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Ein indisches Gericht im Hotelrestaurant, die Haifischbande bei den Piraten und ein Nashorn auf Reisen - Fünf E-Books von Freitag bis Freitag zum Sonderpreis

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(Pinnow 10.10. 2025) – Manchmal kommt die Frage auf: Wie waren sie, die DDR-Frauen? Selbstständiger? Selbstbewusster? Und sogar besser im Bett? Einige Antworten auf Fragen wie diese präsentiert das zweite der insgesamt fünf aktuellen digitalen Sonderangebote dieses Newsletters, die sieben Tage lang zum Sonderpreis im E-Book-Shop www.edition-digital.de (Freitag, 10.10. 2025 bis Freitag, 17.10. 2025) zu haben sind. Hier zunächst ein kurzer Textausschnitt vom Beginn des 3. Kapitels:

„Abends aß ich im Hotelrestaurant. Ich wählte ein indisches Gericht. Der Kellner, er hatte mir Platz verschafft in einer Nische, notierte. Ich fand es behaglich und blickte umher. Die Pendeltüren schlugen. Ich konnte es nicht hindern, die hereinkommenden Gäste zu sehen. Und wieder hoffte ich, Richard käme. Stattdessen wollten sich zwei Männer zu mir setzen. Ich verwies sie an andere Tische. Ich mochte keine Trivialgespräche beim Essen und hing lieber meinen Gedanken nach. Ich bekam mein Menü. Es bestand aus hartem fettigem Reis, trockenem Hühnerfleisch und einigen Bananenscheiben. Das Starren auf die Türe störte mich jetzt doch. Ich zahlte einen fantastischen Preis, aber der Kellner war nett zu mir. Hinter grünen Pflanzen hatte ich ein noch ziemlich junges Paar bemerkt. Sie aßen auch. Der Mann blickte durch eine kantige Hornbrille auf den Nachbartisch. Sie drehte ihr hochgelocktes Köpfchen in die Gegenrichtung. Sie hatten noch kein Wort miteinander gewechselt. Beim Hinausgehen fragte ich mich, was sie in einigen Jahren miteinander beginnen würden. Sie trugen keine Ringe.

Es war noch zu zeitig zum Schlafen, obwohl ich es vorgezogen hätte. Aber ich kannte das: sich stundenlang im Bett wälzen, Kopfkissen drehen, sich Ohrfeigen anbieten aus Wut über sich selbst. Gedankentumult. Stimmungskarneval. Dann doch lieber die Bar, obwohl ich das Wagnis begriff. Immerhin gehörte sie zum Hause. Ich hoffte, untertauchen zu können in der künstlichen Dämmerung. Nach einigem Weine fand ich es mühsam, die Verbeugungen von Männern vor meinem Tische abzuwehren. Ich folgte schließlich einem hageren Bärtigen. Er war mit dem Tanzen beschäftigt, schwieg und blickte tragisch auf seine Füße. Ob ich aus D. sei, fragte er endlich. „Ja“, sagte ich und mit einem Male redete er von Pelzen. Vieleicht war er Kürschner. Nach ihm gewann einer mit Bauch und einem flammenden Schlips den Spurt um einen Fußbreit vor anderen Er behandelte mich völlig als Trophäe. Er grinste sogar unverschämt in irgendeine Richtung. Dann wieder der Bärtige und andere. Ich konnte es nicht mehr stoppen. Ich kam mir vor wie ein Wanderpokal. Wollte man sich unbehelligt vor seinem Glase amüsieren, musste man wohl ein Mann sein.“

Dieser Textausschnitt stammt aus dem Roman „Vera Granford“, den Wolfgang Licht erstmals 2007 im Tauchaer Verlag veröffentlicht hatte.

Selbstbewusst, ansehnlich, beruflich erfolgreich, verliebt in einen verheirateten Mann und voll unruhiger Sehnsucht nach Geborgenheit im Alltag der DDR. So ist Vera, eine geschiedene Frau in den besten Lebensjahren. Die faszinierende und verlockende Bekanntschaft, die in der Bar eines Interhotels begann, vielfältige Erlebnisse im Kreis befreundeter Familien oder mit ihrem Vorgesetzten, unzweideutige Angebote diverser Männer in der lockeren Atmosphäre eines öffentlichen Tanzlokals oder anderswo - nichts kann ihre Standhaftigkeit und ihr brennendes Verlangen nach einem Leben an der Seite des Geliebten beeinflussen. Doch dann kommt sie selbst zu einem schmerzlichen Entschluss ...

Es lohnt sich, Vera Granford kennenzulernen – und einige Antworten auf die eingangs erwähnter Frage zu finden: Wie waren sie, die DDR-Frauen?

Im Jahre 2000 erschien im Arena Verlag Würzburg „Schatzsuche auf der Totenkopfinsel. Die Haifischbande auf Zeitreise, 1. Teil“ von Jan Flieger, dem noch weitere drei Teile der Haifischbande-Zeitreisen folgen sollten.

Julia und Vanessa, Long Basti und Specki gehören zur Haifisch-Bande, die ihr Domizil in der alten Fischfabrik hat. Das Wahrzeichen ihrer Clique ist die Fahne mit dem Haifisch. Heute ist ihnen langweilig und daher gehen sie zu Old Krusemann, dem alten Seebären. Der besitzt eine geheimnisvolle Glaskugel, über die er allerdings nichts sagen will.

