Als Scharli im Frühjahr nach Buttstein gekommen war, lebte Heino erst ein paar Wochen im Schifferinternat.
Das Zimmer teilte er mit zwei Jungen, Alexander und Werner. Beide wohnten schon länger hier. Sie ließen keine Gelegenheit aus, ihm zu zeigen, dass er der Neue war, ein Störenfried in ihrem Zimmer. Als er eines Abends seinen Schlafanzug unter der Bettdecke hervorholte, waren Jacke und Hose an den Ärmeln und Beinen fest miteinander verknotet. Die beiden Jungen lagen im Bett und taten so, als schliefen sie schon tief. Heino versuchte, das Gewirr der Knoten zu lösen. Aber es war so fest, dass er es bald aufgab und den Klumpen an das Fußende seines Bettes warf.
Warum gehst du im Turnhemd zu Bett?, fragte Alexander mit einer Stimme, als wäre er aus einem abgrundtiefen Schlaf erwacht.
Heino konnte nicht gleich antworten, weil es ihm wie ein Kloß in der Kehle saß.
Die Hitze hier, antwortete er nach einer Weile. Im Schlafanzug wird es mir immer zu heiß.
Heino lag in dieser Nacht lange wach. Er verfolgte die Lichter der Autos auf der Straße, die an den Wänden des Zimmers immer den gleichen Weg beschritten. Er wünschte sich fort. In das Haus hinter dem Deich, wo nun die Oma allein wohnte und manchmal die Eltern.
Schön wäre es, in der Bodenkammer zu liegen und das Ächzen der Dachsparren zu hören. Und von Weitem das Glucksen des Stroms. Jetzt zählt der Fluss seine Seelen, hatte die Oma manchmal gesagt, wenn sie an seinem Bett saß, und sie horchten nach draußen.
Welche Seelen?
Die Seelen der ertrunkenen Schiffer oder der Leute, die den Fluss zur unrechten Zeit in einem Boot überqueren wollten.
Ist der Strom böse?, hatte Heino ängstlich gefragt.
Nein, der Fluss ist gut. Durch ihn hat der Großvater sein Geld verdient. Und heute leben deine Eltern von ihm. Nur, man darf ihn nicht verhöhnen. Niemand soll denken, er sei stärker als der Strom.
Und wenn einer keinen Mut hat?
Ja, dann!, hatte die Oma gesagt. Aber die Stübers waren immer unerschrockene Leute.
Hätte ich den Mut gehabt, dachte Heino, wäre ich noch dort.