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Kreuzwege. Roman von Walter Kaufmann
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Preis E-Book:
8.99 €
Veröffentl.:
31.12.2013
ISBN:
978-3-86394-563-3 (E-Book)
Sprache:
deutsch
Umfang:
ca. 409 Seiten
Kategorien:
Belletristik/Liebesroman/Geschichte/20. Jahrhundert, Belletristik/Liebesroman/Spannung, Belletristik/Politik, Belletristik/Geschichten vom Meer
Belletristik: Themen, Stoffe, Motive: Politik, Belletristik: romantische Spannung, Abenteuerromane, Liebesromane, 20. Jahrhundert (1900 bis 1999 n. Chr.)
Australien, Sowjetunion, Liebe, Seemann, Gewerkschaft, Kommunist, Streik, Solidarität
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Wie in den meisten Häusern hatten sich am Silvesterabend auch in Whiteladys die Familien zusammengefunden, um die letzten Augenblicke des alten Jahres ungestört zu erleben.

Die Gläser waren gefüllt, und eine erwartungsvolle Stille lag über allem. Katharine führte Ron geheimnisvoll zu ihren Eltern.

„Ich möchte euch sagen", flüsterte sie, und ihre Augen und ihr Gesicht glühten, „dass Ron und ich uns verlobt haben."

Ein kaum merkliches Erstaunen furchte die Stirn des Architekten; es war, als husche ein Schatten über sein Gesicht. „Kathy!", sagte er. Da er glaubte, das Schlimmste sei noch abwendbar, zwang er sich, heiter zu sein und einen Vers Shakespeares über ,duldendes Schweigen' und ‚müßiges Vorhersagen' zu zitieren.

„Dad!", rief Katharine.

„Schon gut, mein Mädchen, schon gut", antwortete er, küsste sie und drückte Ron die Hand. „Ich wünsche euch Glück."

In Rons Ohren klangen seine Worte nicht echt. - Und nichts, nicht Sibyl Miles herzliches: „Die Zukunft liegt in euren Händen, und ich freue mich mit euch - besonders für Katharine!" noch der Ton, in dem sie es sagte, konnte diesen Eindruck verwischen.

Die Neujahrsglocken der nahe gelegenen Kirchen begannen zu läuten, und ihre vollen Töne drangen in die Zimmer, die von Gläserklingen und fröhlichen Stimmen widerhallten. Man bildete einen Kreis, fasste sich an den Händen und sang „Auld Lang Syne". Das Lied verband die Gäste in einer neuen und besonderen Art von Geselligkeit. Aber bis zu ihrem Abschied zeigte Mr. Miles keine Absicht, die Verlobung seiner Tochter bekannt zu geben.

„Es war ein Schock für ihn", rief Katharine, als sie durch die lärmerfüllten Vorortstraßen nach Haus fuhren. „Wir müssen ihm Zeit lassen, damit er sich an den Gedanken gewöhnen kann. Ich bin sein einziges Kind."

„Ich weiß nicht, ob es nur eine Frage der Zeit ist", hatte er geantwortet.

 

Jetzt, im Sonnenlicht, auf dem Kamm des Hügels über Haybrook, wandte er sich zu Katharine.

„Kathy", sagte er zart, „ich wünsche nur, dass du dich in meiner Familie nicht fremd fühlst."

„Das werde ich nicht, das weiß ich."

„Und nichts hat sich geändert?"

„Ich will dich heiraten", antwortete sie. „Ich habe noch nie so sicher gewusst, was ich wollte. Ich liebe dich, Ron."

 

Der Weg, der vom Hügelkamm durchs Dickicht abwärts bog, führte, ehe er in die Chaussee mündete, auf einigen Umwegen zu den südlichen Ausläufern von Haybrook. Unfehlbar fuhr Ron an dem Stumpf der Eiche, an dem Fleckchen Grasland und an den drei Weiden am Fluss vorbei. An der Kreuzung hinter dem Eingeborenenlager bog er ab und fuhr langsam die vertraute Straße hinunter, an Obstgärten und Gehöften vorüber.

Nur das Geräusch des Motorrads störte die Ruhe, als sie sich der baumgesäumten Auffahrt näherten, die zur Farm von Ed Cox führte. Ron drosselte den Motor.

„... bin hierherum gefahren, um dir das Gehöft zu zeigen. Schau. Hier ist es. Erinnerst du dich?", rief er Katharine zu. Das aufgeregte Gebell eines Hundes hinderte ihn daran, weiterzusprechen. Der Hund setzte, immer noch bellend, über einen Zaun und sprang die Straße entlang, auf das Motorrad zu. Ungeachtet der Gefahr, versuchte er einen Angriff auf die Räder, verfehlte sein Ziel und wurde durch die Kraft der eigenen Geschwindigkeit in den Staub geschleudert. Ron hielt an, der Hund sprang knurrend auf, winselte plötzlich und schnellte Ron entgegen. Mit wedelndem Schwanz sprang er an ihm hoch und leckte ihm Gesicht und Hände.

Die Freude des Erkennens war ergreifend und deutete auf grenzenlosen Mangel an Fürsorge.

„Na komm, du armer Kerl, komm, komm", sagte Ron rau. „Ja, was ist denn, was ist denn?"

Er umschloss den Kopf der Hündin mit den Händen und schüttelte sie derb an den Ohren. Die Augen des Tieres wurden zu Schlitzen, und das Fell straffte sich. Es winselte.

Eine kaum verheilte Narbe über seinem linken Auge brach auf, und winzige Bluttropfen sickerten hervor.

„Hat AI dich wieder geprügelt, du armes Vieh?", fragte Ron den Hund, der sich fester anschmiegte und versuchte, mit den Vorderpfoten Halt in Rons Schoß zu finden.

„Klar, AI hat ihn geprügelt", hörten sie eine Stimme hinter sich.

Der Hund sprang zu Boden und schlich verängstigt zum Zaun zurück. Ron und Katharine drehten sich gleichzeitig um und sahen sich AI Cox gegenüber, der breitbeinig am Rand der Straße stand, die Daumen unter die Hosenträger geklemmt, die straff über seinem weißen Hemd saßen. Die Hutkrempe warf einen schmalen Schatten auf seine Augen. Ron starrte Cox an. Die Haut über seinen Backenknochen spannte sich.

„Willkommen zu Hause", sagte Cox, zog die Hosenträger nach vorn und ließ sie auf seinen breiten Brustkasten zurückschnellen. „Ein frohes neues Jahr, dir und der Dame."

Ron startete das Motorrad. Auspuffgase strömten Cox entgegen. Er trat beiseite. Ron schaute sich nach dem Hund um, der hinter dem Zaun verschwunden war.

„Du weißt doch, wie man Kerle nennt, die ihre Hunde prügeln", rief Ron durch den Motorenlärm.

„Brauchst nicht auf die Dame Rücksicht zu nehmen", schrie AI Cox zurück. „Sag's schon! Sei nicht dein Lebtag ein feiger Hund."

Ron biss sich auf die Lippen. Es war, als wäre seit dem Tag, da er Haybrook verlassen hatte, keine Zeit vergangen. „Feiger Hund, feiger Hund ..."

„Wir sehen uns heut nachmittag bei Kelly", rief er wütend. „Wenn du dann noch was willst, zeig ich's dir."

 

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