Der Dichter der Internationale, Erich Weinert als Nachdichter und ein Attentat im Kino - Fünf E-Books von Freitag bis Freitag zum Sonderpreis
(Pinnow 12.09. 2025) Völker, hört die Signale! Auf zum letzten Gefecht! Die Internationale erkämpft das Menschenrecht. So heißt es in einem der berühmtesten Lieder der weltweiten Arbeiterbewegung, das auch heute noch hin und wieder gesungen wird sogar bei der SPD. Die Melodie haben sicher noch viele im Ohr. Aber kennen Sie vielleicht noch den gesamten Text? Und wissen Sie, von wem das Original stammt und wann und wo es geschrieben wurde? Antwort darauf gibt das vierte der insgesamt fünf aktuellen digitalen Sonderangebote dieses Newsletters, die sieben Tage lang zum Sonderpreis im E-Book-Shop www.edition-digital.de (Freitag, 12.09. 2025 bis Freitag, 19 09. 2025) zu haben sind.
Erstmals 1959 erschien in dem Sammelband Nachdichtungen von Erich Weinert im Verlag Volk und Welt Berlin die Gedichte von Eugène Pottier. Diese veröffentlichte EDITION digital als E-Book unter dem Titel: Eugène Pottier Der Dichter der Internationale. Eugène Pottier - Dichter, Revolutionär und Mitglied der Pariser Kommune - schrieb 1871 im Exil die Worte, die zur Hymne der internationalen Arbeiterbewegung wurden: Die Internationale. Seine Gedichte sind Aufrufe zum Widerstand, Lieder der Hoffnung und Zeugnisse eines Lebens im Kampf für Freiheit und Gerechtigkeit. In dieser Ausgabe finden sich Pottiers kraftvolle Verse in deutscher Übertragung von Erich Weinert - frisch, kämpferisch und voller Leidenschaft. Sie spiegeln nicht nur die dramatische Zeit des 19. Jahrhunderts, sondern sprechen auch heute zu allen, die sich gegen Unterdrückung und soziale Ungerechtigkeit erheben wollen.
Ebenfalls aus dem Sammelband Nachdichtungen von Erich Weinert aus dem Jahre 1959 entstand das E-Book Taras Schewtschenko: Die Haidamaken und andere Nachdichtungen. Das berühmte Epos Die Haidamaken von Taras Schewtschenko zählt zu den bedeutendsten Werken der ukrainischen Literatur. In eindrucksvoller Bildsprache schildert der Dichter den großen Bauernaufstand von 1768 gegen die polnische Adelsherrschaft - ein Aufschrei gegen Unterdrückung, Willkür und nationale wie religiöse Demütigung. Erich Weinert hat dieses Werk während seines Moskauer Exils kongenial ins Deutsche übertragen. Mit sprachlicher Wucht und politischer Leidenschaft bringt er die Figuren, ihre Qualen und ihren Freiheitswillen eindringlich zum Ausdruck. Diese literarische Annäherung ist nicht nur ein historisches Zeugnis, sondern auch eine Erinnerung daran, wie viel Mut es braucht, sich gegen Ungerechtigkeit aufzulehnen.
Eine andere Seit von Erich Weinert zeigt das erstmals 1976 in der Edition Holz im Kinderbuchverlag Berlin erschienene Buch Kinder, schaut mal, wie wir fliegen. Lustige Verse, das zehn lustige, gereimte Tiergeschichten für Kinder ab vier Jahren versammelt, die zum Schmunzeln, Staunen und Mitsprechen einladen.
Ob Eichhörnchen, Häschen, Igel, Bär oder Kauz - jedes Tier erlebt seine kleinen Abenteuer: Es wird geflogen, gerodelt, geschaukelt, genascht, geplaudert und gestaunt. Dabei sorgen humorvolle Wendungen, liebenswerte Figuren und fröhliche Reime für Lesespaß und gute Laune.
Die farbenfrohen Illustrationen lassen die Szenen lebendig werden und laden zum Entdecken ein. Kinder, schaut mal, wie wir fliegen ist ein fröhliches Vorlese- und Mitmachbuch für gemütliche Stunden zu Hause, im Kindergarten oder auch unterwegs.
