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Poesie ist kein Beweis von Jan Eik
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Preis E-Book:
7.99 €
Veröffentl.:
27.07.2015
ISBN:
978-3-95655-431-5 (E-Book)
Sprache:
deutsch
Umfang:
ca. 278 Seiten
Kategorien:
Belletristik/Thriller/Spannung, Belletristik/Thriller/Verbrechen, Belletristik/Krimis & Detektivgeschichten/Amateurdetektiv, Belletristik/Krimis & Detektivgeschichten/Polizeiprozesse
Kriminalromane und Mystery, Kriminalromane und Mystery: Polizeiarbeit, Thriller / Spannung
Privatdetektiv, Liebe, Krimi, Spannung, Thriller, DDR, Giftmord, Berlin, Suizid
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Im trüben Licht des scheidenden Wintertags betrachtet, hatte ihm dieser Freitag bisher etliche Nieten beschert. Missmutig stapfte Conny durch die matschigen Schneereste und ließ sich von hastenden Fußgängern zu einem Tempo antreiben, das seiner Gemütsverfassung keineswegs entsprach.

Nur um Zeit zu gewinnen und aus Gewohnheit betrat er eine Buchhandlung, blätterte ein paar Bücher durch, die vermutlich schon vor Weihnachten dort gelegen hatten, beguckte einen Bildband, der ihm gefiel, bis auf die fünfstellige Zahlenangabe im Impressum, die neuerdings den Inlandspreis tarnte.

Das Gespräch mit Pepe hatte außer dessen Gnatz, der vergehen würde, keinerlei Ergebnis erbracht - jedenfalls kein Ermittlungsergebnis, das ihn auf eine rasche Überführung des Täters hoffen ließ.

Dass Pepe vorgab, Tee nicht zu mögen, war natürlich kein eindeutiger Beweis seiner Unschuld. Doch hatte er wirklich gehofft, Pepe als Mörder zu entlarven?

Der Gedanke, es könnte im Kreise seiner engsten Nachbarn, ja Freunde einen Menschen geben, der einen Mord raffiniert geplant und durchgeführt hatte, erschien ihm nach wie vor absurd.

Besaß er denn so geringe Menschenkenntnis, dass ihm niemand von denen auch nur unsympathisch genug für ein weniger schweres Verbrechen erschien? Pepe war ein Großmaul und ein kleiner Spekulant und ein Weiberheld, wie möglicherweise auch Jarowsky einer war, und Wilmar konnte schon recht seltsam sein - aber ein Mörder?

Es wollte ihm nicht in den Sinn, dass Gerlinde einen Mann, der einer solchen Tat fähig war, nicht beizeiten durchschaut hatte. Oder hatte sie ihn durchschaut und musste deshalb sterben?

Jedenfalls musste der Mann einige Zeit sehr angenehm auf sie gewirkt haben. Weshalb sollte sie sich ausgerechnet einem Unsympathischen zugewandt haben? Wirkte er selber beispielsweise unangenehm auf Frauen? Gerlinde hatte ihm deutlich zu verstehen gegeben, dass sie ihn mochte. Und Susanne? War sie wirklich nur eine berechnende Schauspielerin? Und Gitta?

Das war es nämlich, was er die ganze Zeit zu verdrängen suchte: der Gedanke an Gitta. Wenn sie nun ausgerechnet heute den Entschluss fasste, ihn zu überraschen? Sie war in diesem Jahr überhaupt noch nicht bei ihm gewesen, obwohl sie den zweiten Schlüssel für seine Wohnung besaß. Jederzeit konnte sie in der 13. Etage erscheinen, die Wohnungstür öffnen ...

Die letzten Meter zur Straßenbahn rannte er, quetschte sich gerade noch durch die zuklappenden Türen. Wenn er Glück hatte, erreichte er noch vor ihr Guidos Kindergarten.

„Guido Dietz?“, fragte die jugendliche Erzieherin und wurde seltsamerweise flammend rot, obwohl sie doch den täglichen Umgang mit Ersatzvätern von Connys Art gewöhnt sein musste. „Ich glaube, der ist bereits abgeholt worden.“

Conny mimte den Wissenden. „Dann hat es die Mutti doch früher geschafft, als sie glaubte“, sagte er fröhlich und lächelte ihr zu.

Sie schien verwirrt. „Das ist nicht meine Gruppe“, erklärte sie hastig und wandte sich demonstrativ den Kindern zu.

Conny verbuchte seine überraschende Wirkung auf sie, verschwendete aber daran keinen weiteren Gedanken. Gitta musste zu Hause sein. Mit Guido fuhr sie nicht zu ihm ins Hochhaus.

Zufrieden trabte er die lange Altbauzeile entlang. Im rötlichen Quecksilberdampflicht tauten am Rande des Gehsteigs schwärzliche Schneehügel. Erst die Frankfurter Allee sah etwas sauberer aus. Die eine Station bis zu Gitta lief er besser. Die U-Bahn war um diese Zeit mit Menschen ebenso überfüllt wie die Fahrbahnen der breiten Allee mit Autos, deren Fahrer dem Feierabend zustrebten, der in den meisten Fällen Fernsehapparat hieß.

Vor dem Schuhgeschäft hatte sich eine stiefelhungrige Schlange gebildet; der Bäcker nebenan verkaufte nur noch Kuchen. Conny ergatterte ein Weißbrot und fühlte sich unbehaglich bei der Frage, mit wem er dieses Brot wohl zum Frühstück teilen würde.

Giftgrün grüßte von der anderen Straßenseite die Aufschrift apotheke herüber. Noch eine Möglichkeit für eine kurze Atempause. Simagel und Eudorlin brauchte er sowieso.

Hildegard Gericke hatte beide Hände voll zu tun, den nicht abreißenden Strom der Spalttabletten-, Hustensaft- und Nasentropfenbedürftigen mit Fläschchen und Tablettenstreifen zu versorgen. Dennoch entging Conny ihrem wachsamen Blick nicht, lange bevor die Reihe an ihm war. Seine abwehrende Geste beachtete sie nicht, sondern rief ihn mit einer Kopfbewegung zur Seite, die Kunden ihrer Kollegin überlassend. „Eigentlich habe ich seit einer Stunde Feierabend“, sagte sie. „Bei uns sind drei krank.“

„Wie tröstlich, wenn sich selbst die Provisoren gegen die eigenen Mittel als immun erweisen.“

Hildegard lächelte schwach. Sie sah gepflegt aus wie stets, wenn auch recht blass. Das konnte mit dem weißen Kittel zusammenhängen, der ihre frauliche Figur nicht zu verbergen vermochte.

Wie er sie so in ihrer Berufskleidung in Augenschein nahm, kam ihm in den Sinn, sie zu fragen: „Gibt es bei euch eigentlich Schlafmittel ohne Rezept?“

„So was fange gar nicht erst an. Trink lieber ein Bier oder ein Glas Wasser. Oder renne drei Runden um die Kirche.“

„Meinst du, eure rezeptfreien Schlafmittel sind so stark, dass man sich damit vergiften kann?“

Hildegard schien das Thema nicht zu behagen. Mit einem unruhigen Blick auf die wachsende Kundenschar sagte sie kurz: „Das kommt ausschließlich auf die Dosierung an.“ Und dann unvermittelt: „Hast du den Kindesvater aufgespürt?“

 

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