Zwei junge Hunde Bummi und Bolle leben als Freunde in zwei Nachbarhäuschen der am See gelegenen Siedlung. Bummi ist ein kleiner grau-weißer drahthaariger Schnauzer. Er hat ein sehr empfindsames, aufbrausendes Temperament. Er fürchtet sich nicht vor dem starken Widder Ramm; senkt Ramm seinen Schädel mit den gefährlichen Hornbolzen, um den kleinen bellenden Teufel anzunehmen, so springt Bummi nicht etwa davon, sondern er flitzt gerade auf den Widder los, duckt mit einem blitzschnellen Satz durch dessen Vorder- und Hinterbeine hindurch und packt den mit gesenkter, mächtiger Stirn wartenden Starrkopf am Schwanz, wobei er ihn zum Spaß der umherstehenden Lämmer rückwärts über die Wiese zerrt.
Ja, Bummi liebt solche Späße. Er ist listig, mutig, ein kleiner Scherzbold. Allerdings, wenn man ihn beleidigt und er ist sehr schnell beleidigt , so ist er eine halbe Stunde lang tief gekränkt, eine weitere halbe Stunde traurig; dann aber hat er bereits eine andere Sache entdeckt, die interessanter ist als die Kränkung, eine Sache, mit der er neue Späße treiben kann.
Wenn etwa ein Specht oben an einer Kiefer hämmert, so springt er mit lautem Gekläff ein dutzendmal mit kurzem federndem Anlauf zwei Meter hoch, halb kletternd den Stamm hinauf, obschon er genau weiß, dass er den Specht nicht fangen kann; aber es macht ihm Spaß, und er hat so viel Leben in sich, dass er es einfach tun muss. Bummi ist auch ein ausgezeichneter Schwimmer. Sowie er eine Ente im See erblickt, platsch ist er im Wasser und paddelt mit seinen Beinchen drauflos. Er liebt das Wasser. Aber er liebt es auch, durchs hohe Gras zu jagen; dabei macht er plötzlich mit allen Vieren Luftsprünge wie eine Gazelle, viel zu hoch für einen so kleinen Hund. Alles ist Leben und Freude an ihm. Und gleichsam der Gradmesser seiner Freude ist sein pinselartiges Stummelschwänzchen, das dann wie ein kleiner Propeller im Kreise wirbelt.
Das genaue Gegenteil zu Bummi ist sein Freund Bolle, ein junger, schwarzer, langhaariger, krummbeiniger Dackel; er sieht aus wie ein uralter, bärtiger Mann. Das kommt zum Teil daher, weil Bolle sich mit seinen kurzen, nach außen abgebogenen Laufstummeln nur wackelnd und langsam bewegen kann. Zudem hat Bolle stets einen nachdenklichen, ja traurigen Ausdruck in seinem von langen schwarzen Haaren fast zugewachsenen Gesicht. Bolle liebt es gar nicht, durchs hohe Gras zu jagen oder gar zu schwimmen. Er liegt vielmehr ruhig auf der Straße und rührt sich auch nicht, wenn ein Auto kommt. Weshalb soll er aufstehen, da er genau weiß, dass der Wagen vor ihm halten und der Fahrer fluchend aussteigen wird; es ist dann immer noch Zeit, dem Erzürnten die Zähne zu zeigen und zur Seite zu wackeln. Mehrmals erhielt er dennoch einen Tritt, einmal hat man ihm die Pfoten zerquetscht; aber Bolle besitzt Charakter, er besteht auf seinem Recht auf die Straße. Nach wie vor liegt er mit unerschütterlicher Ruhe mitten auf der Fahrbahn. Vielleicht hängt Bolles Straßenlage auch damit zusammen, dass er sich einfach so schnell nicht erheben kann, dass dies komisch wirken könnte und dass er dies nicht zulassen darf, wo doch alles an ihm so voller Ruhe und Würde ist.