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Der Vierfachmord von Stötteritz von Jan Flieger
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Preis E-Book:
7.99 €
Veröffentl.:
29.03.2017
ISBN:
978-3-95655-799-6 (E-Book)
Sprache:
deutsch
Umfang:
ca. 187 Seiten
Kategorien:
Belletristik/Krimis & Detektivgeschichten/Polizeiprozesse, Belletristik/Thriller/Spannung, Belletristik/Thriller/Verbrechen, Belletristik/Verbrechen
Kriminalromane und Mystery: Hard Boiled, Roman noir, Kriminalromane und Mystery: Polizeiarbeit, Leipzig
Mord, Krimi, Polizeiarbeit, Japan, Island, Leipzig
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Nun war es Nacht, tiefe Nacht, aber im Präsidium der Polizei waren noch Räume erhellt und in einem begann Tiller, nachdem er einen flüchtigen Blick auf die Anwesenden geworfen hatte, besonders auf Ivonne, auf Raschke, auf Fischauge, auf den die Segelohren an den Kopf pressenden Lieberknecht und auf die Profilerin, die Beratung zu eröffnen.

»Wir fangen an. Ivonne will eine Bombe platzen lassen! Gleich am Anfang!«

»Und ob«, stimmte ihm Ivonne zu und ihre Augen funkelten so, als ob sie in der Bar ›Bellinis‹ einen wohlschmeckenden Cocktail schlürfte. Fischauge blickte skeptisch, Raschke rieb sich seinen Dreitagebart und schaute sie hingerissen an, Lieberknechts Kinnmuskeln begannen, intensiv zu arbeiten, nur Tiller blickte so ernst wie Friedrich II. vor der Schlacht bei Leuthen, bei der es wirklich um alles ging, denn die Zahl der Preußen war der des Feindes weit unterlegen.

Sein linkes Augenlid zuckte leicht.

»Der eine Tote, ein gewisser Sebastian Hofmann aus dem dritten Stock«, begann Ivonne Birnbaum, »ist der Mörder eines Mädchens! Er brachte eine Elfjährige in Zwickau um, da war er achtzehn und wurde nach dem Jugendstrafrecht verurteilt. Nach sechs Jahren wurde er entlassen wegen guter Führung. Seit drei Jahren lebte er in Leipzig und hatte einen Arbeitsplatz und seit einem Jahr eine feste Freundin.«

»Uff«, entfuhr es Raschke, der nun unversehens von seinem Dreitagebart abließ, auch Fischauge blickte äußerst interessiert und das linke Augenlid Tillers zuckte stärker.

»Weiter«, drängte Tiller energisch.

Ivonne nickte. »Und jetzt kommt es! Jetzt kommt die Bombe! Der Vater des Opfers, ein gewisser Michael Hauswald, der dem Täter in der Gerichtsverhandlung mit seiner Rache drohte, zog vor elf Monaten mit seiner Frau Alexandra von Zwickau nach Leipzig, um hier als Autohändler zu arbeiten! Er ist achtundvierzig und ehemaliger Fallschirmjäger. Und dem Mörder seiner Tochter wurde als einzigem der Opfer ins Gesicht geschossen.«

Tiller starrte sie äußerst überrascht an, ehe er vernehmen ließ: »Das kann natürlich auch ein Zufall sein, ein schrecklicher Zufall, denn wie soll er von der Entlassung des Täters erfahren haben?«

»Wohl wahr«, kam es von Fischauge. »Aber es gibt diese Zufälle. Er könnte einen Privatdetektiv eingeschaltet haben, der die Entlassung ermittelt hat, und so die Tat von langer Hand vorbereitet haben. Zur Ablenkung erschießt er die anderen mit, um uns, denke ich, auf eine falsche Fährte zu führen. Aus dem gleichen Grund setzte er diese Maskierung ein.«

Lieberknecht massierte sehr intensiv und ausdauernd seine Segelohren. »Wenn er das gewesen ist, müsste er ein gutes Alibi haben, nur die Ehefrau reicht da nicht. Er wird das wissen!«

»Die Welt ist ein Albtraum«, stellte Raschke kopfschüttelnd fest. Mehr wollte er nicht verraten.

»Wir vernehmen sie zu gleicher Zeit«, entschied Tiller, »aber getrennt. Sollte er es gewesen sein, haben sie sich gewiss abgestimmt.«

»Wohl wahr«, knurrte Fischauge und sah Tiller nachdenklich an, wobei seine sehr hellen blauen Augen noch weiter hervorzuquellen schienen, als sie es sonst taten. »Dann wird es eine Frage ihrer Nerven.«

»Einem ehemaligen Fallschirmjäger traue ich diese Nerven durchaus zu«, warf Ivonne ein. »Aber der Frau …«

Raschke nickte grinsend. »Du sagst es, Ivonne.«

Tiller zog die Augenbrauen zusammen.

»Ivonne und Philipp übernehmen die Frau, Werner und ich befassen uns mit dem Mann.«

»Das geht mir alles zu rasch und zu glatt«, warf Raschke ein. »Das check ich nicht.«

»Wir werden sehr bald mehr wissen«, versicherte Tiller vielsagend. »Auf jeden Fall hätte er ein starkes, ein sehr starkes Motiv.«

»Übrigens hat er einen Schrebergarten«, äußerte Ivonne.

»Den sollten wir untersuchen lassen, sicherheitshalber«, schlug Fischauge vor, »obwohl es nicht zu erwarten ist, dass er die Waffe dort versteckt. Die liegt nun sicher in der Pleiße oder in der Weißen Elster, da, wo wir sie nie entdecken, oder in einem absolut unauffindbaren Versteck.«

Raschke drehte gelassen Däumchen und schwieg vielsagend.

»Bingo«, ließ sich Ivonne vernehmen.

Tiller streifte sie mit einem missbilligenden Blick, er mochte solche Worte nicht, aber er durfte sie auch nicht verbieten, um nicht wie ein Oberlehrer zu wirken, denn diesen Ruf, das wusste er, hatte er ja schon und er wollte ihn nicht noch mehr ausbauen.

Ivonne fuhr fort: »Ich habe noch in der dritten Etage links einen Mann anzubieten, Oliver Jünger, Vermögensberater. Er war im Urlaub. Gegen ihn liegt nichts vor. Lebt nur für seine Arbeit und für seine Kunden. Und er hat ein Alibi.«

Tiller nickte. »Darf ich höflich fragen, was wir weiter wissen?«, sagte er dann, blickte in die Runde, wobei er die Arme vor der Brust verschränkte, als wäre er Napoleon in der Völkerschlacht.

»Na, Philipp?«

Raschke nickte betont dienstbeflissen.

»In der rechten Wohnung der ersten Etage wohnt der einzige Überlebende der Tatnacht. Seine Frau wurde im Hof erschossen. Und nun kommt der Knaller! Die Gute hat im Lotto gewonnen! Es war ihr Spielschein. Nun hat er das Geld allein. Und zwar alles! Er ist ein Lottomillionär. Er könnte neu durchstarten mit einer jungen Frau. Vielleicht gibt es die schon längst?«

 

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