Was mit einem um eine Woche verschobenen Kinobesuch mit seinem kleinen Sohn beginnt, entwickelt sich für Kommissar Kossca zu einem gnadenlosen, brutalen und blutigen Rachefeldzug. Davon erzählt Harald Wieczorek in seinem erst kürzlich bei EDITION digital erschienenen Krimi Die geballte Faust der Rache. Grund für die Verschiebung ist der Torso einer Frauenleiche, der in Hamburg ans Elbufer gespült wird. Genau an diesem Sonntag aber findet ein Attentat statt - verübt von vier Maskierten auf das Kino und dessen jüdischen Besitzer. Es gibt viele Tote und Verletzte, auch sein Sohn ist unter den Opfern. Kossca bleibt am Leben, weil er sich gerade auf der Toilette befindet. Zurück bleibt ein Bekennerschreiben: ALLAHU AKBAR. Nachdem sich seine Exfrau aus Verzweiflung das Leben genommen hat, verlangt Kossca von seinen Vorgesetzten, den Fall zu übernehmen. Doch der wurde bereits an eine Sondereinheit abgegeben. Was steckt dahinter? Kommissar Kossca, der nicht an einen islamistischen Anschlag auf einen Juden glaubt, beginnt auf eigene Faus zu ermitteln
Und damit sind wir wieder beim aktuellen Beitrag der Rubrik Fridays for Future angelangt. Jede Woche wird an dieser Stelle jeweils ein Buch vorgestellt, das im weitesten Sinne mit den Themen Klima, Umwelt und Frieden zu tun hat also mit den ganz großen Themen der Erde und dieser Zeit. Wieder geht es um den Kampf gegen und den Sieg über die faschistischen Invasoren.
Aus dem Jahre 1943 stammt die Erzählung Taganrog. Ein Sieg über das faschistische Joch. Darin erzählt Friedrich Wolf von den entscheidenden Momenten im Jahr 1943, als die Rote Armee die deutsche Besatzung in wichtigen russischen Städten beendete. Er fängt in dieser Erzählung die Intensität des Augenblicks ein, als Moskau den Sieg über Taganrog feierte. Die Geschichte wirft einen intimen Blick auf das russische Volk, das nach jahrelanger Qual und Kampf einen weiteren Schritt in Richtung Befreiung machte. Im Dialog zwischen dem deutschen und dem russischen Erzähler verschmelzen persönliche Schicksale mit dem kollektiven Triumph einer Nation. Eine Erzählung über Freundschaft, Mut und den unerschütterlichen Willen zur Freiheit.
Hier der Beginn der Erzählung:
Taganrog
Ich stehe bei einem russischen Kameraden am Fenster. Er kommt von der Mittelfront, ich selbst war gerade in einem Offiziersgefangenenlager. Wir tauschen unsere Erfahrungen aus über die heutige Beschaffenheit des Mannschafts- und Offiziersbestandes der Hitlerarmee. Draußen über den Arbatplatz marschiert gerade ein Bataillon Rotarmisten mit Musik. Die acht- bis zehnjährigen Moskauer Jungen springen vor dem Tambourmajor her, die Arbeiter und Arbeiterinnen, die aus den Betrieben heimfahren, noch in der Stadt einkaufen und dann am Arbatplatz in die Metro umsteigen, bleiben stehen. Sie lassen das Bataillon an sich vorüberziehen.
Auf einmal donnert eine Geschützsalve über Moskau. Wir lehnen uns zum Fenster hinaus. Luftalarm? Seit Monaten war kein Alarm mehr. Seit über achtzehn Monaten fiel keine 2 Bombe mehr auf Moskau. Wieder eine Salve. Salut!! Salut für einen neuen Sieg der Roten Armee! Wir springen zum Radio und stellen ein. Schon donnern wieder die schweren Geschützsalven über die abendliche Stadt. Dort über den Kremltürmen steigen grüne und rote Raketen hoch in die dunkelnde Luft. Die Menschen auf den Straßen rufen sich ein Wort zu. Man hört Schreie und Jubeln. Und jetzt auch im Radio das Wort: Taganrog!
Taganrog ist am Ufer des Asowschen Meeres gelegen, das über das Schwarze Meer mit dem Mittelmeer verbunden ist. Die Stadt ist heute Hafen-, Industrie-, Handels- und Universitätsstadt mit rund 280.000 Einwohnern und hatte schon im 19. Jahrhundert wegen ihrer beeindruckenden Geschichte, Architektur und ihren kulturellen Einrichtungen den Ehrennamen Perle des russischen Südens erhalten.
Und es gibt noch eine Besonderheit einen berühmten Sohn:
Denn dort wurde am 29. Januar 1860 Anton Tschechow in der Familie eines Kolonialwarenhändlers geboren, der spätere Schriftsteller und Dramatiker der Weltliteratur verbrachte dort seine Jugend bis zum Abitur und pflegte auch später weiter enge Kontakte zu seiner Heimatstadt.
