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Schüsse im Hafen von Heiner Rank
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Preis E-Book:
5.99 €
Veröffentl.:
31.05.2015
ISBN:
978-3-95655-398-1 (E-Book)
Sprache:
deutsch
Umfang:
ca. 83 Seiten
Kategorien:
Belletristik/Thriller/Spannung, Belletristik/Krimis & Detektivgeschichten/Polizeiprozesse, Belletristik/Krimis & Detektivgeschichten/gemütlich (humorvoll)
Kriminalromane und Mystery: Polizeiarbeit, Thriller / Spannung, Kriminalromane und Mystery: Cosy Mystery
Schmuggel, Ostsee, Norwegen, DDR, 20. Jahrhundert, Schmuggler, Geschichte, historisch, Bormaschinen, Krimi, Polizei, Spannung, Thriller, Zoll
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„Kennen Sie Ihren Kollegen Edwin Otto näher?“, fragt Gärtner.

Der Brigadier kaut bedächtig, nimmt dann einen Schluck Bier. „Näher? Nö.“ Er schüttelt den Kopf. „Mehr als zehn Worte hintereinander hat der noch nie zu mir gesagt. Ich bin ja auch erst knapp ein Jahr hier.“

„Wie macht er seine Arbeit?“

„Da gibt es eigentlich nichts dran zu meckern. Zuverlässig ist er, und im Wettbewerb steht er überm Durchschnitt.“

„Hat er gar keine Freunde unter den Arbeitskollegen?“

„Na ja, manchmal spendiert er einen, dann sind die Schlaucher um ihn ’rum. Ist nicht unbeliebt bei uns. Immer ruhig, hält sich aus allem ’raus. Tja, aber dicke Freundschaften? Nicht, dass ich wüsste. Moment, wir fragen mal den da, der weiß vielleicht ein bisschen mehr. He, Camillo, komm mal ’rüber!“, ruft er einem jungen Mann mit Bärtchen und pechschwarzer Lockenmähne zu. Der tritt zögernd näher und mustert misstrauisch die Zöllner.

„Na los, setz dich hin“, sagt der Brigadier, „die Kollegen beißen nicht.“

Camillo nimmt mit verlegenem Lächeln Platz.

„Hör mal“, beginnt der Brigadier, „du fährst doch manchmal mit Otto nach Hause. Wohnst doch auch draußen in Gehlsdorf. Du musst doch eine Ahnung haben, mit wem Otto befreundet ist.“ Camillo zuckt mit den Schultern. „Über so etwas reden wir nie. Er erzählt bloß manchmal, dass wieder eins von seinen Viechern abgehauen ist. Die Biester sind ja unheimlich schlau.“

Wolf sagt auf gut Glück: „Otto kriegt doch manchmal Besuch von so einem Langen im grauen Mantel, der Junggeselle sein soll.“

„Ach, den meinen Sie? Den kenne ich. Der war mal bei der Bahn. Aber da soll er vor einiger Zeit wegen irgend‘ner krummen Sache ’rausgeflogen sein.“

„Wie heißt er denn?“

„Kann ich nicht sagen. Er wird bloß immer ,der Lange' genannt.“

„Wissen Sie, wo er wohnt?“

„Er muss bei uns in Gehlsdorf wohnen, da seh’ ich ihn manchmal, wenn er morgens zur Straßenbahn geht!“

„Wo arbeitet er denn jetzt?“

„In irgendeiner Werft. Mein Bruder hat mal so was gesagt, der ist Milchfahrer bei der HO. Der hat ihn mal in irgendeiner Werft gesehen.“

„Wo kann man Ihren Bruder erreichen?“

„Der ist jetzt nicht da, macht da unten bei Dresden einen FDGB-Lehrgang mit.“

„Wissen Sie Näheres über Ottos Freundschaft mit dem Langen?“

„Ich weiß nicht, ob das überhaupt eine Freundschaft ist. Seit der Lange von der Bahn weg ist, hab’ ich die beiden eigentlich nie wieder zusammen gesehen. Früher, wenn ein Zug mit Baumaterial in den Hafen kam, war der Lange oft dabei, und dann hat er meistens mit Otto gequatscht. Aber warten Sie mal — gestern nach der Mittagspause, da hat der Otto mit dem Langen gesprochen. Jedenfalls kam es mir so vor.“

„Donnerwetter, das ist interessant. Erzählen Sie bitte.“

„Na ja, viel war nicht. Ich musste gestern in die Verwaltungsbaracke, einen Krankenschein von ’nem Kollegen abgeben. Und als ich da an einer Tür vorbeikam, da war mir so, als würde ich Ottos Stimme hören. Er sagte ungefähr: ,Nu mach keinen Quatsch, Langer. Geh hin und sag ihr, sie soll um Gottes willen die Klappe halten.‘“

„Ist das alles gewesen?“

„Ja. Mehr habe ich nicht gehört. Ich bin ja nicht stehengeblieben, nicht wahr?“

„In welchem Zimmer ist das gewesen?“

„Die zweite oder dritte Tür, wenn man ’rausgeht, links vor dem Ausgang.“

„Können Sie sich noch an die Uhrzeit erinnern?“

„Es muss kurz nach halb eins gewesen sein.“

„Sind Sie ganz sicher, dass es Ottos Stimme gewesen ist?“

„Gesehen hab‘ ich ihn nicht; Aber es hat sich genau so angehört, wie Otto redet.“

„Würden Sie bitte mitkommen und uns die Tür in der Baracke zeigen?“

„Gerne, wenn es nicht lange dauert. Ich hab‘ noch nicht gegessen. Und bei Überschreitung der Mittagspause wird der Kollege hier zum Unmenschen.“

„Nun halt mal die Luft an, Camillo. Doch nicht in diesem Fall“, knurrt der Brigadier entrüstet.

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