Kaum habe ich auf den Vorseiten von meinem öffentlichen Bekenntnis zu Manuel berichtet und mich verständnisvoll für die Unterstützung seines Volkes ausgesprochen, da geschieht etwas so Entsetzliches, dass ich an der Aufrichtigkeit meiner Worte zweifele und mich fragen muss, ob dieses Opfer nicht ein viel zu hoher Preis für unsere Unterstützung ist: Stefan Dörfelt ist in Mocambique konterrevolutionären Banditen zum Opfer gefallen und ermordet worden. So steht es in der Zeitung. Ich streiche die Zeitungsseite glatt und starre auf die kurze Mitteilung ..., fassungslos ..., sprachlos ..., arme Susanne!
Was wird sie jetzt tun? Kann sie überhaupt mit diesem furchtbaren Schmerz weiterleben? Ich weiß, dass man es kann und verstehe es nicht. Auch mein Vater konnte es. Aber er hatte uns. Susanne ist allein.
Ich muss zu ihr ...
In Mocambique ermordet! Wo? Auf der Station? Oder unterwegs im Busch? Stefan selbst hatte damals gemeint, der Posten auf dem Hügel in der Nachbarschaft des Apondeiro wäre unnütz, eine übertriebene Vorsicht, denn bis an die von Soldaten geschützte Station würden sich die Banditen nicht heranwagen. Ist er nun ein Opfer seiner Leichtgläubigkeit geworden? Hat er leichtfertig bestimmte Maßnahmen zu seiner Sicherheit missachtet?
Ich werde es wahrscheinlich nie erfahren. Aber es ist auch gleichgültig. Nur dass er tot ist, zählt ... Ich muss zu Susanne. Seit wann weiß sie es? Und wer hat diese furchtbare Nachricht überbracht?
Ich sehe sie und Stefan noch am Tisch im Jugendklub sitzen. Sie hielten sich an den Händen ...
In Mocambique hatte sich Stefan einen Bart wachsen lassen. Ich habe ihn jedoch nur glatt rasiert kennengelernt, weil ihn Susanne hier zu Hause nicht verwildert haben wollte. Er redete nicht viel damals, und als ich ihm keine Ruhe ließ und ihn immer wieder nach seinen Erlebnissen in Mocambique fragte, gab er nur knapp Auskunft ... Ich glaube, er wollte sich einfach nicht von mir ausfragen lassen. Um so gesprächiger war dann zum Glück für mich seine Frau, der Stefans Maulfaulheit offensichtlich peinlich war.
Mir wird bewusst, dass ich meinen Besuch bei Susanne immer weiter hinausschiebe. Sie will mich jetzt gar nicht bei sich haben, rede ich mir bereitwillig ein, wird mich gar nicht brauchen können, denn ich bin eine Fremde für sie, eine Zufallsbekannte ...
Ich weiß, dass ich mir etwas vormache.
Es ist ganz leicht, sich selbst zu betrügen.