Die folgenden Gedichte aus Eugène Pottier Der Dichter der Internationale von Erich Weinert geben einen eindrucksvollen Einblick in die leidenschaftliche Sprache und die kämpferische Haltung des französischen Revolutionärs. Sie lassen die Atmosphäre des belagerten Paris von 1870 lebendig werden und zeigen, wie eng Pottiers Dichtung mit dem politischen Ringen seiner Zeit verbunden war.
WEHR DICH, PARIS!
Für Urbain, Mitglied der Commune
So hör doch, wie sie dich verriegeln!
Paris, die Sache ist kein Spaß!
Siehst du den Rauch nicht auf den Hügeln?
Dort kocht der Preuße seinen Fraß.
Es ist ja Frankreich, das sie fraßen.
Seht, was das Kaiserreich gewann!
Verrammle deine Ausfallstraßen!
Wehr dich, Paris! Paris, tritt an!
Das Land zerbrach an allen Fronten,
Von innren Räubern ausgezinst.
Es haben Frankreichs Kraft zu Konten
Spitzbuben schamlos umgemünzt.
Doch wirst zu neuem Kampf dich regen,
Und nie, wie dieser Hampelmann,
Nie übergibst du deinen Degen.
Wehr dich, Paris! Paris, tritt an!
Und kommen sie wir sind entschieden.
Sie sollen heiß empfangen sein.
Die Fraun verstehn es, Pech zu sieden.
Die Jugend nimmt den Pflasterstein.
Paris, mein altes Lieb, nun lade
Mit Sturmgeläut den freien Mann!
Sei wie Granit, sei Barrikade!
Wehr dich, Paris! Paris, tritt an!
Paris, vergiss nicht auszubrühen
Das Ungeziefer, wos auch sei!
Die Huren und die Dynastien,
Die Luden und die Kaiserei.
Die Saat des Neuen Frankreichs bräunt sich.
Denk an den Sturm, der Flammen blies,
An den Vulkan von dreiundneunzig!
Wehr dich, Paris!
Tritt an, Paris!
September 1870
31. OKTOBER 1870
Für den Bürger Elie May
Verrat, man hat das Volk beschwätzt!
Und Unheil droht aus jeder Miene.
Paris, dein Stadthaus ist besetzt!
Paris, verkündige die Commune!
Ist noch nicht hinter Schloss und Riegel
Das welke Fleisch der Diktatur?
Das stutzt dem Volk die jungen Flügel
Mit Kriegsdekreten und Zensur.
Kaum sind wir aus den dumpfen Plagen,
Verlangt der salbungsvolle Gast,
Dass wir den alten Maulkorb tragen,
Den uns das Kaiserreich verpasst.
Was brüllt sie denn, die Eselsherde?
So können nur Komplizen schrein.
Sie sagen, dass nun Friede werde,
Und schmelzen die Kanonen ein.
Sie fürchten unsere Gewehre
Doch mehr als jedes andre Land!
Die siebzehndreiundneunziger Ehre
Ward zum Gespött in ihrer Hand.
Den Schieber soll der Teufel holen!
Er holt vom Markt das letzte Pfund.
Der Hunger, mit zerschlissnen Sohlen.
Starrt sich nach Fleisch die Augen wund.
So rührt doch eure lahmen Knochen.
Ihr Hungerbrüder, seid nicht still!
Schlagt um euch wie gefangne Rochen,
Da mans nun mal so haben will!
Sie hocken am Kamin, die Feigen.
Ihr Frierenden, verbrennt die Not!
Paris, lass die Commune steigen.
So rot, wie nur ein Morgenrot!
Was kümmert euch noch das Gewäsche
Papierner Generalität!
Zum Sturm! Wir reißen eine Bresche
Im Geist Dantons, der vor uns geht.
O wild und trunkene Parole!
Man spuckt nach Thiers und nach Trochu.
Und wieder braust die Carmagnole
Auf jedem Platz bis morgens früh.
Das Volk holt von den Staatstribünen
Das Lumpenpack zum Ausverkauf
Und hängt Verdiente, dies verdienen,
An Frankreichs alten Eichen auf.
Verrat, man hat das Volk beschwätzt!
Und Unheil droht aus jeder Miene.
Paris, dein Stadthaus ist besetzt!
Paris, verkündige die Commune!
1. November 1870
Für den Bürger Mijoul
Muss ich lang noch warten
Auf das schöne Kind?
Rufs in jeden Garten,
Rufs in jeden Wind:
Sieh, ich warte! Hör mich doch!
