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Die Stunde des Kondors von Jan Flieger
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Preis E-Book:
4.99 €
Veröffentl.:
09.05.2014
ISBN:
978-3-86394-484-1 (E-Book)
Sprache:
deutsch
Umfang:
ca. 70 Seiten
Kategorien:
Belletristik/Thriller/Spannung, Belletristik/Thriller/Verbrechen, Belletristik/Thriller/Politik, Belletristik/Thriller/Militär
Thriller / Spannung, Kriminalromane und Mystery, Politthriller/Justizthriller, Kriegsromane
Chile, Allende, Pinochet, Anden, Folter, Mord, Flucht, Verräter.Mut, Vertrauen
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Sardo lag im Gras unter einem Eukalyptusbaum, und er wartete auf den Jungen. Je länger der Junge ausblieb, desto unruhiger wurde er.

Paco müsste längst zurück sein. Selbst wenn er Toquito nicht gefunden hatte, sollte er auf jeden Fall eine Nachricht geben.

Was war geschehen?

Was konnte geschehen sein?

Hatte den Jungen eine Streife gefasst und ihn zum Reden gezwungen? Ein Kind war eine leichte Beute für sie. Schnell brachten sie es zum Sprechen, zu schnell.

Sardo erhob sich. Selten hatte er es bedrohlicher empfunden, das Dunkel, in dem er lebte. Auf dem weichen Boden konnten sie ganz nahe an ihn herankommen, um ihn zu überwältigen. Ganz nahe.

Warum kam Paco nicht?

Er hörte Schritte, ein Keuchen und dann die Stimme des Jungen. »Sie haben mich in einen Hühnerstall gesperrt, als ich vom Kondor sprach. Sie wollten die Polizei holen. Ich bin geflohen, aber sie werden mir folgen. Die Alte, Sardo, die Alte ist bei der Polizei!«

»Sie werden wegen eines weggelaufenen Jungen nichts unternehmen«, sagte Sardo. Er sagte es auch, um sich selbst zu beruhigen. Aber er wusste, dass sie weiter mussten, sehr schnell.

Wir werden ein Auto anhalten müssen, dachte Sardo, obwohl es äußerst gefährlich war.

Sardo kauerte sich in eine grabenartige Vertiefung am Rande eines Feldes, von der aus man ihn, wie ihm der Junge sagte, nicht sehen konnte. Paco aber sollte ihm die Autos anzeigen, die an ihnen vorbeifahren würden, sie nicht nur nennen, sondern auch beschreiben.

Aber eine seltsame Furcht hielt Sardo zurück, dem Jungen ein Zeichen zum Winken zu geben. Schon längst saßen die Männer des Geheimdienstes nicht mehr in Wagen, an denen man sie früher erkennen konnte. Sie kamen immer überraschend, keiner unterschied sie mehr von einem normalen Bürger. Sie konnten am Lenkrad eines jeden Autos sitzen, das ihnen entgegenkam. Aber hinter welchem Lenkrad saßen sie? Er sah sie nicht, weil er blind war, nur ihre Stimme würde er hören - und eine Stimme allein ...

Der Junge beschrieb einen Laster, einen ausländischen, dann einen schwarzen Personenwagen.

Aber Sardo zögerte.

Doch sie mussten weiter.

»Ein alter Gemüsewagen«, rief der Junge endlich.

»Winke!«, sagte Sardo.

Er hörte das Auto und das Quietschen der Bremsen.

»Wohin?«, fragte der Fahrer.

»Richtung Reale«, sagte der Junge und sprach von seinem Vater, der auch mit müsse.

»Gut«, sagte der Fahrer, »steigt ein.«

Sardo erhob sich. Die Aufforderung galt auch ihm.

Jetzt sieht mich der Fremde an, dachte Sardo, und das Ergebnis seiner Musterung werde ich nicht wissen, ja, ich kann es nicht einmal erraten, weil ich seine Augen nicht sehe, nicht das winzige Aufblitzen, das man als Sehender, wenn man genau beobachtet, erkennen kann. Ich bin auf den Jungen angewiesen, auf ihn allein. Und auf mein Gehör.

 

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