Doch in der ersten Nacht in "unserem" Haus kamen mir solche abschweifenden Gedanken nicht. Es wäre sogar lebensgefährlich gewesen, ihnen nachzuhängen. Wir waren entschlossen, den Kampf zu bestehen; nicht ein Stein sollte dem Gegner in die Hände fallen. Für einen Moment verließ ich meine Stellung, um mich bei Tschernogolow nach der Lage auf der Rückseite zu erkundigen. Er berichtete, von den üblichen Schießereien abgesehen, gäbe es keine besonderen Anzeichen für einen Angriff. Ich wusste natürlich, dass man ihn trotzdem nicht ausschließen konnte, aber ein Kämpfer mehr am Hauptgefahrenpunkt ist von großem Vorteil. So ging ich ein bewusstes Risiko ein, als ich mich entschloss, Tschernogolow von seinem Posten abzuziehen und ihn auf unserer Etage einzusetzen. Er nahm meinen bisherigen Platz ein und ich einen Feuerpunkt in der zweiten Etage, den ich in aller Eile ausbauen musste.
Von da aus konnte man die gegnerischen Soldaten gut sehen, da der Himmel brannte. Sie gingen langsam, aber methodisch überlegt vor; auch beim Kriechen veränderten sie die festgelegte Ordnung nicht. Es war höchstens ein Dutzend. Also waren die Kräfte gegenüber wohl nicht so stark, wie wir zuerst angenommen hatten. Doch ich musste vorsichtig mit solchen Spekulationen sein; es zählt nur das, was man genau weiß!
Nun lösten sie sich von der Erde. Springend kamen sie näher, die Maschinenpistolen im Anschlag.
Jetzt! Der Augenblick war gekommen. Meine Genossen warteten auf mein Signal. So begann ich mit einer langen Garbe aus der MPi, die anderen folgten sofort. Da unser Feuer für die Angreifer schlagartig kam, waren sie verwirrt. Wir hatten lange Zeit zum Zielen gehabt, und die Wirkung war auch dementsprechend. Die übrig gebliebenen Faschisten warfen sich nieder und versuchten sich zu schützen. Die Unebenheiten und umherliegenden Gegenstände waren aber dafür nicht ausreichend, und so mussten sie sich zurückziehen. Noch einige kurze Garben hinterher gejagt, und sie waren verschwunden. Sieben ihrer Soldaten blieben auf dem Platz unbeweglich zurück.
Plötzlich war eine ungewohnte Stille eingetreten, eine Pause im Kampf. Das war selten in dieser lärmdurchtobten Stadt. Aus der gegnerischen Stellung kam kein Schuss mehr. Wir durften das natürlich nicht überbewerten, aber es brachte zuerst einmal Erleichterung. Schon spielte ich mit dem Gedanken, dass sich zwei meiner Genossen zum Schlafen hinlegen könnten, da machte Alexandrow wieder Schatten aus. Er hatte ungewöhnlich scharfe Augen.
Hatten sie noch nicht genug? Sicherlich wollten sie ihre Schlappe von vorhin wieder auswetzen. Unser Vorteil bestand darin, dass die anrückenden Soldaten das Gelände nicht so genau kannten wie wir. Zahlenmäßig waren sie uns überlegen. Ich weiß nicht genau, wie viele es waren, aber jedenfalls nicht weniger als beim ersten Angriff. Unsere Taktik blieb die gleiche, wir ließen die Angreifer diesmal noch näher heran, dann schlugen wir los. Alles wiederholte sich wie beim ersten Mal. Sie kamen nicht weiter, weil wir gezielt schossen. Wieder gab es Tote; und die unversehrt Gebliebenen versuchten zwar, erneut zum Angriff vorzugehen, doch das war aussichtslos für sie. Ihr Offizier wollte als erster zum Sprunglauf ansetzen. Als er sich erhoben hatte und einen anfeuernden Ruf ausstieß, fiel er auch schon. Die anderen blieben danach in Deckung.
So verging die erste Nacht, und sicherlich würden die Angreifer bald eine andere Taktik einschlagen. Tschernogolow musste wieder auf seinen alten Platz an der Hofseite wechseln. Ich war beunruhigt, dass auf Kalinins Meldung bisher noch keine Reaktion des Kompaniechefs erfolgt war. Warum schickte er uns keine Verstärkung? War Kalinin nicht durchgekommen?