Aber dann erfahren sie doch, dass diese Glaskugel das größte Geheimnis birgt, das Old Krusemann kennt. Das allergrößte. Die Glaskugel ist eine Zeitkugel, mit der man an jeden Ort und in jede Zeit reisen kann. Und auch wenn es Julia und Vanessa, Long Bast und Specki anfangs natürlich nicht glauben wollen, probieren sie es aus und begeben sich auf ihre erste Zeitreise zu den Piraten. Und dort erleben sie gefährliche Abenteuer …

1985 brachte der Verlag Neues Leben Berlin in seiner Reihe „Spannend erzählt“ als Band 196 „Der Turm des Todes. Historische Abenteuererzählungen über drei Kontinente und die Weltmeere“ von Otto Emersleben heraus.

Mittelasien, Rom, Peru, Beringstraße - in drei Kontinenten und auf den Weltmeeren liegen die Schauplätze der zehn historischen Abenteuererzählungen dieses Bandes. Entdecker, Ketzer und sturmerprobte Kapitäne sind unter ihren Helden zu finden, die Verstrickungen von brutalem Machtstreben und der Sehnsucht nach einer besseren Welt ein immer wiederkehrendes Thema.

Die Titelgeschichte erzählt vom gescheiterten Aufstand der Bewohner von Buchara unter Führung des frommen Handwerkers Machmud Tarabi gegen die mongolische Fremdherrschaft. Auch die Erzählungen um Giordano Bruno, die Weltumsegler Anson und Cook, um Sir Walter Raleigh, Semejka Deshnjow, Ulug Beg und all die anderen Kämpen sind an historische Figuren angelehnt. Doch wird nicht die Wiedergabe dessen angestrebt, was ohnehin in Geschichtsbüchern steht. Vielmehr ist der Ausgangsgedanke: Wie hätte es sein können?

Erstmals 1996 veröffentlichte Dietmar Beetz im Erika Klopp Verlag München das Kinderbuch „Rhinos Reise“. Nino hat den Hubschrauber gehört. Auch die Schüsse. Wenig später sieht er die tote Nashornmutter. Neben ihr das Junge. Nino ist entschlossen, das Nashornkalb zu schützen. Und das Wunder geschieht: Rhino vertraut ihm. Aber was soll aus ihm werden? Allein kann er im Busch nicht überleben. Ist der märchenhafte Vorschlag die Lösung, Rhino auf eine weite Reise ins ferne Europa zu schicken - mit Nino als Begleiter?

Und damit sind wir wieder beim aktuellen Beitrag der Rubrik Fridays for Future angelangt. Jede Woche wird an dieser Stelle jeweils ein Buch vorgestellt, das im weitesten Sinne mit den Themen Klima, Umwelt und Frieden zu tun hat – also mit den ganz großen Themen der Erde und dieser Zeit. Was bedeutet Krieg? Hat er einen Sinn?

1942 schrieb Friedrich Wolf die Erzählung „Die Baumwollfähnchen“: Im eisigen Winter des Zweiten Weltkriegs dringt die Realität der Ostfront bis in die Nähstuben der Heimat vor. Während Frau Brackebusch und ihre Kolleginnen in einer Textilfabrik „Baumwollfähnchen“ - unzureichende Winterausrüstung für die Soldaten - herstellen, wachsen ihre Zweifel an der Sinnhaftigkeit des Krieges.

In einem Gespräch voller bitterer Wahrheiten und stiller Verzweiflung enthüllt sich das schmerzhafte Auseinanderdriften von Propaganda und Realität. Die Erzählung bietet einen schonungslosen Blick auf die Ohnmacht und Wut der einfachen Menschen im Angesicht von Krieg und Elend.

Hier wieder ein kurzer Textausschnitt vom Beginn dieser Erzählung:

„Haben Sie heut im Radio gehört, Frau Brackebusch, da melden sie von der ersten großen Kältewelle in Russland; ich glaub, mich trifft der Schlag, fünfunddreißig Grad unter Null soll es da vor Stalingrad sein, wo doch mein Willi liegt – was sagen Sie, Frau Brackebusch, minus fünfunddreißig Grad, so was gibt es doch in Europa überhaupt nicht? Ich dacht auch zuerst, ich hätt eine falsche Akustik im Ohr, und hab bei uns im Betrieb gefragt; aber es ist schon so, viele Mädels wussten es auch, und manchen von denen stak heute jedes Wort wie ’n Kloß in der Kehle, weil sie auch einen ihrer Leute in Russland haben. Der Maria Schütz ihr Bruder, wissen Sie, der früher Chauffeur war, dem sind doch letzten Winter vor Moskau beide Füße erfroren und mussten dann amputiert werden, der geht jetzt an Krücken … schade um so ’nen kräftigen Mann! – Was meinen Sie, Frau Brackebusch? Die Winterausrüstung sei diesmal besser? Mein Gott, sind Sie aber gebildet, Frau Brackebusch, so von wegen der umwendbaren Schneejacken unsrer Männer an der Ostfront … das ist ja, was mich so in Rage bringt, wie ich heute von den fünfunddreißig Grad unter Null höre und diese zweifarbigen, umdrehbaren Schneejacken, die werden doch grade in unsrer Bude zugeschnitten und genäht, das Material hab ich täglich zwischen den Fingern! Wissen Sie, wie unsre Mädels das nennen? „Baumwollfähnchen“, da ist bloß Baumwolle und Kunstfaser dran, da fegt so ein Ostwind durch wie mit Messern!“

In seinem psychologisch fein gezeichneten Prosastück „Vera Granford“ beschreibt Wolfgang Licht die Spannungen und subtilen Machtspiele in einer Beziehung zwischen Nähe und Distanz, Begehren und Selbstbehauptung. Die folgende Szene entfaltet sich in scheinbar beiläufigen Gesten und Dialogen – doch unter der Oberfläche brodelt ein emotionales Ringen, das die fragile Balance zwischen Gefühl und Kontrolle auf die Probe stellt.

