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Wibald der Mönch von Heinz-Jürgen Zierke
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Preis E-Book:
8.99 €
Veröffentl.:
15.04.2015
ISBN:
978-3-95655-290-8 (E-Book)
Sprache:
deutsch
Umfang:
ca. 428 Seiten
Kategorien:
Belletristik/Geschichte, Belletristik/Politik, Belletristik/Action und Abenteuer, Belletristik/Krieg & Militär
Abenteuerromane, Historischer Roman, Belletristik: Themen, Stoffe, Motive: Politik, Kriegsromane
Kaiser Friedrich I. Barbarossa, Heinrich der Löwe, Venedig, Beatrix von Burgund, Papst Alexander III., Mailand, Schisma, Pavia, Abenteuer, Christentum, Drama, Geheimnis, historisch, Krieg, Militär, Mittelalter, Politik, Spannung, Tod und Sterben, Tragödie, Überleben
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Diese leisen, kaum geflüsterten Worte ließen Benedikt erzittern. Alda warf den Umhang ab und rückte zur Seite. Keiner sah ihn an. Er senkte den Kopf. „Verzeiht, Brüder, der Hunger.“

Der Hunger konnte wohl eines Mannes Sinn verwirren, aber hungerten nicht alle? Gestern Abend hatten sie sich zu neunt zwei Rüben geteilt und seitdem nur Ampfer und Mäuseklee gekaut. Bei dem Unwetter konnte Theresa nicht einmal eine Brühe aus Melde und jungen Nesseln kochen, die dem Magen das Gefühl der Völle vortäuschte. Nirgends gab es trockenes Holz.

So blieb ihnen nichts, als dicht an dicht zu hocken, um sich gegenseitig zu wärmen und zu versuchen, trotz des Hungers, der Grelle und des Lärms zu schlafen. Alda saß neben Wibald, Seite an Seite, aber er wagte es nicht, auch nur ihren kleinen Finger zu streicheln.

Erschöpft von den Mühen des Marsches, schlief er ein. Als es erwachte, lehnte er allein gegen den kalten Stein. Das Gewitter war vorüber, der Regen rauschte noch immer. Er hörte Stimmen, ganz nahe, doch so leise, dass er kaum ein Wort verstand, soviel begriff er, sie sprachen über ihn. Da legte er die Hand zum Trichter ans Ohr.

„Ein Baalsdiener! Papst oder Kaiser, der eine wie der andere setzt sich selbst zum Herrn über die Geschöpfe Gottes.“

„Sein Mönchskleid ist unser bester Schutz.“

„Wenn’s an Kutte und Kapuze liegt, wir haben dieselbe Statur.“

„Nach deiner ersten Predigt sammeln die Kinder Holz, die Knechte begießen den Stapel mit Pech und Harz, und die Mägde reißen brennende Scheite ...“

„Haltet ein!“, schrie Alda gellend auf, und alle verstummten.

„Lasst uns wieder nordwärts ziehen!“, schlug Eilaert nach einer quälenden Pause vor. „Im Norden leben die Menschen von jeher karg, dort macht ein schlimmes Jahr die Herzen nicht härter.“

„Geduld, Brüder, ein wenig Geduld noch! Am nächsten Kreuzweg schwenken wir rechts ein, und übermorgen sind wir im gesegneten Tal des oberen Rheins, wo noch nie Mangel herrschte.“

„Darin Milch und Honig fließet.“ Pieter schmatzte hörbar.

„Dennoch, der Mönch muss fort! Wir sind zu viele Esser und zu wenige Ernährer. Was bringt denn all unser Mühen, unsere Kunst? Wenn ein täppischer Bauernbursche einen Knust Brot, den er seiner Mutter stibitzt hat, unserer Alda ins Mieder steckt, dann nicht wegen ihrer Lieder.“

Wibalds Ohren brannten. Warum wehrte das Mädchen die frechen Anwürfe nicht ab? Warum spie sie dem Breitnasigen nicht zwischen die Augen? Warum nicht?

„Bald wird noch ein Esser mehr sein“, sagte Theresa leise.

„Weiberschicksal! Das kann auch Alda leicht blühen.“

Wibald presste die Handballen auf die Ohren. Er sprang auf und stürzte hinaus in den Regen, lief, sprang, rutschte, stolperte, raffte sich auf, blieb hängen an einer Wurzel, kippte seitlich weg, kollerte den lehmigen Hang hinunter.

 

Wibald der Mönch von Heinz-Jürgen Zierke: TextAuszug