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Wenn eine Lokomotive singt oder Lächeln beim Lesen – Sechs E-Books von Freitag bis Freitag zum Sonderpreis

 

(Pinnow 11.11. 2016) Man sagt, das Schönste, was einem Menschen nach seinem Tode passieren kann, sei, dass man lächelt, wenn man sich seiner erinnert. Das gilt selbstverständlich auch für Schriftsteller und für deren Werk. Vielleicht etwas leichter als eher ernst schreibende Kollegen haben es da jene Autoren, die auch humorvolle Texte hinterlassen haben – wie der erst Ende Oktober leider ziemlich einsam verstorbene C.U. Wiesner, der Erfinder des Berliner Frisörmeisters und Kommentators der kleinen und großen Welt Kleinekorte, wobei die beiden Buchstaben C.U. für die beiden Vornamen Claus und Ulrich stehen – nicht von Kleinekorte, sondern von Wiesner. Jener wurde übrigens im letzten Monat der Weimarer Republik, am Neujahrstag 1933, in Brandenburg geboren und verfasste in der DDR vielgelesene, weil humorvolle und mitunter recht überraschend kritische Texte. So wunderte sich ihr Verfasser später selber, dass solche Texte wie „Zitronen aus Kummersbach“ oder „Spuk auf der Lichtung“ dem Zensor durch die Lappen gingen.

 

Auch diese beiden, zunächst in der Satirezeitschrift „Eulenspiegel“ veröffentlichten Texte lagen erstmals 1974 zusammen mit 23 anderen Kurzgeschichten unter dem Titel der den Band eröffnenden Geschichte „Die singende Lokomotive“ im Berliner Eulenspiegel Verlag vor. Das E-Book „Die singende Lokomotive“ ist der erste von sechs aktuellen Deals der Woche der EDITION digital, die im E-Book-Shop www.edition-digital.de acht Tage lang (Freitag, 18.11. 16 - Freitag, 25.11. 16) zu jeweils stark reduzierten Preisen zu haben sind.

 

In diesen Texten von C.U. Wiesner geschehen komische, skurrile, alberne und abgründige Dinge. So verabredet sich ein unglücklich verliebter junger Mann mit der Dame seines Herzens zum Schlittschuhlaufen, obwohl er noch nie solche Eisen unter den Sohlen gehabt hat. Ein paar neunmalkluge Männer machen eine bahnbrechende Erfindung, mit der man sich das Rauchen abgewöhnen könnte. Und in Leipzig und zwar vor der Thomaskirche steigt Johann Sebastian Bach von seinem Sockel, um mit ein paar Musikstudenten nächtlicherweile zu jazzen. Apropos Musik: Da ist natürlich noch die bereits erwähnte eingangs- und titelgebende Geschichte von der Lokomotive, die es sich in den Schornstein setzte, das Singen zu erlernen. „Immer wenn sie des Abends in ihren Schuppen gesperrt wurde, begann sie leise zu üben. Sie hatte sich ein besonders schönes Lied ausgedacht. Es enthielt alles, was sie auf ihren Fahrten aus den Transistorradios aufgeschnappt hatte: Ein bisschen Beat, ein bisschen Walzer, ein paar Takte Herbert Roth und ein paar Töne von Frank Schöbel, zwei Kinderreime und einen halben Wirtinnenvers (den kannte sie vom Quarmbrücker Stationsvorsteher), eine Zeile aus einem Shanty und den Kehrreim aus einem Pionierlied, und dazu wollte sie leis mit dem Glöckchen was Russisches bimmeln.“ Aber es sollte nicht dazu kommen. Warum nicht? „Leider ist aus alledem nichts geworden“, erfahren wir vom Autor. „Kurz vor ihrem musikalischen Debüt wurde die kleine Lokomotive außer Dienst gestellt, denn ihre Strecke hat sich als veraltet und unrentabel erwiesen. Heute verkehren nur noch Autobusse zwischen Hoppenstedt und Quarmbrück. Da niemand wissen konnte, dass es sich um die einzige singende Lokomotive der Welt handelte, sollte sie verschrottet werden. Um das zu verhindern, habe ich die zuständige Reichsbahndirektion gebeten, mir die kleine Lokomotive wenigstens als Titel und Zugkraft für meine fünfundzwanzig Kurzgeschichten zu überlassen. Nun warte ich geduldig auf Antwort“, schloss C.U. Wiesner die erste seiner 25 Kurzgeschichten. Und wenn das kein dafür Beweis ist, dass man lächeln muss, wenn man ihn liest …

 

