Thomas Mann (1875 bis 1955), der berühmte Schriftsteller und Literatur-Nobelpreisträger von 1929, und einige seiner wichtigsten Werke wie die Buddenbrooks und Der Zauberberg dürften auch heute noch vielen Menschen ein Begriff sein zumindest in groben Umrissen.
Aber was ist mit seinem älteren Bruder Heinrich Mann (1871 bis 1950), der kurz vor seinem Tode zur Übersiedlung aus seinem amerikanischen Exil in die junge DDR und zur Übernahme der Präsidentschaft der Deutschen Akademie der Künste in Berlin eingeladen worden war? Was weiß man von ihm, von seinem Leben und von seinen Büchern, von denen wahrscheinlich Professor Unrat und Der Untertan noch immer ein wenig im Gedächtnis geblieben sind?
Wer mehr darüber erfahren möchte, der kann zu diesem großen Buch greifen, das sich sowohl mit seinem Leben und seinen politischen Auffassungen wie auch mit seinen literarischen Arbeiten und mit seiner Rezeption beschäftigt.
Die Anerkennung für Heinrich Mann fiel in den damals beiden deutschen Staaten auch das erfahren wir aus der Biografie von Ebersbach sehr unterschiedlich aus: Während er im östlichen Teil 1947 mit der Ehrendoktorwürde der Berliner Humboldt-Universität und 1949 mit dem Nationalpreis I. Klasse sowie mit der Wahl zum künftigen Präsidenten der Akademie der Künste geehrt wurde, blieb er im westlichen Teil ein lange Zeit unbekannter und eher abgelehnter Autor:
Heinrich Böll nannte mit den Motiven, aus denen er sein positives Verhältnis zu Heinrich Mann ableitete, zugleich die Ursachen für die Fremdheit des Dichters in einer Gesellschaft, die seine Kritik nicht verwindet: Im Untertan ist die deutsche Klein- und Mittelstadtgesellschaft bis auf den heutigen Tag erkennbar. Es bedarf nur weniger Veränderungen, um aus diesem scheinbar historischen Roman einen aktuellen zu machen: den Missbrauch alles Nationalen, des ,Kirchlichen, der Schein-Ideale für eine handfest-irdisch-materielle bürgerliche Interessengemeinschaft, der alles Humanitäre, sozialer Fortschritt, Befreiung jeglicher Art verdächtig ist, deren Moral heuchlerisch ist, die kritiklos untertan ist. Ich war erstaunt, als ich den ,Untertan jetzt wieder las, erstaunt und erschrocken: fünfzig Jahre nach seinem Erscheinen erkenne ich immer noch das Zwangsmodell einer untertänigen Gesellschaft, so Böll.
Eine Anregung, sich erstmals oder erneut mit Heinrich Mann zu beschäftigen und seine Bücher zu lesen auch und erst recht 151 Jahre nach seiner Geburt und kurz vor seinem 75. Todestag.