Ein stattliches zweistöckiges Haus inmitten eines prächtigen Obstgartens und dazu etwa dreißig Hektar Land nannte der Tinterbauer sein eigen. Alles in allem genommen einer der schönsten Bauernhöfe in Unterläuten. In guten Jahren warf der Hof einen ganz respektablen Überschuss ab, doch als die Zahl der Erwerbslosen in die Millionen ging, die zwar einen riesigen Hunger, aber nicht Geld genug hatten, um die Milch und das Fleisch zu kaufen, die die Bauern in die Städte lieferten, stockte der Absatz, obgleich die Preise stark gefallen waren. Und so kam es, dass auch der Tinterbauer Schulden machen musste. Es handelte sich um sechstausend Mark, im Verhältnis zu diesem Bauernhof eine ganz geringfügige Summe und genau so viel, als der Vermögensanteil, den Tinter seinem ältesten Sohn, dem Konrad, auszahlen musste.
Für Tinter jedoch bedeutete diese Wendung der Dinge etwas Tieferliegenderes, Ernsteres. Gerade die Auseinandersetzung mit Konrad schien ihm dafür ein entsprechender Beweis.
Konrad hatte sich nämlich eine Frau ausgesucht, die ganz und gar nicht nach dem Geschmack Tinters war. Es war die Tochter des Schmiedemeisters von Oberläuten, und diese Heirat konnte nach Tinters Meinung nicht gut ausgehen. Erstens war bei dieser Schmiede nur wenig Land, zweitens war Konrad kein Schmied und der Vater der zukünftigen Schwiegertochter schon in den Sechzigerjahren. Tinter gefiel die Schwiegertochter aber auch aus einem anderen Grunde nicht. Sie sagte ganz offen, dass es ihr keinen Spaß machte, von Sonnenauf- bis Sonnenuntergang auf dem Felde zu arbeiten und sich als einzige Entschädigung mit dem sonntäglichen Kirchenbesuch zu begnügen. Sie tanzte gern, lachte gern, fuhr gern mit Konrad in die Stadt zum Jahrmarkt, trug dabei gut auf ihre Figur gearbeitete Kleider, und ihre Figur war so, dass selten ein Mann an ihr vorbeiging, ohne sich nach ihr umzudrehen. Ein leichtsinniges, überkandideltes Frauenzimmer, urteilte Tinter, und es war ihm ganz unfassbar, dass Konrad Heiratsgelegenheiten ausschlug, die finanziell weit günstiger zu beurteilen waren.
Noch mehr jedoch ärgerte Tinter sich darüber, dass Konrad die Redereien seines Vaters überhaupt nicht ernst nahm. Auch die Mutter bekannte resigniert: Grad wie verhext ist er. Und so häufte sich der Groll Tinters immer mehr an, bis es eines Tages zu einem furchtbaren Krach zwischen ihm und Konrad kam. Tinter fand für das Verhalten Konrads keine andere Erklärung, als dass auch er von der Leichtsinnigkeit und Leichtlebigkeit angefressen war, die sich seiner Meinung nach in der Welt breitmachte, und die, wie ihm schien, auch der Grund war, dass alles drunter und drüber ging und nicht mehr in Ordnung kommen wollte. Tinter hielt es für ein Verbrechen, sich selbst durch falsch verstandene Nachgiebigkeit mitschuldig zu machen, denn dieses Gift fraß ja auch, wie er glaubte, an seinem Hof. Er zahlte Konrad den Vermögensanteil aus und verbot ihm ein für alle Mal das Haus.