Ein Drahtzaun und bestaubte Hecken umgrenzten das ausgedehnte Feld. Hier lagerten die Steine. Ich blieb auf den Kieswegen und sah Richard und dem schulterbreiten Steinmetzen zu, wie sie zwischen den Platten umherstiegen. Richard in seinem hellgrauen Anzug packte die Steine und beklopfte sie. Sich wieder aufrichtend und den Staub von den Händen schlagend, lachte er schallend über Witze, die ihm der andere unter Grimassen erzählt hatte. Sie standen redend, und ich sah auf Richards Mund, der den Ausdruck seines bewegten Gesichts bestimmte. Dann drehte er suchend den Kopf und als er mich entdeckt hatte, hob er die eben weggelegte Platte wieder hoch und schrie mir zu, wie ich Sandstein fände. „Die Kinder werden sich freuen“, rief ich zurück. „Warum?“ - „Gut zum Draufmalen.“ Sie lachten beide und kamen heran. Richard rief launig, mit G käme er heute nicht weiter, ich solle ihn mal ein bisschen bezirzen. G verbeugte sich schmunzelnd und Richard sagte, sich ihm zuwendend, er solle sich vorsehen, ich sei Psychologin. G begann mit mir zu scherzen, nannte mich „Junge Frau.“ Ich sah, dass er herauszufinden suchte, wie Richard und ich zueinander standen. Ich trug keinen Ring mehr und Richard hatte es schon immer so gehalten. Er fände Symbole einfältig, hatte er mir einmal geantwortet. „Bei anderen belächeln wir Nasenschmuck.“ - „Dir passt es nur nicht, auf Chancen zu verzichten.“ Doch er hatte unwirsch entgegnet, so etwas käme auf den Mann an, nicht auf den Ring.

Wir betraten schwitzend die Büros. Ich konnte Männer und Frauen über Büchern und Listen sitzen sehen, während ich auf einem Rohrsessel wartete, dass sich die beiden einigten. G, der mich oft ansah, sagte jetzt, ein Auge zukneifend, die hübschen Frauen hätten andere geheiratet, und, Richard sei schlau, der suche sich nicht nur die schönsten Steine aus. Ein junger Mann im offenen Hemd rief mir von nebenan zu, ich solle mich vor der Lodenjacke hüten, vor dem sei die eigene Tochter nicht sicher, worauf G ihm einen Radiergummi hinüberwarf. Das ging so hin und her. Empfindlichkeit war da nicht am Platze. Ich versuchte, spöttisch zu blicken, sagte schließlich: Solche Reden glichen sich immer. G begleitete uns schließlich zur Tür. Wir plauderten noch ein wenig und G sagte, das sei so ihre Art. Beim Abschied verbeugte er sich nochmals vor mir, diesmal betont höflich

Die Hitze war unangenehm. Wir standen eine Weile, unschlüssig, wohin wir uns wenden sollten. „Warum habt ihr keinen Vertrag gemacht“, fragte ich beiläufig, „konntest du dich nicht entschließen?“ Das sei es nicht, er müsse Eindrücke erst ordnen und dazu brauche er Zeit. „Und darüber ist Mittag geworden“, sagte ich nun doch verstimmt. „Da hätten wir auch morgen noch herkommen können.“ Der Sandweg war leer. Richard legte seine Hände an meine Schläfen, ich konnte so seinen Augen nicht entkommen, sagte: „Ich freue mich riesig ... auf heute ... Kindskopf“, und küsste mich zwischen den Worten. Mit der Taxe fuhren wir ins Hotel zurück. Ich ließ mich schaukeln in den Kurven und antwortete einsilbig, bis auch Richard schwieg.

Als er ins Restaurant wollte, hielt ich ihn zurück und sagte, ich müsste mich erst frisch machen. In der Halle fragte ich ihn, ob er hier warten wolle. Er schüttelte den Kopf, ließ mich auch den Schlüssel nicht holen. Er dusche auch gern, sagte er, als wir im Lift waren. Er brachte mich bis zu meiner Tür. Dort blieben wir stehen. „Wo liegt dein Zimmer?“- „Im neunten. Du kannst mich ja abholen, wenn du fertig bist“, sagte ich und schloss auf. Hinter der Tür verhielt ich, bis ich ihn weggehen hörte. Auf einmal fühlte ich mich gedemütigt und ärgerte mich darüber. Ich warf mich aufs Bett, schloss die Augen und dachte abzureisen. Dann stand ich auf, ließ Wasser auf meine Hände laufen, presste sie an mein Gesicht.

Ich war geduscht und wieder angezogen, als er klopfte und wartete, bis ich ihn hereinließ. Er sah frisch aus. Ich fand sogar seine Augen heller als vorhin. Er trat rasch auf mich zu, sagte leise und dringlich „Vera“ und umfasste mich. Ich strich ihm übers Haar und lächelte. Er begann, mich zu küssen, das Gesicht, zwischen Kleid und Hals. „Lass, du zerbrichst mich“, sagte ich, wieder trotzig, und versuchte freizukommen. Aber er wurde plötzlich wild, drängte mich auf das Bett, versuchte mein Kleid wegzuschieben. „Wenn jemand kommt“, schimpfte ich, „jetzt am Tage.“ Dann riss ich ihn an mich.

