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Kirschenkosten von Hildegard und Siegfried Schumacher
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Preis E-Book:
7.99 €
Veröffentl.:
03.01.2015
ISBN:
978-3-95655-231-1 (E-Book)
Sprache:
deutsch
Umfang:
ca. 365 Seiten
Kategorien:
Belletristik/Liebesroman/Erwachsenwerden, Belletristik/Familienleben, Belletristik/Moderne Frauen, Kinder-und Jugendbuch/Familie/Generationsübergreifend, Kinder-und Jugendbuch/Familie/Eltern, Kinder-und Jugendbuch/Liebe und Romanze
Kinder/Jugendliche: Familienromane, Kinder/Jugendliche: Persönliche und soziale Themen: Familie, Kinder/Jugendliche: Liebesromane, Freundschaftsromane, Familienleben, Liebesromane
Liebe, Freundschaft, Eltern, Großeltern, Schule, Pubertät
12 - 99 Jahre
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Mit Vati hatte ich das erste Mal einen Sonnenaufgang beobachtet. Lange lag das zurück, und es war, als Mutti Felix bekam. Vati hatte sie am Abend ins Krankenhaus begleitet, und ich wartete zu Hause auf das Brüderchen, denn für mich stand es felsenfest, dass es ein Bruder werden würde. Oma brachte mich zu Bett. Ich schlief aber nicht, denn ich wollte nichts verpassen. Als ich Vati kommen hörte, stand ich auf, um zu sehen, ob er das Brüderchen schon rnitgebracht hätte. Oma schimpfte und steckte mich wieder ins Bett. Doch später schlich ich zu Vati hinüber. Er schickte mich nicht fort, vielleicht wollte er nicht allein sein.

Ich durfte in Muttis Bett schlafen. Zum Schlafen war ich viel zu aufgeregt, und ich fragte, warum ich erst jetzt einen Bruder bekäme. Vati speiste mich nicht mit dem Storch ab wie Oma. Mein kleines Mädchen, sagte Vati, das ist nämlich so, wenn zwei Menschen sich sehr lieb haben ...

Habt ihr euch nur zweimal lieb gehabt?

Vati lachte mich nicht aus. Lieb haben wir uns immer, sagte er. Ein Kind, Tine, das ist, als wenn zwei Menschen einen Stern geschenkt bekommen, und den bekommt man nicht jeden Tag. Verstehst du das?

Ja, das verstand ich, und ich sah aus dem Fenster zu den Sternen und wartete, dass einer zur Erde herniederfuhr. Dann musste das Brüderchen bei Mutti angekommen sein. Ich suchte nach Vatis Hand. Sie war groß und warm und ein wenig rau, und so schlief ich ein.

Als der Tag graute, wachte ich auf. Vati zog sich gerade seine Windjacke über. Ich fragte, wo er hinwollte, und er sagte, er wollte die Sonne aufgehen sehen, weil es ein besonderer Tag sei. Und er nahm mich mit. Wir gingen den Weg nach Stresenau bis zum Findling unterm Holunderbusch. Dort setzten wir uns und sahen hinunter ins Bruch. Es schwamm in einem milchigen Hauch, bis der Himmel immer goldner wurde und der Sonnenball über den Horizont schaute. Vati hatte einen Arm um mich gelegt. Ich sagte kein Wort, denn ich wagte es nicht, die Sonne zu stören an diesem besonderen Tag. Am Ende würde sie denn zurückrollen unter den Himmelsrand, und der besondere Tag fiel aus, vielleicht sogar das Brüderchen. Ja, ich erinnerte mich, dass ich so ungefähr gedacht hatte, und vielleicht verstehe ich mich mit Felix so gut, weil ich damals mit Vati auf ihn gewartet habe.

Noch oft waren wir beide zum Findling gegangen. Vati hatte mir dort Weidenflöten und Borkenschiffe geschnitzt, und wir hatten über alles geredet, was uns in den Sinn gekommen war. Ich wünschte mir auf einmal sehr, dass Vati bei mir wäre und wir miteinander reden könnten.

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