Eher härter zur Sache geht es dagegen in zwei Büchern von Jan Flieger zu. So weiß sich Hauptmann Kellermann, der stellvertretende Leiter der Morduntersuchungskommission, in dem erstmals 1986 im Mitteldeutschen Verlag Halle veröffentlichten Krimi „Tatort Teufelsauge“ anfangs keinen Rat. Am dem so bezeichneten, abgelegenen dunklen Tümpel im Wald haben spielende Jungen die Leiche eines siebzehnjährigen Mädchens entdeckt. Routiniert laufen die Ermittlungen an. Zugleich stellt sich heraus, dass das Mädchen als vermisst gemeldet worden war. Trotzdem gestaltet sich die Suche nach dem Täter so kompliziert, wie es sich Hauptmann Kellermann schon am Teufelsauge gedacht hat. Zumal die Obduktion der Toten für die Kriminalisten auch noch eine Überraschung bringt …

 

Ein Jahr später erschien ebenfalls im Mitteldeutschen Verlag das Buch „Die Hölle hat keine Hintertür“ mit zwei sehr spannenden Kriminalerzählungen von Jan Flieger aus dem Jahre 1987. In der Titelgeschichte geht es um einen Unfall, in dessen Folge ein junger Mann noch im Krankenwagen stirbt, ohne das Bewusstsein wiedererlangt zu haben. Den Polizisten fallen einige Unstimmigkeiten auf. Offenbar muss ein Auto den Mann noch einige Meter mitgeschleift haben. Aber so sehr die Kriminalisten auch suchen, sie können kein Auto finden, das für diesen Umfall infrage kommt. Es scheint wie vom Erdboden verschwunden zu sein …

 

Die zweite Geschichte beginnt mit einer verzweifelten Frau, die sich an einem Sonnabend um11 Uhr 45 an einen Polizisten im Volkspolizeikreisamt wendet: „Meine Töchter sind weg.“ Sie habe sie am Freitag um 16 Uhr 15 mit den Fahrrädern von Friedebach nach Kleinen zum Bruder geschickt, wo sie die Nacht verbringen sollten, weil sie selbst in die Oper gehen und erst am nächsten Vormittag zurückkehren wollte. Dabei mussten die Mädchen durch den Wald fahren. Am nächsten Tag, sagte die Frau, habe sie von einer Freundin ihrer älteren Tochter gehört, dass diese nicht in der Schule gewesen seien. Ihr Bruder bestätigte am Telefon, dass ihre Töchter nicht angekommen seien und er der Meinung war, sie hätte es sich anderes überlegt und die Mädchen doch in Friedebach gelassen. Die Bewohner zweier Dörfer suchten bereits, die Funkstreife, der ABV und VP-Helfer …

 

In dem erstmals 2013 im Dresdner Verlag Schumacher-Gebler erschienenen Roman „Federschnee“ macht uns Siegfried Maaß mit dem Zwillingspaar Sebastian und Mathias bekannt, das gemeinsam mit Leonie, die anfangs der siebziger Jahre des letzten Jahrhunderts zu ihnen in die Siedlung am Rande einer ostdeutschen Kleinstadt zieht, glückliche Jahre der Kindheit verbringt. Ihre Freundschaft soll ein Leben lang Bestand haben. Doch je älter die Brüder werden, desto deutlicher spüren sie, dass sich ihr Verhältnis zu dem jungen Mädchen verändert hat. Die bisher gesicherte Zusammengehörigkeit der Zwillinge bekommt einen tiefen Riss, nachdem Leonie eine Entscheidung trifft, die ebenfalls ein Leben lang Bestand haben soll.

 

Eine Entscheidung trifft auch Quirl. Quirl ist Kapitän der Hockeymannschaft, nimmt wenige Minuten vor einem wichtigen Entscheidungsspiel aus Angabe an einem 800-Meterlauf teil und belegt - allerdings ohne Wertung - den 2. Platz. Dabei beobachtet ihn eine Trainerin, die ihn für den Leistungssport gewinnen will. Nach reiflicher Überlegung nimmt Quirl das Angebot an und verlässt seine Mannschaft, um nun Leichtathletik zu trainieren. Dafür nimmt er den Verlust der Freundschaft mit seinen Mannschaftskameraden und mit seinem Hockeytrainer und sogar ihre Verachtung für ihn in Kauf. Ab jetzt verfolgt Quirl neben seiner Lehre nur ein Ziel: Er will zu den besten Mittelstreckenläufer der DDR gehören, sogar zur Europa- und Weltspitze aufsteigen. Spannend, einfühlsam und überzeugend beschreibt das Buch von Wolfgang Held den Weg des Jungen mit dem Spitznamen Quirl zum Europameister und Teilnehmer am Endlauf bei den Olympischen Spielen in Rom. Und an dieser zeitlichen Einordnung kann man erkennen, dass die Erstveröffentlichung von „Quirl hält durch“ schon eine Weile zurück liegen muss. Die Olympischen Sommerspiele von Rom fanden vom 25. August bis 11. September 1960 statt. Und das in der Reihe „Robinsons billige Bücher“ des Kinderbuchverlages Berlin erschienene Buch war tatsächlich erstmals 1964 zu kaufen.