Ich lehnte an seiner haarigen Brust. Er streichelte behutsam meine Schulter. Im Zimmer war der hellste Nachmittag. Plötzlich drückte jemand die Klinke nieder und bald darauf hörten wir Schlüsselgeräusche. Wir erstarrten, aber dann bedeutete mir Richard durch Zeichen, dass er abgeschlossen habe und jetzt bemerkte auch ich den eingesteckten Schlüssel. Dann hörten wir murmeln und sich entfernende Schritte. Wir saßen noch eine Weile horchend nebeneinander. „Kein Grund, sich zu härmen“, sagte Richard. Aber wir standen auf und begannen, die auf den Boden geknüllten Kleider zusammenzusuchen.

In diesem spannenden Abenteuer geraten Vanessa, Julia und ihre Freunde auf eine abenteuerliche Zeitreise – mitten hinein in die Welt von Piraten, verborgenen Schätzen und uralten Geheimnissen. Mutig stellen sie sich den Gefahren an Bord von Schwarzbarts Schiff. Die folgende Leseprobe aus „Schatzsuche auf der Totenkopfinsel. Die Haifischbande auf Zeitreise, 1. Teil“ von Jan Flieger führt direkt in eine Szene voller Nervenkitzel, Mut und Freundschaft – der Beginn einer unvergesslichen Schatzsuche.

Am Großmast hängt eine einsame Lampe, die im Wind schaukelt und fast kein Licht spendet. Aufatmend erreicht Vanessa das Deck. Zum Glück hat sie das Museumsschiff ja gerade erst besichtigt, sodass sie sich an Bord bestens auskennt. Sie huscht in einen Korridor, an dessen Ende die Kapitänskajüte liegt. Die Tür ist nur angelehnt. Das Schnarchen Schwarzbarts klingt wie das Rasseln einer Kette. Aus dem Raum dringt ein scharfer Geruch nach Rum und Mäusedreck.

Vorsichtig schiebt sich Vanessa durch die knarrende Tür und blickt in die Kajüte. Flach pendelt eine blecherne Öllampe in der Mitte des Raumes und verbreitet ein rötliches Licht. Umso besser, denkt Vanessa, da habe ich die Kette gleich gefunden. Schwarzbart liegt auf seiner Koje und schläft tief und fest. Er hat kein einziges Kleidungsstück ausgezogen, nicht einmal die Stiefel. Aber wo ist die Kette? Um den Hals trägt Schwarzbart sie nicht. Vanessa blickt sich suchend um. In einer Ecke steht eine halb offene Seemannskiste, in der es weiß blitzt. Dort liegt die Kette inmitten von dicken Wein- und Schnapsflaschen!

Vanessa schiebt sie rasch in ihre Hosentasche. Super, Vanessa, lobt sie sich. Du bist die coolste Vanessa der Welt!

Auf Zehenspitzen verlässt sie den Raum und schleicht hinauf an Deck. Sekunden später hat sie die Strickleiter gepackt und beginnt den schaukelnden Aufstieg.

„Bist du es, Vanessa?“, hört sie Julia flüstern. „Klaro“, erwidert Vanessa und steigt in das Krähennest. Stolz zeigt sie Julia ihre Beute. „Schwarzbarts Kette“, flüstert Julia andächtig.

Ihre Finger fahren über den neuen Besitztum der Haifischbande.

„Die Zähne sind größer als bei unserem Hai. Das muss ein riesiges Tier gewesen sein. Ehrlich.“ Und sie denkt: Wenn Schwarzbart uns erwischt, wirft er uns den Fischen, die solche Zähne haben, zum Fraß vor.

Der Mond tritt zwischen den Wolken hervor. Das Schiff hinterlässt nun auf dem Wasser eine silbrig schimmernde Spur.

Plötzlich hält Vanessa die Luft an. „Da kommt einer hoch“, flüstert sie.

Reglos hocken die Mädchen nebeneinander.

Da taucht ein Kopf über dem Rand des Krähennestes auf. Die beiden atmen auf: Es ist Long Basti!

„Schwarzbart will uns auf der Schatzinsel aussetzen“, sagt er. „Ihr müsst da mit.“

Julia nickt besorgt. „Sonst kommen wir nicht mehr nach Hause, wenn Old Krusemann die Kugel dreht.“

Vanessa kaut auf einer Haarsträhne.

„Morgen, wenn es hell wird“, schlägt Julia vor, „klettern wir nach unten. Dann setzt uns Schwarzbart bestimmt alle zusammen aus.“

„Dann sind wir ja auf der Schatzinsel!“, ruft Vanessa begeistert. „Dort, wo wir hinwollten!“

Long Basti legt ihr die Hand auf den Mund. „Es ist unsere einzige Chance“, sagt er dann leise. „Ich schwirr wieder ab.“

Otto Emersleben entführt seine Leser in ferne Zeiten, an Orte voller Gefahren, Entdeckungen und menschlicher Tragödien. Mit packender Sprache und historischem Gespür schildert er den Mut und das Scheitern jener, die aufbrachen, um Ruhm, Reichtum oder das sagenhafte Eldorado zu finden. Die folgende Leseprobe aus „Der Turm des Todes. Historische Abenteuererzählungen über drei Kontinente und die Weltmeere“ zeigt eindrucksvoll, wie nahe Abenteuer und Untergang beieinanderliegen.

Eine der ersten spanischen Kugeln von der Höhe des Forts San Tomé herab traf Walt in die Brust. Seine Leute hatten am Ufer gut Fuß gefasst und auch schon einiges an Tiefe gewinnen können, als sie plötzlich völlig unerwartetes Gewehrfeuer bekamen.

