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Preludio 11. Roman von Wolfgang Schreyer
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Preis E-Book:
7.99 €
Preis:
7.90 € (Film)
Veröffentl.:
22.09.2012
ISBN:
978-3-86394-095-9 (E-Book)
Sprache:
deutsch
Umfang:
ca. 379 Seiten, Film: 86 Min., 1 DVD
Kategorien:
Belletristik/Thriller/Spionage, Belletristik/Thriller/Spannung, Belletristik/Thriller/Militär, Belletristik/Thriller/Politik, Belletristik/Liebesroman/Militär, Belletristik/Liebesroman/Geschichte/20. Jahrhundert, Belletristik/Geschichte, Belletristik/Familienleben, Belletristik/Krieg & Militär, Belletristik/Moderne Frauen, Belletristik/Politik
Abenteuerromane, Spionagethriller, Historischer Roman, Belletristik: Themen, Stoffe, Motive: Politik, Thriller / Spannung, Kriegsromane, Familienleben, Politthriller/Justizthriller, Liebesromane, 20. Jahrhundert (1900 bis 1999 n. Chr.)
Kuba, Miami, Exilkubaner, Batista, Fidel Castro, Invasion, Schweinebucht
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Barro sprang als letzter, er musste den Überblick behalten. "Marsmenschen greifen an!", hatte er den anderen zugerufen, nun sauste er ihnen wie die letzte Bombe eines Reihenwurfs nach. Der Wind schlug ihm den Atem weg. Unten flammten Dutzende von Fallschirmen auf, sie blähten sich und segelten auf die Betonbahn los. Ein sauberer Wurf! Und jetzt der erwartete Ruck, die knatternde Seide über ihm. Er versuchte, die Richtung abzuschätzen. Trieb es ihn nicht nach links? Er riss an den Fangschnüren, wie sie es gelernt hatten. Sein Zug war die Elite von San Ambrosio, Nahkampf- und Zielsprungartisten, wie sie es nie zuvor auf Cuba gab, und er hatte es nun am schwersten. Während die beiden anderen Züge über dem Nord- und dem Südufer niedergingen, sollte er unmittelbar auf die Brücke fallen. Das war tollkühn, ganz nach seinem Geschmack. Selbst wenn die Hälfte das Ziel verfehlte - der Rest reichte aus. Zustoßen, niederknallen, Entsetzen verbreiten! In ihrem gescheckten Kampfanzug und dem Sturzhelm sahen die Männer kaum noch menschenähnlich aus. Sie fielen aus der Luft wie Krieger von einem fremden Stern.

Der erste glitt hart am Geländer vorbei. Die Fahrbahn war völlig leer. Barro erkannte schon den Trennstreifen in der Mitte. So ein Handstreich glich in vielem ganz dem normalen Leben. Solange man zügig vorankam, wich einem der Gegner aus; ging es aber schief, fiel er über einen her. Hier freilich konnte nichts schief gehen. Tumba Cuatro war eine sichere Beute. Nachdem der Funkspruch aus Habana vorlag, hatten die Infrarotaufnahmen eines Nachtaufklärers bestätigt: Die Brücke war frei, bis auf einen Doppelposten und dessen Ablösung. Mit zwanzigfacher Übermacht stürzten die Marskrieger in drei Ketten aus Seide, Muskeln und Stahl darauf herab.

Unter seiner Fußspitze lag das Postenhaus. Jemand lief davon weg. Barro hob die Maschinenpistole; er hatte gelernt, im Fallen zu zielen. Lauf nur im Zickzack, Fidelista, gleich stirbst du! So jagt ein Habicht eine Maus. Dort eine zweite Gestalt, sie hob die Arme, es blitzte ihm entgegen; der Tanz begann. Doch ehe er abdrücken konnte, schoben sich Fallschirme vor das Ziel. Vier oder fünf seiner Leute schwebten schräg auf den Schützen zu, und jetzt schossen sie zurück.

Rasendes Geknall. Barro fiebert, er kann nichts erkennen. Verdammt, denkt er, sie machen ihn fertig und vergessen darüber das Steuern. Zwei treiben schon ab, rutschen neben der Fahrbahn weg. Zieht an den Schnüren, Jungs, schaukelt doch ein bisschen! Der Rausch hat sie gepackt. Das Postenhaus ist eine Qualmwolke, Rolando muss die Bazooka abgefeuert haben. Hurra, das Ding bricht auseinander, Trümmer kippen übers Geländer. Ein Gruß vom Mars, bravo! Aber vergesst nicht die Landetechnik, will er ihnen zuschreien. Verlagert euer Gewicht, sonst fallt ihr auch daneben. Nein, einer hat Fuß gefasst, noch einer, drei Mann fast gleichzeitig... Barro sieht: Der erste wirft die Gurte ab, kriecht bis zum Trennstreifen und bleibt bäuchlings liegen; was ist los Jungs, hoch! Der zweite springt wie eine Heuschrecke, duckt sich, schießt, schnellt auf den Fidelista zu; seinen Fallschirm weht es weg, der hüllt den anderen ein wie ein Leichentuch. Der dritte wird seinen Schirm nicht los, er ist zusammengesackt; der Stoff wölbt sich, die Schnüre werden straff, sie schleifen ihn rückwärts über den Straßenbelag. Weshalb bläht sich der Schirm, haben wir solchen Wind?

