Die Kurfürstin und spätere Königin mag es schwer gehabt haben, sich in Berlin heimisch zu fühlen. Nachdem der wenig geliebte Schwiegervater gestorben und ihr Gatte Friedrich III. mit den Geschäften einer ungewohnten Regierung beschäftigt war, hatte sie Gelegenheit, in Caputh, viele Kilometer von Berlin entfernt, ein zweites Herrenhausen einzurichten. Doch sie war noch fremd, nicht allgemein anerkannt, der Ort lag einsam, Potsdam war noch nicht einmal Garnisonstadt, Gäste kamen kaum hierher, und so waren einige Jahre ihrer Mühen vergebens. Über diese Zeit ist wenig bekannt, weil es sicherlich auch wenig Mitteilenswertes zu vermelden gab. Schließlich gab sie ihren Sitz zurück und verlangte einen anderen, der näher an Berlin gelegen war.
Ein Baugrund wurde gesucht und auch 1694 nordwestlich von Berlin beim Dorf Lietze gefunden. Die Lage war günstig, das Stadtschloss etwa eine Meile entfernt. Auch per Wasserweg war eine Anbindung vorhanden. Als Baumeister wurde der erfahrene Johann Arnold Nering bestimmt, ein Mann alter Schule, bewährt schon beim Großen Kurfürsten. Von ihm stammt der Grundriss der Lietzenburg, den Bau konnte er nicht mehr ausführen. Sein Nachfolger, Martin Grünberg, setzte die vorhandenen Pläne um, er war sicher kein Mann großer Inspirationen, beherrschte aber das Handwerk. Hinzugezogen wurde noch der schwedische Architekt Tessin, der gutachterliche Vorschläge unterbreitete, die jedoch letztlich nicht berücksichtigt wurden.
Anfänglich war das Schloss nur für eine Sommerresidenz geplant, Sophie Charlotte wollte mit ihrem Hofstaat die warme Jahreszeit hier verbringen, im Winter zog man wieder ins Stadtschloss. Bald aber verlangte sie ein Schloss für alle Jahreszeiten. Ihr Wunsch bedeutete den Ausbau des ursprünglich sehr klein angefangenen Lusthauses. Das 1699 eingeweihte Schloss blieb nun weiterhin Baustelle, der östliche Seitenflügel musste mit dem Kernbau organisch verbunden werden. Die Gelder standen anscheinend ohne Einschränkungen zur Verfügung. Eosander, der Grünberg nachfolgte, baute allerdings am Ostflügel nicht mehr mit, er ging ins Ausland auf eine Studienreise. Als er sich in Paris gründlich umgesehen hatte, wurde er zuerst nach Oranienburg geschickt.
Die Wünsche der Königin zu einer großen Erweiterung der Neringschen Pläne waren noch nicht ausgereift, wahrscheinlich war sie unsicher und beriet sich mit Personen ihres Vertrauens aus der Hannoverschen Heimat. Ende 1701 war es dann soweit, wieder baute Eosander das Modell, und es zeigte sich, dass seine Auffassungen ebenso stark vom französischen Vorbild geprägt waren wie die ihren. Die Reise nach Versailles hatte sich ausgezahlt. Da sich aufwendige Bauten damals wie heute hinzogen und immer wieder in Details korrigiert oder ergänzt wurden, blieb keine andere Wahl, als ihren Musenhof trotz der Bauarbeiten zu halten. Die kurze Abfolge von vier Architekten bedeutete auch immer wieder Verzögerungen und Diskussionen um Auffassungen und Änderungswünsche. Als sie entschied, nicht im Obergeschoss, sondern zu ebener Erde zu wohnen, bedeutete das, eine geplante Freitreppe aufzugeben und damit die Ansicht der Schlossfront zu ändern, die Treppe musste ins Innere verlegt werden. Erst im Jahr 1713, zum Tod des Königs, war der Bau abgeschlossen. Der Turm war 1710 gebaut worden. Eosander hatte auch die Wünsche des Königs erfüllt, nachdem dieser das Schloss nach dem Tod seiner Gattin Sophie Charlotte zu seiner eigenen Sommerresidenz ausbauen ließ.
Mit dem Bau hatte sich Sophie Charlotte endgültig als Autorität nicht nur im protokollarischen Sinn - das war sie ohnehin kraft ihrer königlichen Stellung -, sondern auch als gestaltende Persönlichkeit durchgesetzt. Ihr Schloss wurde nach ihren gut durchdachten und mit Beratern abgestimmten Zwecken aufwendig gebaut. Bevor an die Stelle des kleinen Caputh die imponierende Lietzenburg treten konnte, musste allerdings ein guter und treuer Diener auf ihr Betreiben hin seinen Platz räumen, Eberhard Danckelmann. Der kühl rechnende Mann hatte seine eigene Meinung über eine sorgsame Finanzwirtschaft im Interesse seines Landes, dafür war er praktisch der Regierungschef, und deshalb lehnte er das Betreiben der Königswürde ab. In diesem Punkt irrte er, aber der ungeahnte, unpreußische Prunk, den Friedrich I. damit verband und den er kommen sah, war unbezahlbar, und darin hatte er mit seiner Kritik recht. Aus dem gleichen Grund lehnte er auch neben dem Schlossbau in der Stadt einen zweiten, sehr aufwendigen Bau ab, er wusste, dass das Land diese Kosten nicht tragen konnte.