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Bergers Ehe von Ulrich Völkel
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Preis E-Book:
7.99 €
Veröffentl.:
02.10.2015
ISBN:
978-3-95655-526-8 (E-Book)
Sprache:
deutsch
Umfang:
ca. 300 Seiten
Kategorien:
Belletristik/Liebesroman/Geschichte/20. Jahrhundert, Belletristik/Liebesroman/Militär, Belletristik/Moderne Frauen, Belletristik/Familienleben, Belletristik/Politik
Familienleben, Zeitgenössische Liebesromane, Satirische Romane und Parodie (fiktional), Belletristik: Themen, Stoffe, Motive: Politik
20. Jahrhundert, DDR, Volksmarine, Liebe, Ehe, Militär, Familienbeziehungen, Starke Frauen, Heirat, Liebesgeschichte, Politik, Spannung, Freundschaft
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Die wenigen Tage in Potsdam überzeugten Kurt vollends, dass Katja die Frau war, mit der er leben wollte. Am Tag vor dem Fest ging er morgens noch einmal in die Stadt, kaufte zwei goldene Ringe, legte sie bei der Bescherung zu den anderen Geschenken und wartete auf Katjas Reaktion, wenn sie das Etui öffnete. Er hatte vorher kein Wort von Heiraten oder Verloben gesagt. Er war sicher, dass sie einverstanden sein würde. Was anders sollte ihre Einladung, nach Potsdam in ihre Familie zu kommen, sonst bedeuten?

Katja öffnete das Kästchen, starrte die Ringe an, begriff langsam, setzte sich bleich und sagte endlich mit dünner Stimme: «Junge, du bist verrückt.»

Er hatte sich ihre Reaktion anders vorgestellt: Dass sie ihm um den Hals fallen und vor Glück weinen würde, wie solche Szenen im Kino abzulaufen pflegten. War sie verletzt, weil er nicht mit ihr über so etwas Wichtiges wie ein gemeinsames Leben gesprochen, sondern für sie mitentschieden hatte und nun auf ihr dankbares Ichliebedich wartete? Er, der große Kurt Berger, beehrte sie mit der Gunst, ihn ehelichen zu dürfen. Oder — wollte sie gar keine feste Bindung mit ihm?

Ihre Blässe war in helle Röte gewechselt. Sie blickte zu ihren ebenfalls überraschten Eltern, sie blickte zu ihm. Er wollte etwas sagen, erklären, stotterte aber nur. Da flüsterte sie, weil ihr der Hals noch immer wie zugeschnürt war: «Woher konntest du wissen, dass ich mir das am meisten gewünscht habe?»

Nun löste sich die Szene tatsächlich auf wie im Film, und Schluchzen war und Freuen und sentimentales Glückwünschen. «Den Sekt!», rief der Vater. Und «Meine Kinder», sagte die Mutter. Da waren sie also verlobt.

In der allgemeinen Rührseligkeit ertrank Kurts momentanes Erschrecken, als er sich der Selbstherrlichkeit seines Vorgehens bewusst geworden war. Ein Blitz war aufgezuckt, ein Donner war ihm nicht gefolgt. Er vergaß es. Er verdrängte es jedenfalls.

Weihnachten ist das Fest der Familie. Selbst der grantigste Schwiegervater zieht einen Fünzigmarkschein aus der Westentasche und steckt ihn dem eigentlich ungeliebten Schwiegersohn zu. «Musst es Mutter ja nicht unbedingt sagen, mein Junge.» Fantastischer Bratenduft erfüllt das Haus. Keine Gans schmeckt so wie die am ersten Feiertag. Kein Wein ist zu teuer für die Ananas-Bowle. Vater raucht die feinsten Zigarren. Was Simagel-Tabletten nicht mehr schaffen, bringt ein eiskalter Wodka allemal wieder in Ordnung. Entzücken über das kleinste Geschenk, und sei es die obligate Flasche Eau de Cologne für Mutter.

Die Verlobungsweihnacht mit Katja bei ihren Eltern musste nicht gespielt, irgendwelche Spannungen nicht überzuckert werden wie der Stollen. Es wäre auch bei seinen Eltern schön gewesen, aber es wäre sachlicher zugegangen, weniger euphorisch, eben anders. Oder irrte er sich? Machte es die Liebe zu Katja, die ihm alles in diesem besonderen Licht erscheinen ließ, die Welt vom Zuckerbäcker glasiert? Er dachte nicht lange darüber nach. Er genoss.

«Wissen deine Eltern eigentlich, dass ihr euch verloben wolltet?», fragte Katjas Mutter. Kurt erschrak, so peinlich war es ihm, daran erinnert zu werden. Auch Katja bekam ein schlechtes Gewissen. Sie kannte seine Eltern noch nicht. Selbst aus Kurts Erzählen konnte sie sich kein richtiges Bild machen; denn er redete selten von sich und noch seltener von seinen Eltern. Man hätte sie benachrichtigen müssen. «Wir schicken ein Telegramm», schlug Katja vor.

«Kannst du Auto fahren?», fragte der Vater.

Kurt bejahte.

«Dann telegrafiert ihr, dass ihr morgen kommt. Ihr nehmt unseren Trabi», schlug er vor.

Katja war sofort einverstanden, aber Kurt schüttelte den Kopf. «Das geht leider nicht», sagte er. «Ich habe als Urlaubsadresse Potsdam angegeben. Da kann ich nicht einfach nach Jena fahren.»

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