Nun lag der junge Raleigh an James gelehnt und betastete mit blutigen Händen seine weit klaffende Wunde.

"Ja, er ist schlau gewesen, der Fuchs Lewis", sagte er, und das Sprechen fiel ihm schon schwer. "Schlauer als wir alle zusammen... Erst meinen Vater zurücklassen. Und dann mich hierher geschickt..., an die schwächste Stelle. Sag meinem Vater bitte...

Aber weiterzureden gelang Walt Raleigh nicht. Blut stürzte aus seinem Mund, und die Augen brachen.

James ließ den Toten zu Boden gleiten. Dann musste er die Deckung verlassen, in die er Walt nach dessen Verwundung geschleppt hatte.

Der Kampfeslärm hatte inzwischen zugenommen. Noch wehrten sich die Briten und Kariben. San Tomé schien ihnen mit Händen greifbar. Als aber die spanische Festungsartillerie in den Kampf eingesetzt wurde, brach der Widerstand bald zusammen. Am Ende des ungleichen Kampfes gab auch James sich den Spaniern gefangen.

Da hatte er es nun, sein Eldorado. Bei Wasser und Brot saß er mit Leidensgefährten in den Kasematten von San Tomé. An den einstigen Glauben vom sicheren Erfolg im Traumland erinnerte nur die unvollständige Bitte des sterbenden Walt Raleigh.

Sag meinem Vater...

Wie und wann aber sollte er den Vater finden? Und was ihm sagen? Dass Sir Lewis ein falsches Spiel getrieben hat! Nicht nur mit den Kariben, sondern auch mit Walt Raleigh und mit Sir Walter selbst? Dass er sich nur deshalb aus dem Kampf um die Festung herausgehalten hatte, weil er sah, dass schon alles verloren war?

James grübelte und fand doch keine Antwort auf seine Fragen. Und er wusste niemanden, der sie ihm hätte geben können.

Niemals mehr hungern müssen..., und jetzt teilte er die Tage ein in die kurzen Augenblicke der Speisung mit karger Häftlingskost und die langen, langen Zeiten des Wartens darauf.

Da keine neuen Gefangenen zu ihnen stießen, wuchs die Gewissheit, dass Sir Lewis den Kampf abgebrochen und sie wohl auch für immer aufgegeben hatte.

In „Rhinos Reise“ erzählt Dietmar Beetz eine bewegende Geschichte über Mut, Freundschaft und Verantwortung. Der Junge Nino begegnet einem verletzten Nashorn und stellt sich der schwierigen Aufgabe, dem mächtigen Tier zu helfen. Zwischen Abenteuer und Mitgefühl entfaltet sich eine berührende Erzählung über das Zusammenleben von Mensch und Tier – mitten in der afrikanischen Wildnis. Die folgende Leseprobe zeigt einen Schlüsselmoment dieser außergewöhnlichen Freundschaft.

Rhino stand nach wie vor inmitten der Giraffenstängel, die er bis auf wenige abgebissen hatte. Anscheinend war er satt; sonst hätte er wohl auch die restlichen Stängel verspeist.

Oder war er krank? Hatte er Schmerzen? Quälte ihn die Wunde?

Als Nino näher kam, sah er, dass der Kräuterbrei zu einem grünen Fladen angetrocknet war. Und dann bemerkte der Junge an den Rändern der Wunde und auch an unverletzten Stellen der Nashornhaut winzige grauweiße Würmer, die sich bewegten.

„Eeh!“, entfuhr es ihm.

„Was ist?“, fragte Humbo.

„Nichts“, behauptete Nino, und sich überwindend, fügte er hinzu: „Nur ein paar Maden.“

„Da siehst du’s“, hakte Humbo ein. „So eklig sind diese Viecher. Die haben alle Maden und alles mögliche Ungeziefer.“

Ja doch, dachte Nino. Er wusste das selbst, und ihn ärgerte, sich nicht besser beherrscht zu haben. Auch jetzt verspürte er Ekel, und dabei ging ihm, ob er wollte oder nicht, durch den Kopf: Vielleicht ist Rhino älter als ich dachte und gar nicht mehr hilfsbedürftig. Vielleicht kommt er von nun an allein zurecht?

Aber da waren die Geier, die noch immer oder schon wieder über der Senke kreisten. Und die Maden an den Wundrändern sahen nicht nur eklig, sondern auch beunruhigend aus. Und wenn Rhino schon allein zurechtkommen sollte, konnte man ihm zum Abschied wenigstens was Gutes tun.

Also knickte Nino vier, fünf der verbliebenen Giraffenstängeldolden ab, zerrieb sie, lockerte den Kräuterfladen und riss ihn ab. Dabei zuckte Rhino zusammen, doch schlug er weder aus, noch lief er weg.

Und dann geschah ein Wunder.

Nino hatte die Wunde, die sauber wirkte, erneut bepflastert. Als er nun über Rhinos Ohren strich, die - anscheinend in Dankbarkeit - wieder wackelten, da drehte das Tier den mächtigen Schädel, schnupperte an der Hand und leckte daran.

Der Brei! Schoss es Nino durch den Kopf. Das Heilmittel - vielleicht taugt es als Lockspeise?

Sachte zog er die Hand vor der Zunge - und ein wenig auch vor den kräftigen Zähnen - zurück, und siehe da: Rhino folgte, setzte sich in Bewegung, kam mit.