Ach, wie lange wart ich noch!
Rufs in jeden Garten,
Rufs in jeden Wind:
All, die deiner harrten,
Werden grau und blind.
All, die deiner harrten,
Werden grau und blind.
Abgenagt die Schwarten;
Und der Regen rinnt.
Abgenagt die Schwarten;
Und der Regen rinnt.
Wenn ich nur im harten
Winter Fressen find!
Sieh, ich warte! Hör mich doch!
Ach, wie lange wart ich noch!
Wenn ich nur im harten
Winter Fressen find!
Wehn doch im erstarrten
Hirn nur Wort und Wind.
Wehn doch im erstarrten
Hirn nur Wort und Wind,
Uns, den Angekarrten,
Die nur Sklaven sind.
Uns, den Angekarrten,
Die nur Sklaven sind,
Drohn nur Kriegsstandarten
Und der Hungergrind.
Sieh, ich warte! Hör mich doch!
Ach, wie lange wart ich noch!
Drohn nur Kriegsstandarten
Und der Hungergrind.
Tod mischt schon die Karten.
Unser Blut verrinnt.
Tod mischt schon die Karten.
Unser Blut verrinnt.
Ich kann nicht mehr warten,
Öffne, liebstes Kind!
Ich kann nicht mehr warten,
Öffne, liebstes Kind!
Öffne deinen Garten,
Wo wir fröhlich sind!
Sieh, ich warte! Hör mich doch!
Ach, wie lange wart ich noch!
Paris 1870
Die nachfolgende Passage aus Taras Schewtschenko: Die Haidamaken und andere Nachdichtungen von Erich Weinert führt mitten hinein in die leidenschaftliche Bildwelt des ukrainischen Nationaldichters. Weinerts Nachdichtungen lassen den Aufstand der Haidamaken gegen Unterdrückung und Fremdherrschaft lebendig werden und verbinden historische Erinnerung mit poetischer Kraft.
DER DRITTE HAHNENSCHREI
Noch immer die Schlachzizenhunde
Das Land mit Schrecken überziehn.
Doch einen Tag noch: und die Stunde
Schlägt für das Volk um Tschigirin.
Es war am Tage Makkabäus,
Dem großen Fest der Ukrainer.
Die Polen und das Wuchrerpack,
An Blut und Branntwein übersoffen,
Dem Schisma fluchend, Mord und Brand
Verheißen sie dem wunden Land.
Jedoch die Haidamaken hoffen,
Dass bald der Schlaf sie übermannt.
Und nicht von Ahnungen betroffen,
Lag bald im Schlaf der noble Stand.
Es schnarcht der Pan; der Geldverleiher
Hat schnell sein Geld noch überzählt,
Fühlt Stück für Stück, ob keines fehlt;
Im Dunkeln zählt der alte Geier,
Dass niemand sieht, was er verhehlt.
Er schleppts ins Bett und fällt in Schlummer.
Ach, lägen sie schon in ewigem Schlummer!
Die Nacht ist dunkel, der Mond kommt spät.
Und Sterne, Himmel und Berge schauen,
Was bei den Menschen dort vor sich geht,
Damit sie Gott alles anvertrauen.
Du weißer Mond auf der leuchtenden Reise,
Sahst du nicht unsere arme Waise
Oksana, die in Wilschana geliebt?
Wo leidet sie? Wo ist sie hingekommen?
Und sahst du Jarema? Hat ers schon vernommen?
Wir werden ja sehn, was sich weiter begibt.
Hört zu, ich will euch was anderes singen;
Das ist kein Lied von Liebe und Tanz.
Erzählt euren Kindern von schrecklichen Dingen,
Womit der Kosaken Unglück begann.
Erzählt den Enkeln von großen Taten,
Wie die Kosaken die Schlachta zertraten,
Die unserem Lande nur Böses getan.
Lang schon war ein heimlich Gären
In der Ukraine,
Lange schon, seit rot vom Blute
Ward der Steppen Grüne.
Blut, das unsre Erde düngte,
Herzblut unserer Kühnen.
Tot die Väter, stummer Hügel
Wölbt sich über ihnen.
Doch verlassen stehn die Gräber;
Niemand weiß von jenen;
Niemand liebenden Gedenkens
Tränkt ihr Grab mit Tränen.
Nur der Wind mit leisen Lippen
Sie umkost und segnet,
Nur der Tau mit kühlen Tränen
Zärtlich sie beregnet.
Und der Strahl der frühen Sonne
Macht sie zum Geschmeide.
