Alle Erscheinungen haben auch ihre Eigenentwicklung, wie auch die Gesellschaft als ganze ihre Eigenentwicklung hat, die sich nicht allein aus der Anpassung erklärt. Die Anpassung, als Weltformel verstanden, hebt die künstliche Trennung von Mensch und Natur auf, sie lässt den Menschen wieder zu einem Kind der Natur werden. Das ist doch immerhin was. Immerhin ist es die Formel seines Überlebens. Oder, im Falle ihrer Missachtung, die Formel seines Untergangs.
Es muss selbst einem Hornochsen einleuchten, dass die unendliche Natur irgendwo der endlichen Menschheit das Maß setzt, den Menschen in das allumfassende Gesetz des natürlichen Ausgleichs einschließt.
Das Gänseblümchen und der Mammutbaum, der Elefant und die Mücke, der Urmensch und der eigentliche Mensch verdanken der Anpassung ihr Dasein auf unserer Erde.
Trotz ihrer hohen Eigengesetzlichkeit sind die spezifischen Gesetze der Gesellschaft Gesetze zweiter Ordnung. Sie (die Naturgesetze der Gesellschaft, wie Marx die von ihm entdeckten Gesetze nannte) sind Gesetze der gesellschaftlichen Organisation des Menschen. Also Gesetze des Organs der Anpassung. Und als das sind sie Funktionen des Gesetzes erster Ordnung. Mit anderen Worten: Die Naturgesetze der Gesellschaft werden zu Funktionen eines Gesetzes der Natur. Das hat tiefgreifende Konsequenzen. Nicht nur für die Funktionsstruktur der gesellschaftlichen Gesetze, sondern auch für die Funktionsdefinition von Gesellschaftsordnungen und ihrer Übergänge. Und für den Inhalt des Übergangs von der Vorgeschichte der Menschheit zur eigentlichen Geschichte, um einige Konsequenzen nur zu nennen. Es erhöht die historische Notwendigkeit des Sozialismus zu einer Notwendigkeit erster Ordnung, zu einer Naturnotwendigkeit. Indem aber die Gesellschaft jetzt auch von einem Gesetz der Natur geregelt wird, wird der Marxismus um seine natürliche Seite erweitert. Im Besonderen gibt die Anpassung dem Übergang von der Vorgeschichte zur eigentlichen Geschichte, der eigentlichen Revolution, den tieferen Sinn. Kapitalismus und Sozialismus müssen in ihrer historischen Position jetzt an einem allgemeineren, höheren Gesetz gemessen werden. Das hat auch eine andere Wesensbestimmung des Sozialismus zur Folge. Vom niederen Zweck wird er zum höheren Mittel.
Solange die Gesetze zweiter Ordnung sich nicht mit dem Gesetz erster Ordnung anlegen, haben sie Narrenfreiheit, auch gegen sich selber.
Und andererseits verleihen die spezifischen Gesetze, die uns im Marxismus gegeben sind, der Anpassung ihre historische Form. Und ihre historische Problematik. Sie sind die Entwicklungsgesetze des Organs der Anpassung. Das heißt aber auch, dass die Verletzung oder Missachtung gesellschaftlicher Gesetze zur Missachtung oder Verletzung eines Gesetzes der Natur wird.
Während der reale Sozialismus u. a. daran scheiterte, dass er die zweite industrielle Revolution (die wissenschaftlich-technische Revolution) nicht realisierte, scheitert der Kapitalismus daran, dass er sie realisiert, indem er, wie der Zauberlehrling, Kräfte rief, die er nun nicht bannen kann. Die von ihm entwickelten gesellschaftlichen Produktivkräfte werden zu Destruktivkräften. Wie noch nie in der bisherigen menschlichen Geschichte verkehren sich Kraft in Schwäche, Überfluss in Mangel, Reichtum in Armut, Heil in Fluch, Leben in Tod: Die eklatante Verletzung eines Gesetzes der Natur, des Gesetzes der Anpassung, der Einheit von Mensch und Natur als Folge der Verletzung des gesellschaftlichen Gesetzes der Harmonie von Produktivkräften und Produktionsverhältnissen findet nur einmal statt, sie ist die einmalige, einzigartige Herausforderung des Menschen als Vernunftwesen. Es ist die Probe darauf, ob der Mensch eine Fehlleistung der Natur ist oder nicht.
Das Problem liegt in den kapitalistischen Produktionsverhältnissen, und der problematische Punkt ist die Kapitalverwertung. Genauer: die zunehmende Unfähigkeit der Kapitalverwertung. Hans Kalt schreibt dazu: Obwohl in den armen wie in den entwickelten Ländern allein die Lösung der Ernährungs- und Wohnungsfrage, die grundlegende Verbesserung der gesundheitlichen Verhältnisse und des Schulwesens sowie die Beendigung der ökologischen Krisenprozesse den Einsatz der Arbeitskraft von Hunderten Millionen Menschen durch viele Jahre hindurch erfordern würden, können diese brachliegenden Arbeitskräfte keine Beschäftigung und daher auch keinen Lebensunterhalt finden.