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Adam im Paradies. Erzählungen von Volker Ebersbach
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Preis E-Book:
8.99 €
Veröffentl.:
30.11.2021
ISBN:
978-3-96521-574-0 (E-Book)
Sprache:
deutsch
Umfang:
ca. 349 Seiten
Kategorien:
Belletristik/Kurzgeschichten, Belletristik/Geschichte, Belletristik/Action und Abenteuer, Belletristik/Liebesroman/Geschichte/Allgemein, Belletristik/Krieg & Militär, Belletristik/Politik
Belletristik: Erzählungen, Kurzgeschichten, Short Stories, Klassische Belletristik, Historische Liebesromane, Historischer Roman
Schiffsunglück, Liebe, Leidenschaft, Peru, Kusko, Caesar Octavianus Augustus, Imperator, Jerusalem, Rom, Pantheon, Frankreich, SS, Widerstand, Kloster, Mönch, 2. Weltkrieg
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Die Sonne ist hinter der Turmecke verschwunden. Das Fenster liegt im Schatten, der die im Gemäuer aufgespeicherte Wärme einsaugt und wenig Kühlung bringt. Die Landser springen auf; über die Holzstufen stampfen wieder Stiefel.

„Der Alte!“ Sie setzen schon mit der Kehrtwendung die Stiefelhacken in eine günstige Position für zackiges Zusammenschlagen.

Die Hacken krachen, noch während die Tür quietscht, hoch und etwas tiefer, wie das Maunzen zweier einander fixierender Katzen.

Dem Major folgt ein Mann mittleren Alters in Zivil. Einer der Posten erstattet Meldung, der Major befiehlt „Rühren!“.

„Sagen Sie dem Gefangenen“, beginnt der Major, „ich brauche kein Verhör mehr und möchte mich nur mit ihm unterhalten.“

Den Kopf vorgeschoben und halb gesenkt, blinzelt der Zivilist. Seine Nasenflügel schnuppern, seine Augen tasten in die Runde, suchend und doch allem ausweichend. Der Kollaborateur will folgsam übersetzen; doch der Major durchschneidet die ersten Worte: „Der Herr Saboteur zeigen ja keinerlei Zerknirschung mehr?“ Sein Weinatem verbreitet sich langsam zwischen den unbeweglichen Gestalten.

Der Dolmetscher schaut fragend von der Seite an ihm herauf.

„Sind wir vielleicht zur Besinnung gekommen, mein Freund?“

Der Kollaborateur fängt sich und übersetzt vorsichtig, mit milder Stimme, ein Lächeln um die ledrigen Wangen, das um Verständnis bittet, aber die Überlegenheit des Mittlers nicht aufgeben möchte, jederzeit bereit, sich unterbrechen zu lassen.

„Man singt nicht mehr, man beschimpft niemanden mehr, man gebärdet sich nicht mehr wie ein junges Böckchen, sondern steht still an seinem Fenster, telefoniert mit der Ewigkeit und bekommt treue Augen!“

Jean sieht auf seine Füße und nimmt die Unterlippe zwischen die Zähne.

„Das gefällt mir schon besser, Monsier Adler, das gefällt mir ausgezeichnet. Warten Sie nur ruhig ein Weilchen mit dem Springen, so eilig haben wir es nicht. Die Kameraden hier müssen noch auf ihre Kosten kommen, und ich will es allerdings auch! Ich habe mir speziell Sie ausgesucht. Sie sind das Objekt, das ich brauche. Solch eine Gelegenheit kommt für meine Studie über das Heldische nicht gleich wieder! Fürchten Sie nichts von der Gestapo, die haben wir jetzt nicht in erreichbarer Nähe. Außerdem bin ich hier der Herr. Sie würden mir meine Studie nur verderben. Aber bilden Sie sich darauf nichts weiter ein. Niemand außer mir hat noch ein Interesse an Ihnen. Ohne mich sind Sie überflüssig in der Welt. Ihre kleine Rotznase hat uns genug vorgesungen. Schade, irgendjemand muss ihm eingeredet haben, dass wir ihn laufenlassen, und er hatte es ziemlich eilig, und meinen Leuten gefiel das nicht, die machen überhaupt so gern krumme Zeigefinger, wissen Sie.“ Der Major spielt mit dem Revolver. „Na gut, jedenfalls kenne ich Sie jetzt besser. Ich muss sagen, mein erster Eindruck hat mich nicht getäuscht. Sie werden bestimmt funktionieren.“

Jean hört das nur von weitem. Gustave lebt also auch nicht mehr. Er stiert den gemächlich dolmetschenden Kollaborateur an. Durch jeden Satz glaubt der sich ausgezeichnet: Ich habe nur ein Herrchen, und das ist das wahre Herrchen, und es braucht nur einen Hund, und der bin ich. Der Kollaborateur kaut seine Sätze, flink die Pausen des Majors nutzend, schaut irgenwohin, ohne den Angesprochenen zu beachten, denn das wäre unter seiner Würde.

Der Gefangene verfärbt sich. Diese schmutzige Brücke zum Feind erträgt er nicht. Sein Vater hat nur deutsch mit ihm gesprochen. Umso schlimmer, jetzt diese Sprache aus dem Mund dieses Majors zu hören und sie von einem solchen Schwein in die Sprache der Mutter übersetzen zu lassen. „Verschwinde, schnell, verschwinde! Wir brauchen dich hier nicht!“

Adam im Paradies. Erzählungen von Volker Ebersbach: TextAuszug