Vom Nordufer her rollt ein Lastwagen auf die Brücke. Wieso hat der erste Zug ihn durchgelassen? Barro sucht den ersten Zug, er kann ihn nicht finden. Kein Fallschirm auf dem Nordufer. Dafür ist der Talgrund links mit Seidenglocken übersät; soll das etwa... Der Lastwagen schleudert, sie haben ihn gestoppt, der Fahrer stürzt heraus, fällt hin. Ein Zivilist, der wird uns nicht gefährlich... Das Betonband wächst auf ihn zu, wenn er nicht aufpasst, rutscht er selbst dran vorbei. Er manövriert angestrengt. Eine Bö bläst den Trennstreifen weg, den er anvisiert hat Der Lastwagen taumelt ihm entgegen. Auf der Plane steht: INRA. Die zertrümmerte Scheibe. Löcher in der Motorhaube. Zwei Kerle am Nordufer. Der Fahrer, wie er sich aufrafft und irgendwas wirft. Das Geländer kommt heran, Barro greift danach, kann es nicht fassen. Es schiebt sich zwischen ihn und einen regungslosen Fidelista. Durch die Stäbe Rolandos Gesicht, ein schreiender Mund.

Mit einem Schlag verschwindet alles, die Fahrbahn ist hochgeglitten wie ein Etagenboden am Lift. Statt dessen dehnt sich das Tal, grau und gewaltig, belebt von Tuchflecken, hüpfenden Männern - Heuschrecken vom Mars. Buschgruppen, Tümpel, Gras, dazwischen die Riesenbeine der Brücke. Etwas stimmt nicht. Barro spürt die Gurte kaum noch, es zieht seinen Magen hoch. Ein Pfeiler schwimmt auf ihn zu, er stößt sich verzweifelt ab. Was ist das? Er späht hinauf und merkt, dass es seinen Fallschirm gegen den Stahlbeton drückt. Der Stoff klappt zusammen, verquirlt zu einem Korkenzieher, er saust in die Tiefe! Der Talgrund kippt um, die Brücke steht quer, der Himmel hängt unter ihm wie ein Zirkusnetz. Er zieht die Beine an und hofft dass aus dem Korkenzieher wieder ein Fallschirm wird. Die Luft beginnt zu pfeifen. Der Aufprall reißt ihn fast in Stücke. Wasser spritzt, er sieht nichts mehr, hat Schlamm auf der Zunge, spuckt aus, brüllt. So also schmeckt der Tod.

Als er zu sich kommt, riecht es nach Rauch. Später hört er es knistern und prasseln. "Was ist los", fragte er, "haben wir sie?" - "Zur Hälfte", antwortet ihm jemand. "Der erste Zug hält das Südende, Chef. Er kann aber nicht 'rüber, und wir kommen nicht hoch. Die Bande hat das Unterholz angesteckt, der ganze Abhang brennt. Carboneros! Sie reißen ihre Meiler auseinander..."

Barro hustet, seine Glieder sind aus Gummi, doch sie lassen sich bewegen. Ihm fallen die beiden Flecke auf den Infrarotfotos ein. Das sind also Meiler gewesen. Solch ein Meiler ist vier Meter hoch und an die tausend Peso wert, man zerstört so was nicht zum Spaß. Die Köhler tun es, weil sie Rote sind, weil sie ihm die Sache hier versalzen wollen... Er richtet sich auf, winkt seine Leute heran. Seltsam schwerfällig kriechen sie näher. Sammeln! Rauch weht über die Buschinsel, auf die man ihn gehoben hat. Beißender Qualm von feuchtem Holz. Das zieht gelblich-weiß den Hang herab. Wenn der Wind in den Schleier fährt, sieht er dort oben Menschen rennen. Sie schleppen dünne, qiemende Stämme, die auf ihren Schultern wippen. Man schießt auf sie, fallend werfen sie die glimmende Last ab. Ein Stamm saust in weitem Bogen hangabwärts zwischen Distelstauden und Gras. Flammen züngeln empor.

Einen Frontalstoß führen, durch Sumpf, bergan, durch die Feuerwand? Funken fliegen ihr voraus, er glaubt die Hitze zu spüren. Seine Energie kehrt zurück. Unter der Brücke durch, drüben hochklettern, das ganze Nordufer können sie nicht anzünden. Barro schreit Befehle. Als er die Buschinsel verlässt, sinkt er bis an die Waden ein. Der Rauch wird dichter, graugelbe Schwaden wälzen sich träge über den Morast. Er erreicht einen Pfeiler und keucht. "Auf alle Fälle - macht den fertig zur Sprengung! Wenn wir's nicht schaffen, jagen wir den hoch." - "Wir haben nichts, das Zeug ist oben beim ersten Zug!" - "Und der Cucana-Trupp?" - "Noch nicht in Sicht, Chef." - "Kommt weiter, hier gehn wir vor die Hunde."

 

Preludio 11. Roman von Wolfgang Schreyer: TextAuszug