Jetzt ist es aus mit den Miezen!, höhnte Horstmann.
Was für Miezen?, zischte Streibele durch die Zähne.
Du weißt es genau, erwiderte Horstmann gelassen. Eine kalte Ruhe erfüllte ihn.
Sie sind wahnsinnig, schnaubte Streibele. Er wich ein paar Schritte in die Mitte des Zimmers zurück.
Das kann sein, knurrte Horstmann und hielt die Mündung der Waffe auf Streibeles Stirn. Du weißt doch, Wahnsinnige sind unberechenbar.
Streibeles Augen wurden noch schmaler. Verdufte, riet er. Das ist deine einzige Chance. Verkriech dich wie eine Maus! Du hast nichts in der Hand gegen mich! Hau ab und gib auf, sonst wirst du gejagt, egal wo du bist. Und du wirst nicht einmal wissen, wer hinter dir her ist! Streibele lachte höhnisch auf.
Und genau da geschah es: Streibele sprang Horstmann an und umklammerte seinen Hals, sodass die Waffe polternd auf den Boden fiel. Keuchend wälzten sie sich auf dem Teppich, bis es Horstmann gelang, sich aus der Umklammerung Streibeles zu lösen und nach seiner Waffe zu greifen.
Streibele sprang blitzschnell auf, stürzte zum Schreibtisch, riss eine Schublade auf und wirbelte herum.
Doch Horstmann war schneller. Er hatte bereits sorgfältig gezielt und schoss. Ungläubig sah Streibele auf die Waffe, die er in seiner Hand hielt, dann ließ er sie fallen und presste die Hände auf die Brust, während er langsam in den Knien einknickte. Dann stürzte er nach vorn.
In der eintretenden Stille vernahm Horstmann plötzlich das Klingeln des Telefons. Er erschrak, denn er wusste nicht, wie lange es schon läutete. Der Ton drang in sein Hirn und breitete sich dort aus, ohne dass er fähig war nachzudenken.
Ich muss hier schnellstens weg! Sein Verstand setzte wieder ein und er hastete die Treppe hinunter.
Vor dem Haus trat er in eine Pfütze. Ein Auto jagte an ihm vorbei, Dreckspritzer trafen ihn ins Gesicht.
Wind und Regen hatten noch zugenommen, als er, sich vorsichtig umschauend, zu seinem Auto eilte.
Erleichtert ließ er sich auf den Sitz fallen und schob den Schlüssel in das Zündschloss. In diesem Augenblick erfassten ihn von hinten die Scheinwerfer eines anderen Wagens.
Er startete, gab Gas und fuhr ohne Licht die Straße hinauf.
Doch die Lichter des anderen Wagens waren dicht hinter ihm. Sie folgten ihm also! Sie saßen ihm im Nacken.
Er raste wie ein Wilder durch das nächtliche Hamburg, ohne eigentlich zu wissen, wo er gerade war. Er raste bei Rot über Kreuzungen, fuhr über Bürgersteige, ohne das Tempo des Wagens zu verringern, in der Hoffnung, seine Verfolger abzuschütteln.
Doch die Lichter im Rückspiegel blieben hinter ihm.
Er erkannte die Lombardsbrücke, sah flüchtig das Schild der U-Bahn-Station Steinstraße und bog nun mit quietschenden Reifen nach rechts ab.
Ampeln blitzten auf, mal rot, mal grün, mal gelb. Die Welt flog an ihm vorbei.
Dann war er in der Altstadt, nahm den U-Bahnhof St. Pauli wahr. Nun wollte er dorthin, wo es nicht so viele Lichter gab, wo es dunkler war. Dort wollte er sich den Verfolgern stellen, dort sah er eine Chance für sich. Es würde sich beweisen, ob er seinen einstigen Ruf, bester Schütze der Fallschirmjäger zu sein, rechtfertigen konnte.