Am Osttor des Hofes klopfte es vier dumpfe Schläge. Sofort sprangen die beiden Weißen auf, liefen über den Hof und öffneten das Tor. Drei Soldaten traten ein, blieben stehen und unterhielten sich mit den anderen. Danach wurde das Tor in seiner vollen Breite geöffnet. Eine Kamel-Karawane schaukelte in den Hof, beladen mit Kisten und Kästen. Zwanzig Kamele zählte Tomor.
Sie bringen noch mehr Kisten mit Patronen, dachte er. Sehr gut, je mehr sie bringen, desto mehr können wir ihnen abnehmen. Kombu wird Augen machen, wenn ich es ihm berichte.
Im Holzhaus knarrte die Tür. Auf den Schultern trugen Soldaten Kisten heraus und luden jedem Tier zusätzlich zwei zu den bereits zwei vorhandenen auf.
Tomor erschrak zutiefst. Sie bringen die Patronen fort, dachte er, die Patronen bringen sie fort, die Patronen. Was tue ich jetzt?
Ein Soldat rannte zur Palastjurte und kam mit drei Weißen zurück.
Also so ist das, überlegte Tomor, die drei Weißen waren in der Jurte des Schwarzen. Von dort kam das Lachen. Und jetzt hat ihnen einer gesagt, der Transport kann losgehen.
Das Wachtor wurde geöffnet.
Ich muss zu Kombu
Die Kamele erhoben sich, schwankten mit den schweren Lasten aus dem Hof hinaus in die Steppe. Zu den zwanzig Tragtieren gehörten zwölf Soldaten. Sie ließen keine Wache beim Holzhaus zurück. Also ist auch keine Kiste mehr drin, dachte Tomor und rutschte hinunter zum Dach.
Tauben schwirrten erschreckt aus dem Schlag. Vorsichtig kletterte der Hirtenjunge auf der Mondschattenseite über die runden Ziegel und glitt an einer Holzsäule hinab in den Hof. Jede Minute Verzögerung lässt die Karawane tiefer in die Steppe eindringen und macht die Verfolgung schwerer, dachte er. Aber er hatte auch darauf zu achten, in der Eile, mit der er durch die Gässchen jagte, nicht die Vorsicht zu vergessen. Denn wenn er einer Patrouille der Weißen in die Hände fiele nicht auszudenken! Das würde bedeuten, dass die revolutionären Abteilungen weiter unter Munitionsmangel zu leiden hätten. Achtzig Kisten Gewehrmunition waren keine Kleinigkeit.
Tomor plagte der Gedanke: Wenn ich meine Brüder nicht antreffe? Kombu hatte gesagt: In bestimmten Fällen muss jeder selber entscheiden. Gut, er hatte selber entschieden, die Möglichkeit, dass die Weißen das Häuschen räumten, war von Kombu nicht erwähnt worden. Aber was tun, wenn die Brüder nicht anzutreffen waren? Sollte er allein die Verfolgung aufnehmen? Ein Hirtenjunge gegen zwölf ausgebildete Soldaten? Und so überlegte er, was zu tun wäre, wenn er Kombu nicht im Lehmhäuschen antraf. Mit einem Dolch kann man nicht gegen zwölf Soldaten ankommen, dachte er. Soll ich ihnen in einer Schlucht auflauern und große Steine auf sie hinabrollen? Solch eine Geschichte hatte Vater einmal erzählt. Drei Hirten hatten auf diese Weise einen Spähtrupp der Chinesen vernichtet.
Endlich hatte er den Blütenhügel erreicht. Der fahle Mond blickte mit seinem Millionen Jahre alten Gesicht herab. Irgendwo trappelten Pferde. Tomor lief im Schatten der Palisade, drückte sich gegen das Holz der Lärchenstämme.
Das Tor war verschlossen.
Wer ist da?
Wenn die Tore verschlossen waren, konnte so eine Gasse zum Gefängnis werden.
Mach auf, Bruder, schnell.
Der Hof lag im Schlaf. Ein Mann führte Tomor zum Lehmhäuschen. Auf den Stufen, die zur Tür hinabführten, saß eine Frau. Sie musste eingeschlafen sein, denn als der Mann ihr etwas sagte, fuhr sie erschreckt hoch, rannte weg und schlüpfte in eine Jurte.
Hier drin sind nur drei Kinder und eine Frau. Du musst warten, sagte der Mann.
Die Frau kam mit Kombu zurück. Tomor erzählte hastig, was er gesehen hatte.
Das ist die beste Nachricht, die uns jemand in der Nacht gebracht hat, sagte Kombu. Warte.
Tomor setzte sich auf die Stufe. Hier und dort tuschelte es. Immer mehr Leute huschten aus Jurten und verschwanden in kleinen Toren.
Kombu kam zurück.