Für Katrin ist vieles anders geworden.
In der Schule, das sind viele Stunden am Tag, muss sie ihre Gedanken an den Jungen zurückdrängen.
Manchmal kommt es ihr vor, als sitze sie allein im vertrauten Klassenzimmer, von allen getrennt durch ein Geheimnis, eine besondere Erfahrung. Sie denkt nicht daran, dass andere ähnliche Erfahrungen haben könnten, zum Beispiel ihre Banknachbarin Marlies.
Die Jungen mit ihren lauten Späßen und komischen Hobbys interessieren Katrin nicht. Sie hört nicht hin, wenn sie sticheln und spotten, sie lächelt höchstens nachsichtig.
Die Jungen zucken dann die Schultern. Was soll man mit so einer komischen Zicke anfangen?
Seit Wochen hält dieser seltsame Zustand für Katrin an, das Mädchen lebt nur dem Augenblick.
Ein besonderes Fest steht bevor, die Jugendweihe. Ach ja, irgendwann an einem Sonntag.
Am liebsten würde Katrin jeden Tag hinter dem Jungen auf dem Moped sitzen, sich an ihm festhalten und das Gesicht an das glatte Leder seiner Jacke drücken. Häuser und Straßen fliegen vorüber, Gärten und Wälder. An einer Kiefernschonung haben sie einen Hochstand entdeckt, mit dem Blick auf weite Wiesen und einen kleinen See. Weil der Junge es mag, fahren sie oft dorthin, klettern die wacklige Leiter hoch und sitzen auf der schmalen Plattform, dicht nebeneinander. Der Junge erzählt dies und jenes, seine Stimme vermischt sich mit dem Wind und dem Rauschen der Kiefern.
Das Mädchen ist weit von der Welt entfernt, die bisher Gültigkeit für sie hatte.