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Die Suche oder Die Abenteuer des Uwe Reuss. Erstes Buch von Wolfgang Schreyer
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Preis E-Book:
8.99 €
Veröffentl.:
14.05.2012
ISBN:
978-3-86394-107-9 (E-Book)
Sprache:
deutsch
Umfang:
ca. 471 Seiten
Kategorien:
Belletristik/Action und Abenteuer, Belletristik/Familienleben, Belletristik/Geschichten vom Meer, Belletristik/Liebesroman/Aktion & Abenteuer, Belletristik/Moderne Frauen
Abenteuerromane, Familienleben, Kriminalromane und Mystery, Liebesromane
Karibik, Rauschgiftschmuggel, Waffenschmuggel, Guerillas, Piraten, USA, Eltern-Kind-Konflikt, Unabhängigkeit
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Für einen Moment stand Reuss wie gelähmt. Gina in den warmen, aber saugenden, unüberschaubaren, wuchtig aufspritzenden Wellen? Er wollte sich das nicht vorstellen, weil es dann kaum noch Rettung gab. Wann war sie verschwunden? Niemand wusste es! Figueras war außer sich, nichts mehr von dem kühlen, höflichen Ton; er schwang die Peitsche über der Crew mitsamt den Offizieren. Wer ein Fernglas hatte, dem wies er einen Sektor zu, der Rest musste das Schiff durchsuchen, bis in den letzten Winkel. Er stellte Beobachter beiderseits aufs Brückennock, den Zweiten Offizier sogar aufs Peildeck (wo es ihn fast herunterblies). Er schien zu wissen, wie klein die Chance war – die Sonne sank auf den Schaum, violette Schatten füllten die Wellentäler –, aber das spornte ihn nur noch an. Sein Fieber riss jeden mit. Reuss vergaß das Unglück und dessen Folgen, so hetzte man ihn umher mit Befehlen, die sich oft schon widersprachen. Man kreuzte im Zickzack, ohne Rücksicht auf die Ladung. Er hatte das Gefühl, Figueras verliere den Überblick, zum ersten Mal. Die Suche schien ihm wichtiger als alles Übrige, er stellte sie über die Sicherheit des Schiffs.

Bei Sonnenuntergang stoppte er alles, man hatte das Mädchen gefunden, verletzt! Sie lag bewusstlos in einer Schlucht des Laderaums, zwischen den Schweißplatten der Bordwand und den elenden Kisten. Zwei davon waren aufgeplatzt, offenbar nachträglich, während der Suchaktion, ein Berg Maschinenpistolen des canadischen Fabrikats "Sten" versperrte den Weg, und erst das Einsammeln der zerlegten Waffen mit ihren gefetteten Läufen und Schäften, Schalldämpfern und Schulterstützen legte den Winkel frei.

Als man Gina barg, hatte sie eine schwach blutende Kopfwunde, ihre rechte Hand schwoll an, gebrochen oder verstaucht, und das war, wie sich zeigte, noch nicht alles. Figueras ließ sie auf einer Trage mit größter Vorsicht in ihre Kajüte bringen (den Schlafraum seiner eigenen vorn auf dem C-Deck). Es gab natürlich keinen Arzt an Bord. Der Kapitän, ein kleiner Mann aus British-Honduras mit sehr beschränkten medizinischen Kenntnissen, nahm außerdem rechts eine Serie von Rippenbrüchen an. Seine Hauptsorge galt ihrem Kopf, solange sie bewusstlos blieb. Hoffentlich müsse sie nicht erbrechen, wiederholte er, ohne zu sagen, was das zu bedeuten habe. Figueras war verzweifelt, er fürchtete auch innere Verletzungen durch die zerdrückten Rippen, falls sie in den Brustraum spießten, durch das Rippenfell... Es wurde klar, er gab sich selbst die Schuld an ihrem trostlosen Zustand; er hatte "alle Mann in die Luken" kommandiert, als die Ladung verrutschte und der höllische Tanz unter Deck begann.

Jetzt befahl er Reuss, bei ihr zu wachen; ein vertrautes Gesicht sollte da sein, wenn sie zu sich kam. Das geschah anderthalb Stunden später, gegen acht. Gina übergab sich, wie befürchtet, und damit sie nicht erstickte, rollte er sie auf den Bauch. Anscheinend erwachte sie von den Schmerzen, die ihr das bereitete. Sie erkannte ihn; das war ein gutes Zeichen. "Ist da was schief gegangen?", fragte sie, nachdem das Würgen vorbei war. "Ist er okay – Sergio? Und das Schiff? Na, Gott sei Dank..." Sie stöhnte beim Umdrehen, klagte aber nicht; sie war immer schon tapfer gewesen.

Es gelang ihm nur, sie für ein paar Minuten wach zu halten.

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