Doch die Enkel gehn vorüber,
Sän den Herrn Getreide,
Wissen nicht, wo Gontas Grab ist,
Ihres edlen Führers,
Wissen nicht, wo ruht die Asche
Unseres Märtyrers.
Wo ruht Shelesnjak, der treue,
Nach den heißen Märschen?
Keiner denkt mehr ihrer, heute,
Wo die Henker herrschen.
Lang schon war ein heimlich Gären
In der Ukraine,
Lange schon, seit rot vom Blute
Ward der Steppen Grüne.
Tag und Nacht Geschrei und Schüsse;
Ach, die Heimat röchelt.
Aber denke jener Tage
Und die Seele lächelt.
Der folgende Vers aus Kinder, schaut mal, wie wir fliegen. Lustige Verse von Erich Weinert zeigen die heitere, kindgerechte Seite seines Schaffens. Mit spielerischem Reim und augenzwinkerndem Humor lädt er junge Leserinnen und Leser zum Schmunzeln und Staunen ein.
Schrecklich stöhnt der kleine Bär:
Holt mal schnell den Doktor her!
O mein Bauch! Was soll ich machen?
Aber alle Tiere lachen:
Petz, du hast zu viel gegessen,
Hast dich wieder überfressen,
Stopfst dir voll den dicken Wanst,
Bis du nicht mehr japsen kannst.
Die nachfolgende Passage aus Die geballte Faust der Rache von Harald Wieczorek führt direkt in die düstere Welt von Gewalt, Abhängigkeit und gnadenloser Kriminalität. Schon in den ersten Szenen wird deutlich, wie rücksichtslos und gefährlich die Figuren agieren ein packender Auftakt zu einem Roman, der nichts beschönigt.
Er hatte diesen Namen nicht wegen seiner Sucht, obwohl er heroinabhängig war, nein, Spritze hatte bei seinen Aktivitäten wie Diebstahl, Einbrüchen, Nötigung usw. eine besondere Masche entwickelt. Er bedrohte, wenn sich die Gelegenheit bot, Personen mit einer Spritze und forderte Geld. Die Panik, von der Spritze eines Süchtigen verletzt zu werden, war eben sehr groß, sodass er meistens Erfolg damit hatte.
Spritze war mittelgroß, von mittlerer Statur, eigentlich ein Durchschnittstyp, aber falsch, durch und durch. Um an Stoff zu kommen, würde er seinen Freund, wenn er einen hätte, töten.
Nein, du Pfeife, dazu braucht er mehr. Der Irokese zeigte auf die anderen. Also, wenn wir diesen Auftrag durchziehen, kommt mehr.
Um was gehts?, mischte sich ein anderer ein.
Er war der Unberechenbare im Team. Niemand, der ihn kannte, reizte oder ärgerte ihn, auch nicht zum Spaß. Nachdem er einem Jungen hinter der Bar ein Messer in den Oberarm gerammt hatte, nur weil er glaubte, sein Glas wäre nicht voll genug, hatte er sich einen Namen gemacht.
Er war groß und schlank, mit einem verschlagenen Gesichtsausdruck. Seine ganze Jugend hatte er in Erziehungsanstalten und im Jugendgefängnis verbracht. Er hatte immer ein Messer bei sich, das er ohne Zögern benutzen würde.
Es geht um ein Kino und seinen Besitzer. Ein Scheiß-Jude. Der Anführer öffnete leicht die schwarze Tasche und holte zwei dicke Geldbündel heraus. Das hier sind 25.000. Nach Erledigung gibt es noch mal das gleiche. Unisono:
50 Riesen!
Ja, aber es wird Tote geben. Doch dann sind wir bei einer noch größeren Sache dabei. Und übrigens, nur Kanaken und der Jude.
Wann?, fragte der Dritte, der bis dahin unbeteiligt zugehört hatte.
Der Einzige ohne Spitznamen. Richtig hieß er Wolfgang, aber das klang ihm zu schwul. Wolf fand er hart und männlich und genauso wollte er für alle sein.
Im Grunde war er ein hinterhältiger Feigling und genau das machte ihn wieder gefährlich.
Der Irokese blickte von einem zum anderen.
Am Sonntagnachmittag, da ist nicht viel los, es geht hauptsächlich um den Juden.
Wie ist der Plan?, fragte Wolf.
Der Irokese öffnete die Tasche ganz. In ihr lagen drei Maschinenpistolen und zwei Handgranaten.
