Nun muss ich mit ein paar Worten meine Großmutter vorstellen. Sie stammte aus Schierstein bei Eltville, eine echte Rheinländerin, voller übersprudelnder Lebensfreude, voller Güte und Gebelust. Ihre Zunge saß so locker wie ihre Hand. Schimpfen konnte sie, aber auch singen. Noch mit sechzig Jahren sang sie mir abends, während die alten Linden in das Schlafzimmer hineinnickten, alle Arien aus dem Troubadour, der La Traviata und dem Rigoletto. Ich war ihr Liebling. Als sie einmal erfuhr, dass mein Lehrer mich mit dem Stock über den Kopf geschlagen hatte, ergriff sie die Küchenaxt und rannte durch die Stadt zur Schule: Unter dem Hallo der Kinder musste der Lehrer durchs Fenster flüchten. Mich selbst aber ihr Fritzje hatte die Großmutter noch nie geschlagen.
Und jetzt hatte sie mir zwei gewaltige Ohrfeigen verpasst und Pfui Deuwel! zu mir gesagt. Auch meine Kameraden waren sprachlos. Meine Großmutter war bereits zu den Fremden getreten und redete lebhaft auf sie ein. Plötzlich setzte sich der Trupp der fragwürdigen Männer und Frauen in der Richtung auf unser Haus in Bewegung. Meine Großmutter und ich, den sie fest an der Hand hielt, marschierten an der Spitze; die anderen Jungens bildeten die Nachhut. So kamen wir zu unserem Haus.
Die Großmutter forderte alle auf, einzutreten, auch meine Kameraden, die etwas zaghaft folgten. Dann wurden überall in den Schlaf- und Fremdenzimmern Waschbecken mit Seife, Handtüchern und frischem Unterzeug hingestellt. Die Jungens und ich, wir mussten auf Befehl der Großmutter Obst vom Speicher holen, Wein und Eingemachtes aus dem Keller. Sie selbst schaffte das feinste Tischleinen und Geschirr heran. Die Fremden aber wurden in den Garten geschickt, sich etwas auszuruhen.