Humbo hatte das alles wortlos und aus gebührendem Abstand beobachtet. Jetzt lief er zur Insel, riss die letzten Stängel ab und rannte hinter Nino und Rhino her, wohl um sich am Fortführen des Nashornkalbes zu beteiligen. Kaum aber hatte er die beiden erreicht und die Dolden vor die Nashornnase gehalten, da schnaufte Rhino in seine Richtung, und Humbo ließ die Stängel fallen.

„Mach dir nichts draus“, versuchte Nino ihn zu trösten. „Er wird sich schon an dich gewöhnen.“

„Aber ich mich nicht an ihn“, erwiderte Humbo grimmig.

Er blieb danach hinter Rhino, während Nino vornweg lief. Dabei kamen sie so rasch voran, dass Humbo nach einer Weile behaupten konnte: „Nun wird er doch getrieben, von mir!“

Bald erreichten sie den Ngori, dessen Fluten bereits zurückgegangen waren. An den Ufern hatten sich Tümpel gebildet, Streifen aus Schlamm und seichtem Wasser, die einer Vielzahl von Tieren als Badestrand dienten.

Wie waren sie denn nun, die DDR-Frauen? Antworten auf diese spannende Frage dürften im Rückblick unterschiedlich ausfallen, aber dennoch einige Gemeinsamkeiten aufweisen. Dazu gehört, dass die Frauen in der DDR in ihrer Mehrzahl berufstätig und schon aus diesem Grunde ökonomisch unabhängiger waren – jedenfalls nicht von einem männlicher Geldverdiener abhängig. Damit verbunden war auch eine größere Selbständigkeit und ein größeres Selbstbewusstsein. Die Frauen in der DDR wussten, wer sie sind und hatten ein kräftiges Wort mitzureden.

Und die DDR-Frauen wussten, was sie wollten, und nahmen sich das Recht der freien Entscheidung heraus – meistens jedenfalls. Und das galt auch in der Liebe und bei der Partnerwahl. Auch wenn es etwas paradox klingen mag, aber ein Indiz für diesen eigenen Kopf war die relativ hohe Zahl der Ehescheidungen zu DDR-Zeiten. Damals wurde früh, oft sehr früh geheiratet, aber auch jede dritte Ehe wieder geschieden. Das brachte allerdings neue Probleme mit sich – nicht zuletzt für die von derartigen Trennungen betroffenen Kinder.

Und wie sah es mit dem persönlichen, ganz privaten Glück der Frauen aus, die sich oft genug allein und mit Kindern durchs Leben schlagen mussten? Aufschlussreiche Hinweise finden sich dazu nicht zuletzt in den Formulierungen der in vielen Zeitungen und Zeitschriften des kleinen Landes veröffentlichten Kontaktanzeigen und den darin enthaltenen Wünschen. Oft waren diese Texte sehr kreativ und ungewöhnlich geschrieben und offenbarten bei aller verkündeten und auch tatsächlichen weiblichen Emanzipation im Arbeiter- und Bauern-Staat zugleich eine große Sehnsucht nach Geborgenheit und Zärtlichkeit.

In diesem Zusammenhang lohnt es sich, wieder einmal einen Blick in den berühmten Protokollband nach Tonband „Guten Morgen, du Schöne“ von Maxie Wander zu werfen, der erstmals 1977 im Buchverlag Der Morgen Berlin (DDR) veröffentlicht worden war und sowohl in der DDR wie auch in der Bundesrepublik große Aufmerksamkeit erregte. „Ich halte jedes Leben für hinreichend interessant, um anderen mitgeteilt zu werden … Entscheidend war für mich, ob eine Frau die Lust oder den Mut hatte, über sich zu erzählen“, sagte Maxie Wander über ihre Sammlung von Gesprächsaufzeichnungen. Und so erzählen 19 Frauen lustvoll und mutig von sich und ihren Gefühlen, ihrer Familie, ihrer Arbeit, ihren Männern, sie äußern sich über Liebe und Sexualität, über Politik, über ihre Ansicht von der „richtigen“ Art zu leben. In ihrem Vorwort schrieb Christa Wolf: „Beim Lesen schon beginnt die Selbstbefragung. In den Nächten danach entwerfen viele Leserinnen, da bin ich sicher (nicht so sicher bin ich mir bei Lesern), insgeheim ihr Selbstprotokoll.“ Und falls Sie als Frau oder auch als Mann in der DDR aufgewachsen sein sollten, wie fällt Ihr Selbstprotokoll aus?

Und noch ein Literaturhinweis aus jüngerer Zeit: 2017 veröffentlichte die Linguistin, Historikerin und Publizistin mit dem Schwerpunkt DDR-Geschichte Anne Kaminsky, die 1962 in Gera geboren wurde und in Dessau und Halle aufgewachsen ist und die seit 2001 die geschäftsführende Leitung der Bundesstiftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur innehat, im Ch. Links Verlag Berlin ihr Buch „Frauen in der DDR“. Im Klappentext dieser Darstellung heißt es: „Wie lebten Frauen in der DDR? Im Rückblick erscheinen sie oft wie „siebenarmige Göttinnen“, die es offenbar spielend schafften, Berufstätigkeit, Mutterschaft und Emanzipation unter einen Hut zu bringen und bei alldem fröhlich durchs Leben zu gehen. Ihnen standen viele Wege offen, da, so die offizielle Lesart, der Staat vorbildlich für „seine Frauen“ sorgte. Frauen in der DDR waren aber zugleich zwischen all ihren Rollen zerrissen - wie die Heldinnen aus den Erzählungen von Brigitte Reimann oder Maxie Wander, die sich gegen die ihnen gesetzten Grenzen auflehnten, und oftmals scheiterten.“

Spannend und nicht unkritisch liest sich dazu die Vorab-Rezension in der „Mitteldeutschen Zeitung“ Halle vom 20. Dezember 2016 unter der Überschrift „Anna Kaminsky über „Frauen in der DDR“:

„Um Kinder und Karriere gleichzeitig haben zu können, müssten Frauen nur „Superwoman” sein: „hervorragend organisiert, jede Minute des Tages ausnutzend, in vielerlei Hinsicht beweisend, dass sie etwas tun können, was wir von einem Mann nie erwarten würden”.

