(1904)
Wie funkelt klar und helle
Des Sternenhimmels Pracht!
Wie flüstert hier die Welle
Des Sees zur Nacht
Aus tiefem Dunkel dringet
Ein weiches Sehnsuchtslied.
Ein Fremder einer Fremden singet
Am See, im Ried.
(1909)
Mit dampfenden Flanken stehn die Berge da,
Rauch quillt aus ihren offnen Munden,
Um Felsenfirste streicht der Häher nach dem Horst.
Die Straße, die ich wandre, greift
Mit fahlen Nebelhänden nach mir aus,
Ein Baum reicht mich dem andern weiter.
In tausend gierigen Poren saugt die Erde
Des Himmels Atem zu sich nieder,
Der wirft ein golden Blatt im Taumel unter
meinen Fuß
Um Felsenwände klagt des Hähers Ruf.
Schon rückt das Dunkel gegen mich heran
Und lauert mir an allen Pfaden auf,
Die Sträucher stehen, Mönche im Gebet erstarrt,
Gleich einem Riesen liegt das Land.
Und da
Das Flimmern eines Auges aus gesenkter Wimper
Bricht die Nebel.
Licht?
Nein, dieser Schatten ist ein Riesenhaupt
Gelobt sei Jesus Christ
Ein Haus!
In schweren Garben stürzt das Licht aus einer Lampe;
Und eine Frau, im goldnen Netz umsponnen, steht
Und schneidet Brot.
Rings die Familie, zinnerne Becher, ein kleiner Junge
Hält seine Hand auf zu der Mutter und dem Brot,
Nur eine Katze noch zum Knäul gerollt vor der beschlagnen Scheibe.
Da trägt mein Schritt mich aus dem Schattenriss der Frau.
In breiten Garben fällt das Licht jetzt auf die Straße
Und wieder Nacht.
Ein letztes goldenes Korn nur
Rinnt in dem Spiegel der Gosse mir nach.
Bergheide und ich mitten darin. Ganz darin versunken in die krausen Schöpfe der Erika, und um mich nur das Schwarz-grün ihrer Haare. Die Sonne fällt durch die hellen Blüten wie ein Geschmeide. Sonst kaum welche Störung dieser schweigenden Andacht. Vielleicht das sterbende Braunrot der Heidelbeeren, das weiche Blond der Wiesenhalme, aber sonst auch nichts. Die Sonne steht auf Mittag. Eine wohltuende Schwermut liegt über dem Land. Als habe der Himmel seine Hand beruhigend auf die Berge gelegt.
Und doch greift mein Auge nach der Sonne und schließt sich.
Immer noch Kind, das seine Hand streckt nach dem blinkenden Ball?, lächelt meine Seele.
Immer noch!
Und ein Gewölbe mit tausend Wänden schallt die Antwort zurück: Gibt es denn einen, der nicht
Wenn ich ihn wüsste, ich wollte mit ihm steigen auf diese Bergheide, ihm das Land rings zeigen, das in breiten Würfen gegossen liegt, wie von der Hand eines glücklichen Sämanns, das starke Land des Hohen Venn bis zu den Ardennerbergen drüben im Belgierland.
Und die Sonne, die ihr Gold um jede Scholle legt.
(1909)
Weißt du noch, wie wir talab gefahren,
Den Wind und Schnee vom Saus in den Haaren,
Die Dauben sich an den Kurven bogen,
Die Flocken flogen,
Die Herzen flogen
Hoch höher über der Berge Joch,
Weißt du das noch?
Nicht bremsen!, das kam wie aus einem Munde,
Aus einem Herzens- und Wesensgrunde.
Jetzt da du andre Berge erstiegen,
Nicht zielwärts kriechen,
Nein zielwärts fliegen!
Wie damals nicht bremsen! Lasst los am Start,
Von mir ein Heil und volle Fahrt!
Gleich einem bösen Witze hängt der Mond an der Kirchturmspitze, so kreidebleich und groß, und macht mir meine beiden jungen unerfahrenen Pappeln namenlos bang.
Der Strom drunter lang ist diesen schlechten Witz vom Mond schon gewohnt. Auch die grauen Silhouetten der steinalten Bergesketten rauchen nur amüsiert ihre Nebelpfeifen und beugen sich dem Land zum Schlaf.
