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Griechische Hochzeit von Herbert Otto
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Preis E-Book:
6.99 €
Veröffentl.:
07.03.2015
ISBN:
978-3-95655-307-3 (E-Book)
Sprache:
deutsch
Umfang:
ca. 142 Seiten
Kategorien:
Belletristik/Thriller/Politik, Belletristik/Krieg & Militär, Belletristik/Familienleben, Belletristik/Thriller/Spannung, Belletristik/Politik, Belletristik/Geschichte, Belletristik/Geschichten vom Meer
Historischer Roman, Belletristik: Themen, Stoffe, Motive: Politik, Thriller / Spannung, Kriegsromane, Familienleben, Abenteuerromane, Politthriller/Justizthriller
Griechenland, 2. Weltkrieg, Weißer Terror, Mord, Verrat, Partisanen, Kommunisten
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Anastas sah den Doktor an.

„Einverstanden?“

Anastas nickte.

„Und wir schaffen es?“

„Ja.“

Lewantas sagte noch, welche Gasse Anastas und seine Gruppe zu übernehmen hätte. Es war eine kurze Gasse oben an der Kirche, nur etwa zehn Häuser, und er konnte daraus ersehen, wie zahlreich ihre Kräfte sein mussten.

Und morgen dann wird jeder spüren. sogar deutlich sehen, wie viele sie noch sind oder schon wieder sind, dass Feuer und Galgen sie nicht zerstört, aber gehärtet haben und wie sie über Nacht eine Stadt verwandeln, und sei es nur in eine tödlich verachtende, schweigende Stadt. Der Doktor hatte schon recht: Es bedeutet viel, wenn es gelingt. Es war nicht das, wonach Anastas verlangt hätte, aber schließlich sagte er sich, dass es besser war als Warten und immer, wie einen Haken im Fleisch, den Zweifel haben, ob man wohl noch kräftig sei.

Er machte sich gegen Abend auf den Weg. Frandseskos, den Bootsbauer, traf er am Rande des kleinen Werftgeländes, an einem der neuen Boote beschäftigt. Er sagte ihm, sodass kein anderer es hörte, was zu sagen war. Er teilte ihm zwei Häuser zu und hatte vorher genau bedacht, welche. In einem dieser beiden Häuser wohnte Frandseskos Bruder.

„Was wirst du sagen, weswegen du kommst?“

„Er ist mein Bruder, und ich komme.“

„Aber es ist besser, du hast ein bestimmtes Anliegen."

Frandseskos der dabei war, Planken einzupassen, sah nur nur kurz von der Arbeit auf. Er zuckte die Schulter.

„Sie haben kürzlich eine Tochter bekommen“, sagte Anastas.

„Ja. Ich bin Pate“, sagte Frandseskos strahlend

„Na, also“, sagte Anastas. „Patenonkel.“

Auch der Zeitpunkt des Besuchs wurde genau vereinbart, denn Anastas musste dafür sorgen, dass die Männer seiner Gruppe zu verschiedenen Zeiten in die Häuser gingen.

„Und du hast eine Stunde. Länger darfst du nicht bleiben“, sagte er und verabschiedete sich, ohne dem anderen die Hand zu geben.

Antonis, den Fischer, sah er am Strand beim Netzeflicken, aber er musste vorübergehen und versuchen, ihn später zu treffen, denn Antonis saß nicht allein. Alle, bis auf einen, traf Anastas im Laufe des Abends irgendwo und bezog sie in die Aufgabe ein, teilte ihnen Häuser, deren Bewohner in natürlicher Beziehung zu ihnen standen, Verwandte und Freunde waren oder doch wenigstens Bekannte. Dieser eine, den er nicht aufsuchte, war erst kürzlich aus der Haft zurückgekehrt. Obwohl er es leugnete, musste angenommen werden, dass er den Schein unterschrieben hatte, der die Absage seiner ehrlichen Vergangenheit enthielt, seinen Verzicht auf Zukunft, seinen Fluch auf die Partei. Man musste mit ihm noch warten. Es war in jedem Falle besser, ihn nicht einzubeziehen: Er konnte alles gefährden oder war, sollte er ehrlich geblieben sein, am meisten gefährdet von allen.

Ein Haus hatte Anastas selbst übernommen, das seiner Schwägerin Foni, älteste Schwester seiner Frau. Man sah einander selten. Foni, sparsam und gut genährt, war eine streitsüchtige Alte und dünkelhaft dazu, denn ihr verstorbener Mann hatte zu den gehobenen Schichten gehört und zuletzt der städtischen Finanzabteilung vorgestanden. Im Hause wohnte noch ihr ältester Sohn mit Frau und Kindern.

Anastas traf die Familie beim Abendessen.

„Setz dich”, sagte die Alte. Sie lud ihn nicht ein mitzuessen, aber Anastas nahm keine Notiz davon.

„Ich weiß schon, weshalb du kommst.“

„Wieso?“, fragte er.

„Ich kann es mir schon denken“, fuhr sie in demselben Ton fort, und nun wusste er auch, was sie dachte.

„Nein“, sagte er. „Im Gegenteil.“

„Woher willst du wissen, was ich denke?“

Vor einer Woche hatte Anastas dem Drängen seiner Frau nachgegeben und Foni gebeten, ihm für Sofias Hochzeit Geld zu leihen. Sie hatte gejammert und gefeilscht und ihm dann doch etwas gegeben, viel weniger, als er gebraucht hätte.

„Also, was denkst du?“, fragte sie.

„Du meinst, ich brauche noch Geld.“

„Stimmt das etwa nicht? Ihr braucht doch immer Geld!“

Mit „Ihr“ meinte sie nicht nur Anastas und seine Familie, Sondern alle, die aus Mangel an Klugheit nie aus der Armut aufsteigen würden.

„Nein, ich sage doch“, erwiderte Anastas. „Im Gegenteil. Ich bringe dir schon etwas zurück.“

Es war das letzte Geld, das er besaß, und er legte es ohne Zögern auf den Tisch. Er würde woanders etwas borgen. „Wir hatten ein paar gute Fänge“, sagte er und war zufrieden, wie glaubhaft es geklungen hatte.

„Geliehenes zurückgeben vor der Zeit! Das lob ich“, sagte sie und bot ihm an, einen Becher Wein mitzutrinken. Die Schwiegertochter schenkte ein. Sie fragte nach Nikolas.

„Es hätte schlimmer sein können“, sagte Anastas. „Wir haben Glück gehabt.

„Was heißt Glück?“, sagte Foni empört. „Es ist eine Schande, dass so etwas geschehen musste. Dieser Mensch ist eine Schande für die ganze Stadt.“

„Er war“, sagte Anastas.

„Natürlich“, sagte sie. „ Aber auch als Toter ist er noch eine Schande.“

Griechische Hochzeit von Herbert Otto: TextAuszug