»,Sie sind also einer dieser verdammten Geschworenen', sagte der Ladenbesitzer zu mir. »Lassen Sie sich gesagt sein, mit Ihnen will ich nicht mal sprechen, über diesen ganzen Fall will ich kein Wort hören - kein Wort! Darauf sagte ich zu ihm: ,Sie beziehen Ihre Informationen nur aus den Zeitungen, aber wir haben dreizehn Wochen in diesem Gerichtssaal gesessen, lang genug, glaube ich, um uns ein Urteil erlauben zu können. Danach bemühte er sich, ein bisschen freundlicher zu sein. Vielleicht aber auch nur, weil ich schließlich ein Kunde bin.«
Mr. Seidel erhob sich und kam gleich darauf mit einem Brief zurück, den er eben erhalten hatte.
»Lesen Sie das«, sagte er. »Erinnert Sie womöglich an das Deutschland der dreißiger Jahre.«
»Ein Mann Ihres Alters sollte sich schämen«, stand da in ungelenker Handschrift. »Sie sollten sich hüten, rechtlich denkenden Bürgern unter die Augen zu kommen - entweder die Geschworenen waren Kommunisten, oder sie waren gekauft, oder einfach dumm. Andere Erklärungen für diesen unerhörten Freispruch dieser Mörderin Angela Davis gibt es nicht. Ihren Namen werden wir uns merken!«
Der Brief war nicht unterzeichnet.
Mr.Seidel schüttelte stirnrunzelnd den Kopf. »Gleichviel«, sagte er, »wir taten, was uns unser Gewissen gebot.«
»Mich interessiert Ihr Anteil an der Beratung der Geschworenen.«
»Nun, etwas Wesentliches habe ich schon beigetragen«, erwiderte er nach kurzer Pause. »Ich schlug nämlich der Vorsitzenden Mistress Timothy vor, erst einmal über den Anklagepunkt Verschwörung zu beraten - denn falls wir zu dem Schluss kommen sollten, dass es keine Verschwörung gab, dann blieb nicht viel von den restlichen Anklagepunkten Entführung und Mord. Das leuchtete ein und beschleunigte die Diskussion - bereits am Sonnabend standen wir in Bezug auf Verschwörung so dicht vor einer Übereinstimmung, dass es am Sonntag nur noch wenig zu beraten gab.«
»Dann war Ihr Beitrag tatsächlich entscheidend«, sagte ich.
Er sah mich mit Genugtuung an.
»Wir haben alle unseren Teil beigetragen«, meinte er bescheiden, »besonders Mistress Timothy.«
Aber dann, offensichtlich in dem Bewusstsein, dass es sich bei dem Gespräch nicht einfach um eine Unterhaltung zwischen Bekannten handelte, setzte er hinzu: »Was mir die Entscheidung erleichterte, waren die Belehrungen des Richters, bei berechtigtem Zweifel an der Schuld für die Angeklagte zu entscheiden - aus keiner meiner vielen Notizen während des Prozesses ergab sich irgendein klarer Beweis für Angela Davis Schuld.«