Das behauptet jedenfalls die amerikanische Politikwissenschaftlerin Anne-Marie Slaughter in der Frauenzeitschrift „Brigitte” (11/2016). Demzufolge waren die meisten Frauen in der DDR „Superfrauen”. Denn sie arbeiteten Vollzeit, kümmerten sich um Haushalt und Familie und engagierten sich auch noch gesellschaftspolitisch. Ein neues Sachbuch beschäftigt sich näher mit dem Leben der Frauen in der DDR. In ihrem Buch „Frauen in der DDR” möchte Anna Kaminsky der Frage nachgehen, wer „die” ostdeutsche Frau war. Der eigentliche Fokus liegt aber darauf, wie emanzipiert ostdeutsche Frauen wirklich waren. Antworten auf diese Frage bekommt der Leser schon im einleitenden Kapitel, in dem Kaminsky bereits vom Scheitern der Gleichberechtigung spricht und suggestiv fragt: „Genossen sie die Gleichberechtigung oder litten sie unter einem Staat, der ihnen nicht nur vorschrieb, was und wie sie zu arbeiten hatten, sondern sich auch in allen anderen 'Frauenfragen' für zuständig erklärte?” Die Autorin, selbst in der DDR geboren und aufgewachsen, versucht mit dem Mythos der Gleichberechtigung der Frauen in der DDR aufzuräumen, von dem sie meint, dass er sich unberechtigterweise nach dem Ende der DDR hartnäckig hielt. Doch dass zwischen dem Gebot der Gleichberechtigung, das bereits Teil der ersten Verfassung von 1949 war, und der Lebenswirklichkeit Defizite bestanden, stellte der „Frauenreport '90” schon 1990 fest. Auch die verkürzte, ökonomische Auffassung von Gleichberechtigung in der DDR ist in der Forschung nicht neu. Und natürlich folgt aus einer hohen Erwerbsquote bei Frauen - in der DDR betrug sie 1989 unter Berücksichtigung der in Ausbildung Befindlichen 91,2 Prozent - nicht automatisch eine Gleichstellung. Was hat diese Publikation anderen Untersuchungen also hinzuzufügen? Anna Kaminsky wage „einen Gesamtblick auf die Situation von Frauen in der DDR, der das politische Leben genauso einschließt wie das berufliche und das private”, kündigt der Verlag das Buch an. Doch das Wagnis gelingt nicht, weil sie nicht wissenschaftlich, das heißt unvoreingenommen und sorgfältig arbeitet. Beim Lesen entsteht der Eindruck einer Zerrissenheit der Autorin, die als Zeitzeugin, als Forschende, aber eben auch als Geschäftsführerin der Bundesstiftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur, die sie seit 2001 ist, schreibt. Diese Zerrissenheit zeigt sich zum Beispiel in Widersprüchen. Auf der einen Seite heißt es „Um Frauen dauerhaft in Arbeit zu bringen, mussten dringend bei Kinderbetreuung und Hausarbeit Erleichterungen geschaffen werden. Bis zum Ende der DDR wurde hierfür jedoch keine zufriedenstellende Lösung gefunden”, auf der anderen schreibt sie kurz darauf: „Das später in der DDR erreichte flächendeckende Angebot an Kinderbetreuung stellte vor diesem Erfahrungshintergrund in der Tat einen enormen Fortschritt dar”. Eine gewisse Zwiespältigkeit zeigt sich ebenfalls in ihrem Blick auf die DDR beziehungsweise in ihrer Präsentation der DDR. Wenn sie solch banale Sätze schreibt wie „Männer und Frauen fanden ihre Lebenspartner in der DDR ebenso wie in anderen Ländern: im Sportverein, auf der Arbeit, beim Tanz oder ganz einfach durch Zufall”, könnte man meinen, dass es sich bei dem zweiten deutschen Staat um einen fremden Planeten handelte. Doch natürlich kennt auch das Innenleben einer Diktatur viele Facetten, für die sich die Autorin allerdings wenig interessiert. Vergleiche zieht Kaminsky einseitig nur zugunsten der Bundesrepublik. Zum Beispiel schreibt sie: „Noch im Jahr 1961 waren unter allen Studenten an den Universitäten und Hochschulen der DDR nur 25 Prozent Frauen. Damit lag die DDR, die sich ja die Gleichberechtigung der Frauen auf die Fahnen geschrieben hatte, gleichauf mit der Bundesrepublik, der man so gern eine rückständige Frauenpolitik ankreidete.” Doch ist eine Politik, die die Berufstätigkeit der Frau bis 1977 nur mit Zustimmung des Ehemannes erlaubte, etwa nicht rückständig? Sie ist auch nicht auf dem aktuellsten Stand der Forschung, wenn sie behauptet, dass Maxie Wander in ihrem Band „Guten Morgen, du Schöne” „Frauen aus der DDR in ihrem eigenen Erleben zu Wort kommen lässt”. Das Buch zog in den 1970er Jahren Leserinnen und Leser in Ost und West in seinen Bann. Doch auch wenn die 19 Frauengeschichten auf Interviews beruhen, ist mittlerweile bekannt, dass Maxie Wander sehr frei mit ihrem Material umgegangen ist. Sie hat es stark bearbeitet, verschiedene Frauen sogar zu einem Porträt vermischt und sich selbst eingebracht. Doch da Anna Kaminsky mit einer gekürzten und umgeschriebenen, von Maxie Wander nicht autorisierten westdeutschen Lizenzausgabe arbeitet, kann sie die literarische Qualität des Buches nicht erkennen und kommt außerdem zu dem falschen Schluss, dass es die ostdeutsche Variante von Alice Schwarzers feministischem Bestseller „Der kleine Unterschied und seine großen Folgen” sei. Auch wenn sie viele andere Arbeiten und Statistiken zum Thema heranzieht und zitiert, so legt Kaminsky eben nicht „die erste wissenschaftliche Gesamtdarstellung” vor, wie es in einer Besprechung im Deutschlandfunk hieß. Vielmehr distanzierte sich der Ch. Links Verlag auf der Buchpremiere Mitte November von der Wissenschaftlichkeit des Buches und betonte, dass es bewusst nicht in der Wissenschaftsreihe erschienen sei. Anna Kaminsky gibt leider kein differenziertes Bild der Frauen in der DDR wieder. Dabei ist sie doch selbst lebendiges Beispiel dafür, dass und wie abweichendes Verhalten im Alltag dieser Diktatur möglich war. Eindrücklich schilderte sie auf ihrer Buchpremiere, wie sie es schaffte, ihren Sohn keinem Kindergarten anvertrauen zu müssen, sondern ihn – was für DDR-Verhältnisse sehr ungewöhnlich war – zu Hause erzog und freiberuflich arbeitete. Im letzten Kapitel streift Kaminsky die schwierige Situation ostdeutscher Frauen nach 1989 - sie verloren als Erste ihre Arbeitsplätze - und schlägt den Bogen zur Gegenwart. Einerseits lobt sie den rechtlich garantierten Anspruch auf die Betreuung von Kindern im heutigen Deutschland, andererseits präsentiert sie die DDR, in der es das dichteste Netz von Kinderkrippen in Europa gab, als Negativbeispiel staatlicher Regulierung im Bereich Frauen- und Familienpolitik. Ihr Plädoyer, „zu akzeptieren, dass weder Männer noch Frauen alles gleichzeitig und ohne Einschränkungen und Abstriche haben können. Berufstätigkeit, Kinder, Haushalt, Freizeit und Familienleben”, ist höchst unbefriedigend und passt zudem nicht zu ihrer pauschalen Behauptung am Anfang des Buches, dass die Vereinbarkeit von Familie und Beruf mittlerweile zum modernen Familienbild in der Bundesrepublik gehöre. Es sind diese Widersprüche und Pauschalurteile, die das Buch unglaubwürdig machen. Kaminsky verspielt die Chance, die Lage der Frauen in der DDR, insbesondere den Wandel ihrer gesellschaftlichen Position gerade durch ihre massenhafte Eingliederung in den Arbeitsmarkt und die damit einhergehende ökonomische Unabhängigkeit, genau zu untersuchen.“