In graziösem Lichtstreifen zeichnet sich die Brücke zum andern Hafenufer.
Fonografenwalzer, die Schnalzer und Rufer der Burschen zerbrechen von drüben die breite Nebelschicht.
Dann noch eines Ankers Fallen und über allen Schatten wie ein ernstes sinnendes Angesicht der tiefblaue Sternhimmel.
(1909)
Rhein, Rhein! Das sind Deine Wellen,
Das ist des Niederwalds Thron,
Und das sind Deiner schnellen
Möwen Flüge schon,
Dies Deine wallenden Nebel
Und auch das alte Signal,
Wenn die Anker knarren im Hebel
Und das Schiff abstößt zu Tal,
Und dies der Anschlag der Zungen
Und der feurigen Reden Lauf
Rhein, Rhein nimm Deinen Jungen
In Gnaden wieder auf!
Wasser bleigrau und schwarz der Schiefer,
Weinlaub welkgrün am Felsensprung,
Und die Weihnacht rückt immer tiefer
In die sinkende Dämmerung.
Schiffe lassen die Ruder rasten,
Flaggen hängen müde am Knauf,
Hoch von allen Rahen und Masten
Leuchten Weihnachtskerzen auf.
Das Land ein Federstrich
Und nur des Himmels Ragen,
Die Luft vom Wind gefegt
Und nur der Möwen Flügelschlagen.
Brause, Strom!
Seid ja des Meeres alle.
Spürt ihr den Meister
Im salzigen Sturmhauch nicht?
Sprühn seine Werbegeister
Nicht auch dir?
Ja ja, ich komme, Meer!
Zerbrich die Küste,
Die mich noch hält!
Nur deine stärksten Wellen rüste mir,
Meer!
(1910)
Das Kupfer meiner Lampe flammt empor:
Petschaft und Feder, glanzmetallne Kanten,
Ein Glas-Kristall um dunkler Nelken Blut,
Windstoß!
Ein Falter lichtgetroffen fällt auf mein Papier,
Windstoß!
Da stürzt die Flamme jäh in ihren Kelch
Zurück in Nacht.
Und alle Dinge fallen von mir ab
Und legen sich in dunklen Mänteln nieder,
Der Regen trommelt auf den Fließen
Wie auf gedämpften Fell ein Totenlied,
Windstoß!
Was stöhnt ihr alten Bäume
Und lasst die Früchte durch die Äste brechen,
dass ich erschreckt zusammenfahre? Windstoß und
Totenstille
Kein Hund heult mehr in dieser Nacht
Und keine Kette klirrt, warum?
Warum nur Regenfallen, Früchtefallen und Warten
Warten bis der Wind die Zweige knickt
(1911)
Hoch trage deinen Blick durch diese ragenden Kolonnen,
Du spürst den Wuchs im eigenen Genick,
Den Wuchs der steilen Pappeln,
Und die Sonnenfeuer
Durch Wolken lodern.
Und spürst den Takt aus dieser schlanken Zeile
Des Weges jach durch deine Glieder schlagen
Und greifst den Takt,
Nimmst Schritt, den Kopf ins Steile
Emporgeworfen
Am hohen Himmel jagen noch
Die weißen Möwen.
(1911)
Schmeiß ein Wort über Bord, das
von jeher als Hort
Allem Jammergelappe gegolten!
Was da schal und banal, heißet sentimental
Bei den Halben, die immer nur wollten!! -
Glaube nicht, was man spricht, dass ein
schmelzend Gedicht
Deine Traute versetzt in den Himmel,
Ist sie's wert, nimm ein Schwert,
setz sie vorn auf dein Pferd,
Dann Galopp übers Tantengewimmel!
Lass sie schrein, sie ist dein,
es ist alles nur Schein!
Drück dem Gaul den Sporn an die Rippe;
Ob sie grollt, ob sie schmollt,
ach, wie bald wird sie hold
Und gefügig, die zornige Lippe!
Ob die Welt nicht umbellt, ob's den
Muckern gefällt
Oder nicht reit fort zu den Sternen!
Nur den Blick nicht zurück, denn es
rollet das Glück
Immer vorwärts in fliehende Fernen!