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Die Affenstadt von Friedrich Wolf
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Preis E-Book:
0.99 €
Veröffentl.:
01.11.2024
ISBN:
978-3-68912-369-7 (E-Book)
Sprache:
deutsch
Umfang:
ca. 26 Seiten
Kategorien:
Kinder-und Jugendbuch/Action und Abenteuer/Allgemein, Kinder-und Jugendbuch/Humorvolle Geschichten
Kinder/Jugendliche: Natur- und Tiergeschichten, Kinder/Jugendliche: Lustige Romane, Kinder/Jugendliche: Kurzgeschichten
Affen, Freundschaft, Abenteuer, Menschen, Streit, Frieden, Palmen, Indien, Bambus, Fest, Humor, Natur, Weisheit, Zusammenhalt, Tierwelt, Mut, Toleranz, Steuereintreiber
6 - 9 Jahre
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In dem kleinen indischen Ort Sindahabad war ein Streit ausgebrochen zwischen zwei religiösen Sekten: welche von ihnen die heiligen weißen Kühe am Tage der Wasserweihe als erste an den Fluss zur Reinigung führen dürfe. Der Streit nahm alsbald solche Formen an, dass die Sekte des grünen Turbans die des weißen überfiel, ihre Töpfe zerschlug, ihre Hütten verbrannte und einzelne des weißen Turbans in den Fluss warf. Auch die weißen Turbanträger blieben den grünen nichts schuldig. Sie banden diese an die Schwänze der Ochsen und schleiften sie durch den Kot.

Am Rande der Stadt lebte eine große Affenherde. Sie hatte sich bisher damit begnügt, auf Palmen und Mangobäumen herumzutollen, den Menschen zuzuschauen und neugierig und gelehrig – wie Affen nun einmal sind – die verschiedensten Handlungen den Menschen nachzuahmen. So ahmten einige Äffchen alte Männer nach, indem sie sich einen Bambusstock abbrachen und, auf ihn gestützt, hustend und spuckend einherhinkten; andere wieder glätteten sich wie die jungen indischen Frauen mit Kokosmilch das Haar, hingen sich Palmenblätter um die Lenden und schlenderten Arm in Arm über die Feldwege, wobei sie singende Töne ausstießen. Das alles waren für die Affen, die es ihren erlauchten Vettern gleichtun wollten, bekannte Dinge. Jetzt aber kam ein Neues hinzu – der Kampf der beiden Sekten um die weißen Kühe.

Zwei Tage beobachteten die Affen, zu denen sich infolge des Lärms noch viele Hunderte neugierige Brüder aus den Wäldern gesellt hatten, dieses merkwürdige Spiel der Menschen. Gewiss, ab und zu hatte auch ein Äffchen dem andern schon eine Kokosnuss an den Kopf geworfen, oder ein älterer Mandrill hatte einen Kollegen, der ihm eine Banane wegnahm, zornig in den Popo gebissen oder am Ringelschwanz durch die Luft gewirbelt. Doch dass sie ihre eigenen Wohnbezirke zerstörten, ihre Bäume umrissen oder verbrannten, auf diesen Gedanken waren sie nie gekommen. Aber da die klugen und erlauchten Menschen es taten, musste wohl ein tieferes Geheimnis dahinterstecken, ein großer Spaß. Denn so etwas konnte man doch nur zu seinem Vergnügen tun.

Also begannen die Affen um Sindahabad zu Hunderten von allen Seiten in die Stadt einzudringen, um sich am Spiel der Menschen zu beteiligen. Und da sie nicht weniger stark, aber viel gewandter und spielfreudiger als die Menschen waren, gelang es ihnen, noch mehr Hütten einzureißen und mit Bambusknüppeln in gleicher Weise die grünen wie die weißen Turbane aus der Stadt zu vertreiben. Hei, wie flogen da die letzten noch unzerbrochenen Tonkrüge an die Köpfe der Menschen! Wie tanzten die Bambusstöcke auf den Rücken der grünen und weißen Turbanträger! Zu Dutzenden banden die Affen – zu denen Tausende neuer Kameraden aus den Wäldern gestoßen waren – die miteinander kämpfenden Inder an die Ochsenschwänze und jagten sie durch Kot und Schlamm.

Jetzt wollten die Menschen sich gegen die Affen verbünden; aber es war zu spät. Die Affen hatten von der Stadt Sindahabad Besitz ergriffen.

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