 

Und was meinen Sie? Wie haben Sie die DDR-Zeiten und das Leben der Frauen in der DDR erlebt?

 

Inzwischen liegt „Frauen in der DDR“ von Anne Kaminsky übrigens in einer 3., erweiterten Auflage mit einem zusätzlichen Kapitel vor: Und die Schwestern im Westen? Frauen in der Bundesrepublik.

 

Bleiben Sie ansonsten weiter vor allem schön gesund und munter und der Welt der Bücher gewogen. Dieses Mal werden die nächsten Sonderangebote werden wieder mal per Eisenbahn verschickt – in der Hoffnung, dass sie auch rechtzeitig bei ihren Leserinnen und Lesern ankommen. Aber jetzt soll ja bei der Bahn alles besser werden, oder?

 

Zu diesen fünf neuen Sonderangeboten des nächsten Newsletters gehört ein weiteres Buch von Dietmar Beetz. Erstmals 1974 hatte der Erfurter Arzt und Schriftsteller im Verlag Neues Leben Berlin das Jugendbuch „Blinder Passagier für Bombay“ veröffentlicht.

Pitt und Latte, beide Schiffslehrlinge, also das, was man heute wohl „Matrosen-Azubi“ nennt, sind zum ersten Mal auf großer Fahrt. In Port Sudan, unterwegs nach Indien, kommen zwei Passagiere an Bord: ein zwielichtiger Händler und Krishna, ein Bürschchen, jünger noch als Latte und Pitt, denen er sich anvertraut und die ihm zu Freunden werden.

Er will, erfahren sie, nach Karachi, zu Kamala, seiner Tante, der einzigen Verwandten, an die er sich wenden kann, seit sein Vater verstorben ist. Wird er sie aufspüren in der großen Stadt, einer der größten auf dem Subkontinent, der in verfeindete Staaten gespalten ist? Und wenn nicht, was dann, wie weiter? Und Latte und Pitt, was steht ihnen bevor?

Dietmar Beetz, 1965 als Schiffsarzt im Indien-Liniendienst, hat ein Schicksal aufgegriffen, von dem er an Bord von MS „Berlin“ erfuhr, und so davon erzählt, wie es sich damals durchaus hätte ereignen können.

DDR-Autoren: Newsletter 10.10.2025 - Ein indisches Gericht im Hotelrestaurant, die Haifischbande bei den