eine Last und eine zusätzliche Gefahr für uns alle! Glaub mir das bitte! Geh lieber und zahle die Leute aus und hilf mir dann beim Packen!“, bittet Aphrodite ihn.

Am Brunnen beginnt Machon wieder zu diskutieren: „Ich habe überrascht hören müssen, dass du, Aphrodite, der treibende Keil bist. Wir Männer müssen komplett verrückt sein. Wir folgen tatsächlich einem Weib in die Wüste. Eines kann ich dir versichern, Aphrodite, bevor ich dort in der Wüste verrecke, werde ich dich eigenhändig töten. Dein Blut und dein Fleisch werde ich mit Genuss essen. Deine Milch werde ich trinken. Ich werde dich qualvoll sterben lassen. Du wirst den Tag verfluchen, an dem du geboren wurdest!“

Eklasteos will ihn beruhigen: „Ist schon gut, Machon. Das Weib weiß selbst, dass wir aus ihr Hackfleisch machen, wenn sie versagt!“

„Ich glaube an ihre göttliche Bestimmung. Die Götter werden sie auch diesmal an ihr Ziel leiten. Sie hat schon so viele Wunder vollbracht. Warum nicht auch dieses Mal!“, beschwichtigt ihr Mann seine Kameraden.

Aphrodite macht sich auch selbst Mut, als sie den Männern vollmundig verspricht: „Die Götter haben mich bis hierher geführt. Sie werden mich auch weiter auf meinem Weg begleiten und erfolgreich zum Ziel führen!“

„Die Götter mögen mit uns sein!“, antworten die Männer im Chor.

Das ist auch das Signal, die kleine Gruppe setzt sich jetzt in Bewegung. Das erste Mal werden die Männer und ihre kleine Karawane von Aphrodite angeführt.

Als Aphrodite dann schnurgerade in Richtung Süden tief in die Salzwüste reitet, murren die Männer erneut.

Machon behauptet ängstlich: „Dort ist nichts. Dort gibt es keine Oasen und dort finden wir auch keine Brunnen mehr. Dort ist nur noch der Tod!“

„Das mag alles stimmen, dass dort nur noch Wüste ist, darum sind wir ja auch auf dem richtigen Weg!“, behauptet Aphrodite kühn.

Immer den Blick nach hinten und auf magere Fixpunkte im Süden gerichtet, reitet Aphrodite unbeirrt weiter. Nur eine Frage lässt ihr keine Ruhe, wie weit muss sie in die Wüste gehen? Damals hatte sie ganz andere Entfernungsrelationen. Hoffentlich verschätze sie sich nicht zu sehr. Ohne Sucher ist die Markierung hinter ihr jetzt schon verschwunden. Neue Orientierungshilfen sind nicht mehr auszumachen. Um keinen Preis darf sie irgendwelchen Hindernissen ausweichen. Denn dann wird es für sie extrem schwierig. Als ob sie das Problem herbeigerufen hätte, kommt das erste Hindernis! Sie sind kaum drei Stunden unterwegs und schon ist ein breiter Wassergraben in Sicht. Der Wassergraben liegt quer vor ihnen und nimmt scheinbar in beiden Richtungen kein Ende. Der Versuch, den Graben zu umgehen, könnte bis zum Sonnenuntergang dauern und sie keinen Schritt weiter bringen. So fordert sie entschieden: „Wir müssen hier direkt durch!“

Die Männer fallen aus allen Wolken und reden aufgeregt durcheinander. Dann erklärt Eklasteos mit fuchtelnden Händen: „Das ist viel zu gefährlich! Unter dem Wasser liegen oft verdeckt riesige Hohlräume voller Salzwasser, die selbst einen riesigen Elefanten auf Nimmerwiedersehen verschwinden lassen. Man kann nicht so einfach hindurchgehen!“

Aphrodite überlegt kurz. Er kann damit recht haben. Dann müssen sie es wie im Gebirge machen und sie erklärt entschlossen: „Gut, dann müssen wir uns gegenseitig anseilen. Bricht einer ein, können die anderen ihn herausholen! Das machen wir auch mit den Kamelen so!“

Machon nickt und sagt zu Aphrodites Überraschung: „Einen Versuch ist es in jedem Fall wert! Ich bin dabei! Wahr ist, dass wir beim Umgehen des Grabens enorm viel Zeit verlieren!“

Gesichert von den Männern geht Aphrodite mit Mira als erste hinüber. Nichts passiert. Die Männer sind von ihrem Mut beeindruckt. Heiter beobachtet Aphrodite, wie die Männer vor Angst am ganzen Körper schlottern. Aber dass eine Frau vorgegangen ist, kratzt mächtig am Ego der Männer. So sind die Männer sogar zu Scherzen aufgelegt, als alles überstanden ist.

Machon scherzt: „Stellt euch vor, ich wäre hier ertrunken. Im Totenreich hätte es mir niemand abgenommen, dass ich in der Wüste ertrunken bin!“

Alle lachen etwas gequält.

Das Kinderbuch „Vom Eulchen und der Dunkelheit“ von Waldtraut Lewin erschien erstmals 1982 in Der Kinderbuchverlag Berlin als Band 162 der Reihe „Die kleinen Trompeterbücher“).

Zaghaft klettert Eulchen auf den Nestrand. Sehen kann es wohl, aber es findet's gruslig im Dunkeln. Wie soll es da lernen, Mäuse zu fangen? Allein im Nest ist es kalt, und es ist noch grusliger, als nachts auszufliegen. Eulchen beschließt, die Nachbarn zu besuchen. Es klopft bei den wilden Bienen an, trifft das Eichhörnchen, und dann weiß es: Es muss beweisen, dass es genauso gut jagen kann wie alle Eulen. Es gab sich einen Ruck und breitete die Schwingen aus, und siehe, es ging. Wie schön war es, zu fliegen, wie groß war die Welt ...

