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Die Sache mit Maria von Herbert Otto
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Preis E-Book:
7.99 €
Veröffentl.:
20.05.2020
ISBN:
978-3-95655-317-2 (E-Book)
Sprache:
deutsch
Umfang:
ca. 345 Seiten
Kategorien:
Belletristik/Liebesroman/Geschichte/20. Jahrhundert, Belletristik/Liebesroman/Spannung, Belletristik/Familienleben
Familienleben, Belletristik: romantische Spannung, Liebesromane, 20. Jahrhundert (1900 bis 1999 n. Chr.)
DDR, Kraftwerksbauer, Liebe, Bauarbeiter, Baustelle, Arbeit, Freundschaft
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Es war sieben oder acht Jahre her, dass er sich hatte überreden lassen, ein Auto zu kaufen. Er wusste nicht mehr genau, von wem.

Der alte Pobjeda war sein Dienstauto gewesen und verfiel zusehends; die Zylinder waren hoffnungslos ausgeschlagen, Radlager und Getriebe zum Teufel, die Bodenbleche durchgerostet. Er fuhr nur noch im dritten Gang und rückwärts überhaupt nicht. Aber doch kaufte Robert das Auto vom Betrieb. Für neunundsiebzig Mark. Das war der reine Schrottpreis; Papiere und Nummernschild wurden eingezogen.

Da er weder Zeit noch Lust hatte, das Wrack wieder aufzubauen, stand es neben der Baubude. Gelegentlich fragte einer, ob er nicht den Anlasser haben könnte oder die Lichtmaschine. Oder sonst etwas. Nehmt euch, was ihr wollt. Den Rest schleppte Oskar ab, der mit seinem Wagen und dem Pferd Flocke fürs Kombinat Transporte machte. Er bekam ein Fläschchen Getreidekorn extra, hatte aber längst einen Käufer, der vierhundertfünfzig Mark zahlte; Oskar feierte das, fehlte am nächsten Tag, und es hieß, die Feuerwehr habe im Morgengrauen Mann und Pferd und Wagen von der Autobahn entfernt, wo Flocke zwischen Lübbenau und Vetschau graste und spazieren ging.

Nun wieder ein Auto. Edgar, der inzwischen gekommen war und bei ihnen wohnte, lag ihm in den Ohren. Der Mensch muss beweglich sein. Ein Mann wie du. Beweglichkeit ist alles. Schnuppe gut und schön. Er kann einen Unfall machen und die Hütte in Klump fahren.

Wie stehst du dann da. Oder nachts musst du mal irgendwohin. Dringend. Also. Ich besorg dir, was du willst. Wolga oder Moskwitsch. Einen Opel, Baujahr zweiundsechzig. Musst nur sagen, was du willst. Handelszentrale. Keine krummen Dinger.

Edgar musste vermitteln, besorgen, überreden. Er konnte nicht anders und schaffte es. Bring irgendeinen. Dreihundertelfer Wartburg. Ja doch. Alles. Nur keinen Pobjeda.

Edgar erwähnte noch zwei Elektriker, die er an der Hand hätte und die sie dringend brauchen könnten, um die Schweißmaschinen instand zu halten.

Na, hol sie her, sagte Robert. Worauf wartest du?

Und Wohnung? Sie sind aus Riesa.

Da lässt sich was machen, sagte Robert. Obwohl er wusste, dass sie im Augenblick keinen Anspruch auf Wohnraum hatten und nur der Umweg über Hanna blieb, was ihm aber nicht gefiel. Er verdrängte die Sache und vergaß die Elektriker. Vorübergehend.

Um Weihnachten konnte er mit dem eigenen Auto, Baujahr fünfundsechzig, zu Marlene. Drei Tage ihrer Freischicht wollten sie zusammen bleiben. Gemeinsamer Einkauf, essen gehen, Spaziergang, bei ihr zu Hause trinken, schlafen, aufwachen, weiterschlafen, wach werden von Geklapper. Frühstücken. Beim Abwasch in der Küche trällert Mariechen. Später wegfahren, um einen Weihnachtsbaum zu finden.

Aus einer Schonung nehmen sie eine magere Kiefer mit, die sie zu Hause herausputzen. In der Küche stehen und zusehen bei Fischpfefferkuchentunke. Petersilienwurzel fehlte. Das Rezept stammte von der Oma aus Pommern, die auf einem Friedhof geheiratet hatte.

Würdest du auf einem Friedhof heiraten?

Und die vielen Gewürze auf dem Regal. Jetzt machst du die alle da rein?

Nicht alle und nicht jetzt.

Nach dem Essen noch Mohnklöße, einen Brahms anhören, trinken. Immer zusammen.

Sie schenkte ihm ein Hemd mit Streifen, was modern war und zu dem er Fleischerhemd sagte. Er schenkte ihr nichts. Nur seine Gegenwart. Drei Tage und drei Nächte lang. Er musste weit zurückgehen in der Erinnerung, ehe er auf etwas Ähnliches stieß. Mit Lisa hatte es das gegeben. Mit Elfriede. Und dann noch einmal mit Alice. Seitdem aber nicht mehr.

Er bekam eine Ahnung von Familienleben, fand jedoch nicht heraus, was ihn daran störte. Mariechen war es nicht. Sie wirkte glücklich. Mit ihren kurzen steifen Zöpfen sah sie lustig aus und besonders jung. Der Punsch, den sie machte, enthielt wieder viele Zutaten, und dass er ihn nicht mochte, enttäuschte sie. Er schmeckt wie ... Na, wie denn.

Wie Volkskunst, sagte er.

Und sie sagte: Versuch mal ein Substantiv zu bilden aus Blö und Dian.

Später bekam sie Kopfschmerzen. Nein, du qualmst zu viel. Fenster auf, und draußen der Heilige Spätabend, die Straßen und der Platz lagen wie ausgestorben. In die Kirche. Wieso Kirche. Sie kam darauf, weil sie früher mit Großmutter nachts in die Messe gingen, gelegentlich, wenn Vater guter Laune war und es zuließ. Und guck dem Pfarrer auf die Finger, beeindruckt hatten sie die Kerzen, der Geruch und die Stimmen und dass man nicht sprechen durfte. Irgendwann würde sie wieder gehen. Heute nicht.

Die Sache mit Maria von Herbert Otto: TextAuszug