DER SCHLUSSTEIL
Kommen wir zum Schluss noch einmal auf Eugène Pottier zurück den Dichter der Internationale. Wer war er? Das Internetlexikon Wikipedia nennt seine Lebensdaten mit 4. Oktober 1816 in Paris und 6. November 1887 ebenda, bezeichnet ihn als einen französischen Dichter und fügt hinzu: Er wurde bekannt als Textdichter der internationalen Hymne der Arbeiterbewegung und des Sozialismus bzw. Kommunismus, der Internationalen.
Pottier war ein französischer Sozialist und Transportarbeiter. Er war Mitglied der französischen Sektion der Ersten Internationale und von März bis Mai 1871 Mitglied der Pariser Kommune. Bei deren grausamen Niederschlagung gelang es ihm zu entkommen. Er emigrierte in die USA. Im Jahr 1880 wurde er begnadigt und konnte nach Frankreich zurückkehren.
Pottier starb im November 1887 und wurde auf dem Friedhof Père-Lachaise in Paris begraben.
Seinen berühmtesten Text, mit dem er gleichsam unsterblich wurde, schrieb Pottier unmittelbar nach der gewaltsamen Niederschlagung der Pariser Kommune im Mai 1871. Er bezog sich auf die Internationale Arbeiterassoziation (IAA), den ersten übernationalen Zusammenschluss von verschiedenen, politisch divergierenden Gruppen der Arbeiterbewegung, der 1864 von Karl Marx initiiert worden war.
Die Sowjetunion benutzte Die Internationale bis 1943 als Nationalhymne. Danach wurde sie durch die Hymne der Sowjetunion ersetzt. Die Internationale wurde in der Sowjetunion von vielen dort Verfolgten als Zeichen der Unterdrückung wahrgenommen, berichtet das Internet-Lexikon Wikipedia, und es gab daher zum offiziellen Text (sogar im Gulag oder in Gefängnissen) zahlreiche subversive Umdichtungen. Ebenso verwendeten Studenten das Lied bei ihrem Protest gegen die chinesische Regierung auf dem Tiananmen-Platz 1989, heißt es bei Wikipedia weiter.
Spannend ist auch die Geschichte der deutschsprachigen Versionen: Der ursprüngliche französische Text hat sechs Strophen. Die bekannteste und bis heute verbreitete deutschsprachige Nachdichtung schuf Emil Luckhardt (1880 bis 1914) im Jahr 1910. Seine Version ist an den französischen Originaltext lediglich angelehnt und beschränkt sich auf die sinngemäße, dabei in der Radikalität etwas abgeschwächte und romantisierte Übersetzung der beiden ersten sowie der letzten Strophe des französischen Liedes.
Außer der Version Luckhardts gibt es noch mindestens sieben weitere weniger bekannte deutsche Textvarianten im Einzelnen bezogen auf jeweils spezifische historische Situationen oder ideologisch divergierende sozialistische, kommunistische und anarchistische Ausrichtungen. Neben der Luckhardt-Version existieren eine Version aus der Feder von Franz Diederich (1908) sowie von Sigmar Mehring. 1919 wurde eine Version von Erich Mühsam und 1937 während des Spanischen Bürgerkriegs eine andere für die deutsche Thälmann-Brigade der Internationalen Brigaden von Erich Weinert verfasst.
Emil Konrad Luckhardt, der Verfasser der bekanntesten deutschen Version, der 1880 als Sohn eines Arbeiters in Barmen geboren wurde, war ein deutscher Bierbrauer und Gewerkschaftssekretär. Der Urtext seiner, dem französischen Original angelehnten Übersetzung befindet sich seit 2007 im Engels-Haus in Wuppertal. Das Leben von Luckhardt endete tragisch. Er fiel im Ersten Weltkrieg am 5. November 1914, als er bei einem Artillerieangriff in Flandern verschüttet wurde.
Und die Melodie der Internationale? Sie stammt von dem Belgier Pierre Degeyter, Dirigent des Arbeitergesangsvereins von Lille im Jahr 1888, noch ein Jahr vor der Gründung der zweiten bzw. der Sozialistischen Internationale. Pierre Chretien Degeyter, der am 8. Oktober 1848 in Gent geboren wurde, war ein belgisch-französischer Sozialist, später Kommunist, und Liedermacher. Degeyters Eltern zogen von Frankreich nach Gent, wo sie in der Textilindustrie arbeiteten. Als er sieben Jahre alt war, zog die Familie wieder nach Frankreich und ließ sich in Lille nieder. Im Alter von 16 Jahren besuchte er Zeichenstunden an der dortigen Akademie, um dann als Holzschnitzer zu arbeiten. Später nahm er Musikunterricht und wurde Mitglied im Arbeiterchor La Lyre des Travailleurs, den Gustave Delory, ein Führer der Sozialisten in Lille, gegründet hatte.
