Dieses Buch hat eine traurige Geschichte. Denn es wurde zu DDR-Zeiten eingestampft. Und zwar auf persönliche Weisung von Erich Honecker. Der hatte es auf dem berühmt-berüchtigten 11. Plenum 1965 namentlich verdammt. Im Neuen Deutschland vom 16. Dezember 2015 schrieb Günter Agde unter der Überschrift Ende des Aufbruchs. Ein übersehenes Opfer des Kahlschlag-Plenums 1965: der Roman Sternschnuppenwünsche von Gerd Bieker:
In seinem Politbüro-Bericht zum 11. ZK-Plenum 1965, dem sogenannten Kahlschlag-Plenum, fällte Erich Honecker über mehrere literarische Arbeiten, die mit unserem sozialistischen Lebensgefühl nichts gemein haben, ein vernichtendes Urteil. Dazu gehörte auch Biekers Roman.
Honeckers massiver Angriff auf dem Plenum habe sich vor allem gegen jüngere Schriftsteller und Filmemacher gerichtet, die glaubten, offen und streitbar Widersprüche im DDR-Leben gestalten zu können. Dazu gehörte auch der Debütroman des 28-jährigen Autors Gerd Bieker, der in Karl-Marx-Stadt (heute Chemnitz) lebte. Sein Buch war zwischen dem 20. August und dem 30. Oktober 1965 komplett in der auflagenstarken FDJ-Tageszeitung Junge Welt in Fortsetzungen vorabgedruckt worden. Inmitten des Vorabdrucks verlangte Honecker wegen gestalterischer Mängel den Abbruch.
Bieker erzählt in einer munter-lockeren Sprache eine kleine, weithin alltägliche Geschichte: Der junge Buchdrucker Ede Hannika kommt aus einer vogtländischen Klitsche in die Stadt, gerät in eine spröde Liebesbeziehung zu dem herb-klugen Mädchen Maria und fühlt sich am wohlsten mit Gleichaltrigen, die mangels anderer Gelegenheiten abends immer an einer Litfaßsäule herumlümmeln und sich ironisch-überheblich Meute nennen. Aber Ende gut - alles gut: Die Meute wird bekehrt, weil Ede zusammen mit ihr einen attraktiven Verbesserungsvorschlag realisiert. Ede bekommt seine Maria. Im Grunde also ein Entwicklungsroman der eher bescheidenen Art, ein Stück Ankunftsliteratur. Jedoch ließ Bieker keinen Zweifel, dass es zwischen diesen sehr verschiedenen jungen Leuten und ihren Eltern, Meistern, Funktionären etliche Widersprüche gibt, die so schnell nicht zu lösen waren, wie viele es sich damals wünschten.
Bieker habe seinen Roman mühevoll überarbeitet und die immer neuen Wünsche von FDJ-Zentralrat, der HV Verlage und des Verlags berücksichtigt. Das Buch erschien 1969 in überarbeiteter Fassung - ohne die ursprüngliche Frische des Debüts, bis 1989 gab es noch neun Nachauflagen. Diese Fassung liegt auch dem E-Book zugrunde.