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Das Leben scheidet, nicht der Tod. von Holda Schiller
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Preis E-Book:
7.99 €
Veröffentl.:
07.04.2013
ISBN:
978-3-86394-801-6 (E-Book)
Sprache:
deutsch
Umfang:
ca. 379 Seiten
Kategorien:
Belletristik/Liebesroman/Geschichte/20. Jahrhundert, Belletristik/Liebesroman/Spannung, Belletristik/Familienleben, Belletristik/Geschichte, Belletristik/Krieg & Militär, Belletristik/Moderne Frauen, Belletristik/Politik
Historischer Roman, Belletristik: Themen, Stoffe, Motive: Politik, Kriegsromane, Familienleben, Belletristik: romantische Spannung, Liebesromane, 20. Jahrhundert (1900 bis 1999 n. Chr.)
Bessarabien, Neulehrer, Sowjetische Besatzungszone, Währungsreform, Bodenreform, Brandenburg, Berlin
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Als sie erwachte, brannte helles Licht. Sie dachte an den Traum und sagte nur: „Du liebe Güte!" Dann rüttelte sie Arno wach und teilte ihm leicht verunsichert mit, sie habe ihn mit Zeus betrogen, auf einer weißen Wolke. Arno brummte etwas wie: „Ich reiß ihm die Ohren ab", und schlief weiter. Sie hatte Hunger und zog ihm das Deckbett weg: „Genug geschlafen, wir wollen endlich essen. Ich hab etwas, was du nicht hast, rate, was!"

Er ging schweigend in den Flur, holte die Tasche, die er vorhin hatte fallen lassen, und sagte: „Ich hab auch etwas, was du nicht hast, rate, was!" Keiner wollte zuerst mit seinem Schatz herausrücken, bis es Arno zu dumm wurde und er ein Zweipfundbrot aus der Tasche holte.

„Oh, nun können wir aber schwelgen. Wie viel kostet das?"

„Fünfundzwanzig Mark, Freundschaftspreis, weil Volker den Bäcker kennt."

Ermina sah ihn spitzbübisch an, nahm die Schüssel mit Quark, in den sie noch Zwiebeln getan hatte, und hielt sie Arno unter die Nase. Er schloss die Augen, sog den Geruch ein und drohte umzufallen.

„Fünfundsiebzig Pfennig, legaler Preis", sagte sie.

Zuerst kauten sie wortlos, hingebungsvoll. Nachdem sie ihre vor Hunger wild gewordenen Mägen besänftigt hatten, berichtete Arno von Berlin. „Du, wir müssen dorthin! Bibliotheken, Verlage, Hochschulen, Verwaltung, alles sucht, alles braucht fähige Leute. Und unsereins sitzt in einem Spießernest und erzählt jeden Tag dasselbe."

Ermina hörte im wohligen Gefühl des Sattseins nur die Hälfte. Arno zog ein Buch aus der Tasche. „Für dich." Sie las: Friedrich Wolf, Empörung. Vier Dramen. Auf der Titelseite ganz unten: AUFBAU-VERLAG GMBH Berlin W 8. Das Impressum am Schluss des Bandes kam ihr wie eine Zauberformel vor. Zum ersten Mal bewunderte sie Volker Birnbaum. Dass er in solch einer Institution einen Freund hatte, hob sein Ansehen in ihren Augen. Arno klopfte sich mit der flachen Hand an die Stirn. „Ich bin ein Ross! Wie war es im Sägewerk? Das hatte ich völlig vergessen."

Sie verzog das Gesicht. Aus der inneren Weiträumigkeit zurück in die Klemme, das behagte ihr nicht. Doch sie erzählte alles.

„Du, ich glaube, Weidmann fliegt noch vor Schuljahresende", meinte Arno.

„Zum Schaden der Schule wäre es nicht, wo er doch überhaupt keinen Charakter hat ..."

„Für Volker bestünden Aussichten in diesem Fall."

„Volker?", sagte Ermina überrascht. „Ich weiß ja nicht ... Wer solche Streiche fertigbringt."

Etwa drei Wochen lag der Streich, auf den Ermina anspielte, zurück. Birnbaum gab Geschichte und Gegenwartskunde, Fächer, denen man von oben her besondere Aufmerksamkeit schenkte: Deshalb galt auch jeder höhere Besuch zuerst ihm. An dem Tag kamen der Schulrat und ein Inspektor, als er, Birnbaum, schon unterrichtete, in seine Klasse, sie machten es sich in der letzten Reihe bequem, ohne ihm vorher etwas gesagt oder ihn gefragt zu haben. Aufs Höchste erbost, überlegte er, wie auch er ihnen beikommen konnte. Als dann der Name Stalin fiel, wie in jeder Gegenwartskundestunde, forderte Birnbaum die Schüler auf, sich zu erheben. Sie sahen einander verwundert an, kamen aber der Aufforderung nach. „Es lebe Stalin!", rief Volker. Ein paar Jungen taten es ihm gleich, es kam jedoch nur ein müdes Gebrabbel heraus, in das er wie ein Windstoß fuhr: „Was denn, was denn! Keine Puste für ein Hoch auf Stalin?" Die Schüler brüllten: „Es lebe Stalin!" Volker ließ sie sich setzen und unterrichtete weiter.

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