Am 15. Juli 1888 bat Delory Degeyter, Melodien für verschiedene Revolutionslieder zu komponieren, die bei den Sozialisten von Lille populär waren. Darunter war auch ein Text von Eugène Pottier, der bis dahin immer auf die Melodie der Marseillaise gesungen wurde. Degeyter schuf an einem Sonntagmorgen die neue Melodie zur Internationale, die der Chor Lyre des Travailleurs bei der jährlichen Feier der Zeitungsverkäufer aufführte. Um seinen Arbeitsplatz zu sichern, wurde der Vorname des Komponisten nicht erwähnt; dennoch geriet er auf die Schwarze Liste und verlor seinen Arbeitsplatz. Mit Gelegenheitsarbeiten schlug er sich durchs Leben, bis er 1902 mit Frau und Tochter nach Saint-Denis bei Paris zog.
Degeyter hatte sich sein Urheberrecht nicht sichern lassen, so dass sein Bruder Adolphe1904 behauptete, der Komponist zu sein, und er lange keine Tantiemen erhielt. 1928 wurde er in die Sowjetunion, die damals die Internationale als Hymne nutzte, gemeinsam mit Käthe Kollwitz als Ehrengast eingeladen. Er erhielt nun eine geringe Staatspension, die aber ebenso wie eine freie Wohnung in Saint-Denis und die spärlichen Tantiemen für weitere Kompositionen zu den Liedern L'Insurgé und En avant la Classe Ouvrière seine Lebensumstände nicht bessern konnte.
Die Geschichte der wahren Urheberschaft der Komposition klärte sich erst später. Das Versäumnis, den Vornamen des Komponisten anzugeben, ermöglichte seinem Bruder Adolphe, Anspruch auf das Urheberrecht an der Musik zu erheben. Unterstützt wurde er vom Bürgermeister Delory, der sich zu einem rücksichtslosen Opportunisten entwickelt hatte. Das folgende Verfahren endete zu Gunsten von Adolphe. Während des Ersten Weltkriegs beging Adolphe Selbstmord. Er hinterließ einen Brief, aus dem hervorging, dass er wegen des wirtschaftlichen Vorteils, der sich aus dem Urheberrecht ergab, von Delory unter Druck gesetzt wurde und sich deshalb als Komponist der Internationale ausgab. Bei einem neuen Prozess im Jahr 1922 wurde endlich Pierre Degeyter als legitimer Komponist anerkannt.
Degeyter starb am 26. September 1932 und wurde auf dem Friedhof von Seine-Saint-Denis beigesetzt, gefolgt von 50.000 Menschen und dem Lied der Internationale. Das Begräbnis wurde vom Führer der französischen kommunistischen Partei, Marcel Cachin angeführt. In seiner Rede hieß es unter anderem: In der Geschichte der Menschheit ist dieses Lied, das aus dem Treffen dieser gleichermaßen genialen und bescheidenen Arbeiter entstanden ist, in Umfang und Tiefe unvergleichlich. Keine andere Musik, kein anderes Lied hat jemals dieses Niveau an Schönheit und Bedeutung erreicht. Soweit ein kleiner Ausflug in die Geschichte der wahrscheinlich berühmtesten Hymne der Arbeiterbewegung.
Bleiben Sie ansonsten weiter vor allem schön gesund und munter und der Welt der Bücher gewogen. Ob die neuen Sonderangebote eigentlich auch per U-Boot verschickt werden können? Versuchen wir es einfach mal.
In der nächsten Woche steht auch wieder ein Buch von Wolfgang Schreyer zur Auswahl. Erstmals 1988 war in der bekannten und beliebten DIE-Reihe (Delikte, Indizien, Ermittlungen) des Verlags Das Neue Berlin sein Kriminalroman Unabwendbar erschienen: In einem Dorf an der Ostsee wird innerhalb kurzer Zeit in Datschen wohlhabender Leute eingebrochen; kostbare Antiquitäten und technische Ausstattungen werden entwendet. Die Kriminalpolizei ahnt: Hier sind Kenner am Werk.
Doch gemessen an Hauptmann Wendts früherer Tätigkeit scheint diese Einbruchsserie banal. Bis ein Mensch zu Tode kommt. Und - bis sich Wendt in die schöne und selbstbewusste Jenny verliebt.
Für Hauptmann Wendt entsteht eine ungewöhnliche Situation: Seine Arbeit und seine Liebe beginnen einander zu zerstören.
