Am späten Nachmittag umrundeten wir, entgegengesetzt pirschend, das gesamte Objekt. An der Rückfront der Ställe befanden sich Luftschleusen. Wenn überhaupt, schien dort ein Einstieg möglich. Wachen auf der Rückseite entdeckten wir nicht.
Je näher der Feierabend rückte, desto unruhiger wurde ich. Verabredungsgemäß rückte Sven zu mir. Wir stimmten uns noch ein wenig ab, das meiste musste ohnehin so genommen werden, wie es sich ergeben würde.
Sven zeigte sich ebenfalls voller Unruhe, und er versuchte, auch unter Hinweis auf das ausgebliebene Flugzeug, mich zu überreden, die Unternehmung gemeinsam zu starten. Vereinbarungen und Ordern seien nichts Starres. Man müsse sich den Gegebenheiten anpassen. Ob ich ihn überzeugt hatte, dass es dennoch für uns besser sei, wir trennten uns, wusste ich nicht. Es wurde Zeit für mich.
Im letzten Augenblick kam mir eine Idee. Bisher erschien es mir am allerschwierigsten, mich dem frei stehenden Objekt zu nähern, ohne bemerkt zu werden. Die Polarnacht blieb durchsichtig. Buschwerk nahe der Gebäude fehlte. Ich hätte riskieren müssen, beim Annähern ertappt zu werden. Selbstverständlich wäre es für die anderen dann ein Leichtes gewesen, mich auszuschalten. Dennoch, ich hätte es so gewagt, weil es eine andere Lösung scheinbar nicht gab.
Aber: Um mich herum standen und lagen wiederkäuend Kühe. Sie gehörten ins Landschaftsbild, daran hatten sich auch die Außerirder gewöhnt. Wenn ich also ...
Es war noch nicht so dunkel, dass ich nicht hätte wählen können. Dennoch wurde der erste Versuch ein Reinfall. Als ich mich auf das Tier, das mir gutmütig erschien, setzen wollte, wurde es bockig, drohte auszubrechen. Da sprang ich lieber wieder ab.
Dann hatte ich Glück. Ich schwang mich auf eine Kuh, die scheute ein wenig, stand offenbar erschrocken, brummelte vor sich hin und ging dann wie verstört einige Schritte. Ich redete ihr, tief zu den Ohren gebeugt, gut zu. Nur allmählich ließ sie sich durch Schenkel- und Fersendruck bewegen, langsam den Hang hinunterzutrotten. Ich lag so flach, wie ich nur konnte, auf ihrem Rücken, klammerte mich mit Armen und Beinen fest, versuchte dennoch, den Blick nach vorn freizuhalten.
Im offenen Hof, den die Gebäude flankierten, glaubte ich die Schemen dreier Kugeln zu erkennen, die bewegungslos beieinanderstanden. Doch plötzlich, ich wäre deswegen beinahe zu Boden gegangen, setzte sich eine ruckartig in Bewegung, kam auf mich zu, hielt an der Gebäudeecke jedoch an, bog rechtwinklig zum Giebel hin ab, änderte erneut den Kurs, flitzte die Rückseite - mein Ziel - des Hauses entlang und näherte sich wenig später aus entgegengesetzter Richtung den zwei still verharrenden Artgenossen. Eine Streife - also bewachten sie doch!
Vorsichtig dirigierte ich mein Reittier, ließ es ab und an eine Weile stehen. Und ich gewahrte, dass andere Kühe ebenfalls nachtwandelten. Ich benötigte so noch fast eine Stunde, bis ich meinem Ziel nahe war, dann lenkte ich das Tier zur Rückwand. Unmittelbar über mir befand sich die Luftöffnung, verschlossen mit einer feststehenden, halb offenen Streifenjalousie. Schon wollte ich mich damit befassen, als in einem Abstand von nicht einmal drei Metern die Wachkugel erneut vorbeiflitzte. Als ich mich vom Schreck einigermaßen erholt hatte, sah ich zur Uhr. Eine Stunde und zwanzig Minuten lagen zwischen der ersten und dieser Kontrolle. Es blieb die Frage, ob auf einen solchen Turnus Verlass war oder ob womöglich das Engelchen nunmehr bereits nach Minuten wieder auftauchen würde.