 

Auf den Mittelstrecken dominierten damals in Rom übrigens Läufer aus Ozeanien. Über 800 Meter übersprintete der noch weitgehend unbekannte Neuseeländer Peter Snell den favorisierten Belgier Roger Moens. Über 1500 Meter gewann mit Weltrekord und Riesenvorsprung der Australier Herb Elliott, der als Erwachsener nie ein Rennen über 1500 Meter oder die Meile verlor. Auch über 5000 Meter siegte mit dem Neuseeländer Murray Halberg ein Läufer vom fünften Kontinent. Hans Grodotzki aus der DDR erhielt sowohl über 5 000 Meter als auch über 10 000 Meter Silber. Im Marathonlauf gewann der barfuß laufende Äthiopier Abebe Bikila die erste olympische Goldmedaille durch einen Schwarzafrikaner, hinter ihm holte Rhadi Ben Abdesselam als Zweitplatzierter die erste Medaille für Marokko überhaupt.

 

Schließlich soll noch von etwas ganz anderem als singenden Lokomotiven, Kriminalfällen und sportlichem Ehrgeiz die Rede sein – „Von Klöstern und Burgen“, so der Titel des erstmals 1986 auch im Kinderbuchverlag Berlin veröffentlichten Buches von Bernd Wolff, welches seinen jüngeren und vielleicht auch schon älteren Leserinnen und Lesern „Ein Kulturbild aus der Zeit der Romantik“ präsentiert. Romanik, das sind für die heute lebenden Menschen zerfallende Burgen, Klosterruinen mit idyllischen Kreuzgängen, massige Dome und wuchtige Wehrkirchen. Das sind merkwürdig starre Plastiken, kaum Bilder, kostbare handgeschriebene Bücher in den Museen. Romanik, das ist tausend Jahre her. Aber auch damals lebten Menschen, arbeiteten, liebten und hassten und veränderten die Welt. Die Leserinnen und Leser erfahren von Landleuten und Bergknappen, Köhlern, Erzgießern, von Salzsiedern und Zeidlern, von Fürsten und Kaisern, und eine versunkene Zeit wird lebendig. Und jede Menge Fragen erheischt Antworten: Wie waren die Menschen damals, unsere Vorfahren? Was dachten, was fühlten, was taten sie? Wie verbrachten sie ihren Tag? Wie gingen sie miteinander um?

 

Für einen besseren und anschaulicheren Einstieg in diese weit zurückliegende Zeit sorgen Schwarz-Weiß-Abbildungen, welche spätere Nachzeichnungen der zwischen 1175 bis 1185 fabrizierten farbigen Bilderhandschrift „Hortus deliciarum“ der Herrad von Landsperg sind. In jenem Werk findet sich auch eine der ältesten Darstellungen des Glücksrades.

 

Bei dem „Hortus deliciarium“ – die deutsche Übersetzung aus dem Lateinischen bedeutet so viel wie „Garten der Köstlichkeiten“ - handelt es sich um die erste nachweislich von einer Frau abgefasste Enzyklopädie. Ihre Verfasserin war zwischen 1167 und 1195 Äbtissin des Klosters Hohenburg auf dem Odilienberg im Elsass war. Leider verbrannte das Original in der Nacht vom 24. auf den 25. August 1870 bei der Belagerung von Straßburg während des Deutsch-Französischen Krieges in der Universitätsbibliothek Straßburg, wo es in dieser Zeit aufbewahrt wurde. Inzwischen ist es aber gelungen, einen großen Teil der Miniaturen und den begleitenden lateinischen Text so wiederherzustellen, dass es noch heute möglich ist, einen lebendigen Eindruck von diesem einzigartigen Zeugnis mittelalterlicher Kultur- und Geistesgeschichte aus dem Elsass zu gewinnen.

DDR-Autoren: Newsletter 18.11.2016 - Wenn eine Lokomotive singt oder Lächeln beim Lesen