Aber wer ist eigentlich dieser Hauptmann Wendt. Dazu liefert Autor Wolfgang Schreyer gleich zu Beginn seines Buches einige aufschlussreiche Auskünfte:
Christian Wendt war einsachtzig groß, fünfundsiebzig Kilo schwer und in den zweiundvierzig Jahren seines Lebens kaum einmal krank gewesen. Es schien, als meine die Welt es gut mit ihm. Er war Hauptmann der Kriminalpolizei und noch immer ein geschätztes Mitglied ihrer Handballmannschaft. Sein Sohn Stefan war seit Mai bei der Fahne, Ladeschütze in einem Panzer des Typs T-55. Stefans Klagen über die Härte des Dienstes verstummten allmählich. Seine Briefe wurden seltener, ganz gewiss ein gutes Zeichen. Bei einem Offizier der K denkt man, wenn überhaupt, an einen besonnenen Mann, der Tugenden wie Tatkraft, Geduld und eine Art verschmitzter Heiterkeit mit Schläue und Zurückhaltung verbindet. Die Medien pflegen diesen Ruf, Bücher und Filme haben ihn poliert und damit in der öffentlichen Meinung wohl etwas Glanz hinterlassen. Ohne am Lack zu kratzen oder ihn frisch aufzutragen, soll hier versucht werden, den Hauptmann als unverwechselbar vorzustellen. Manch ein Beruf prägt die, die ihn ausüben ob in Uniform oder in Zivil; und doch bleiben sie einmalig. Äußerlich mochte Wendt ein Dutzendtyp sein. Er hatte ein mageres Gesicht mit derbem Mund, gekerbtem Kinn, kurz geschnittenem schwarzem Haar und eigentümlich hellen Augen, um deren Winkel sich Fältchen drängten. Er war als einfallsreicher Ermittler und unermüdlicher Arbeiter mehrfach ausgezeichnet worden. Seine Ehefrau Helga war hübsch und anschmiegsam gewesen, so lustig, wie er selbst es einmal war; aber sie fühlte sich auf die Dauer von Wendt vernachlässigt und hatte ihn vor einem halben Jahr verlassen. Seitdem neigte er dazu, sich mit der Bemerkung, er sei an sinkende Schiffe gewöhnt, in aussichtslose Fälle zu verbeißen. Mehr hörte man von ihm nicht dazu. Er blieb ganz gelassen, äußerlich. Aber einige Zeit nach seiner Scheidung ging der Hauptmann in den Nordbezirk. Zögernd hatte man ihn, auf eigenen Wunsch, nach dort versetzt. Heraus aus seiner Stadt, Strich unter das Vergangene, mit zweiundvierzig ein neuer Start das erschien ihm als die Lösung, als Radikalkur gegen ein Stimmungstief, das ihn seit dem Winter lähmte.
Nur, das Tief folgte Wendt nach Rostock in den beigefarbenen Bau der Bezirksbehörde, wo der Leiter der Kriminalpolizei ihn mit der Frage empfing, was er denn trinke, Kaffee, Tee, Kognak oder Klaren? Sie kannten sich von der Offiziersschule in Aschersleben, dasselbe Studienjahr, der Genosse hatte es zum Oberstleutnant gebracht und stieß mit ihm auf gute Zusammenarbeit an. Dann freilich stellte er Wendt, ungeachtet seiner Praxis in der Morduntersuchungskommission, ab zur besonderen Verwendung. Er wurde mit Papierkram beschäftigt; so sah es seine Empfindsamkeit. Ja, er war müde und reizbar geworden.
Als er sich an die Aufklärungsarbeit macht, hat er noch nicht viel in der Hand, wie er einem Bericht entnehmen kann, den der K-Leiter des Kreisamts, ein Hauptmann Drews, nach Rostock geschickt hatte. Danach war der erste Einbruch Ende Juni bemerkt worden, der zweite Mitte August und der dritte vorgestern Ende September. Obwohl es nie Fingerabdrücke und auch sonst kaum Spuren gab, nahm Drews an, dass es sich um eine Serie handele: immer derselbe oder dieselben Täter. Wohl waren sie, gewaltsam oder mit einem Nachschlüssel, auf recht verschiedenen Wegen in die Häuser eingedrungen, wenn niemand dort wohnte. Entwendet aber hatten sie durchaus Vergleichbares, nämlich wertintensive Dinge von beschränktem Gewicht; niemals Sperriges wie Teppiche oder Fernsehgeräte. Das allerdings schien das einzig Übereinstimmende zu sein.
Wie wird Wendt vorgehen?