Lesen Sie etwas über die Erlebnisse der kleinen Eule:

Erst jetzt begriff Eulchen, was es sich eingebrockt hatte: Es musste allein zu Hause bleiben, und das fand es eigentlich noch grusliger als das Ausfliegen zur Nachtzeit. Das Nest erschien ihm groß und kalt, keiner war da, an den es sich ein bisschen ankuscheln konnte, und wenn es an die weichen Federn seiner Mama Eulalia dachte, die jetzt irgendwo da draußen umherflog, hätte es am liebsten geweint.

Aber schließlich war es ja ein Eulchen und keine Heulsuse, und es sagte sich, man müsse vielleicht das Beste daraus machen. Der große Eichbaum war voller Leben. Eulchen beschloss, die Nachbarn zu besuchen. Das war ein angenehmer Zeitvertreib, und man war nicht mehr einsam. So dachte Eulchen jedenfalls.

Es flog auch gleich ein Stockwerk tiefer, wo in der Höhlung des uralten Stammes der große Schwarm der wilden Bienen sein Haus hatte, und klopfte an. Erst war es still, aber dann erhob sich im Stock ein vielfältiges Summen und Brummen, und aus dem Gesurre heraus vernahm Eulchen viele Stimmen, die sagten: „Wer ist da so spät am Abend, wer stört unsre wohlverdiente Ruhe?"

„Ich bin's", rief Eulchen, „und komme zu Besuch, liebe Nachbarinnen, Honigfrauen, ihr fleißigen, freundlichen!"

Die Bienen summten noch lauter und fragten: „Wer? Wer ist's, der da draußen steht und klopft, dass unsre Waben beben? Wer?"

„Na ich doch!", rief Eulchen, schon ein bisschen ungeduldig, dass man ihm nicht gleich freundlich die Türen auftat. „Ich, Eulchen, euer Nachbarskind!"

Da kam es aber schlecht an, denn nun hörte sich das Summen an, als sei der ganze Stock erwacht, und es klang alles andere als gastlich, was man da hörte. „Nachbarskind? Ja, schöne Nachbarschaft! Räuberskind! Räuberskind! Was willst du uns antun? Unsern Honig rauben? Unsre Kleinen, die hilflosen Larven, mit scharfem Schnabel zerfleischen? Oder gehst du gar ans Leben unsrer schönen Majestät, der Königin?"

Greifen wir am Ende der heutigen Post aus Pinnow noch einmal die am Anfang gestellten Fragen auf: Wie gehen wir mit Außenseitern um? Wie oft passiert es, dass man vermeintlich schwächere Menschen mit einer oft unbedachten Äußerung kränkt? Und was machen diese Kränkungen mit den Menschen, die sie betreffen? Wie reagieren sie darauf? Die Antworten darauf haben selbstverständlich viel mit individuellen Ansichten und Verhaltensweisen zu tun. Ebenso selbstverständlich aber sind gesellschaftliche Antworten gefragt: Wie geht unsere Gesellschaft mit Außenseitern und mit vermeintlich Schwächeren um?

In dem Buch „Flammenvogel“ von Martin Meißner gibt es eine berührende Szene, als Anne Henrik von einem Erlebnis während der zurückliegenden Probe für die Jugendweihe berichtet:

„Wir hatten im April Jugendweihe“, erzählte sie. „Die Feierstunde war im Saal. Am Tag vorher haben wir das Aufstellen auf der Bühne geübt. Bei dieser Probe tauchte Jeannettes Mutti auf. Sie war nicht einverstanden damit, wie wir auf der Bühne stehen sollten.

Es nahmen auch zwei teil, die nicht in unsere Klasse gingen. Einer aus der Siebenten, der mal sitzengeblieben war, und ein Mädchen aus der Hilfsschule. Nun kam es nach der Größe so hin, dass Jeannette neben Viola stand. Das war das Mädchen aus der Hilfsschule. Jeannettes Mutti fragte, ob das nicht zu ändern ging.

Unsere Lehrerin verstand erst gar nicht. Aber wir Mädchen hatten gleich begriffen. Jeannettchen sollte in dem wichtigen Moment nicht neben einer aus der Hilfsschule stehen. „Wie findest du das?“

Henriks Gesicht wurde rot. Er schaute nach unten und sortierte mit den Zehen Kieselsteine. „Warum erzählst du mir das?“, fragte er.

„Nur so.“

„Nur so?“ Henrik griff mit den Zehen einen Stein und schleuderte ihn bis ins Schwimmbecken. Dann stand er auf. Er nahm seine Sachen und ging langsam weg. Anne wartete. Aber Henrik kam nicht zurück.

Man kann sich vorstellen, welche Wirkung Annes scheinbar harmlose Bemerkung auf Henrik, den Hilfsschüler, hat und dass er sich in Natur und Einsamkeit zurückzieht. Auf Dauer aber ist Einsamkeit für Menschen nicht gut …

Viel Vergnügen beim Lesen und beim Nachdenken über Einsamkeit und Gemeinsamkeit, weiter einen schönen Spätsommer, bleiben auch Sie weiter vor allem schön gesund und munter und bis demnächst. Mal sehen, was der Bücherherbst bringt.

Ach, und haben Sie schon mal Rotmilane beim Fliegen und Rufen beobachtet? Das ist ein wunderbares Naturschauspiel.

DDR-Autoren: Newsletter 25.08.2023 - Einer von der Hilfsschule, Christoph und eine Vier in Mathe sowie