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Cora Buntauge von Friedrich Wolf
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Preis E-Book:
0.99 €
Veröffentl.:
15.10.2024
ISBN:
978-3-68912-329-1 (E-Book)
Sprache:
deutsch
Umfang:
ca. 23 Seiten
Kategorien:
Kinder-und Jugendbuch/Action und Abenteuer/Allgemein, Kinder-und Jugendbuch/Kurzgeschichten, Kinder-und Jugendbuch/Leser/Anfänger
Kinder/Jugendliche: Romane, Erzählungen, Tatsachenberichte, Kinder/Jugendliche: Natur- und Tiergeschichten, Kinder/Jugendliche: Kurzgeschichten
Abenteuer, Entdeckung, Erwachsenwerden, Frankreich, Flucht, Freundschaft, Geheimnis, Jagderlebnis, Jagdhund, Jäger, Kinderabenteuer, Kindheitsträume, Natur, Radschläger, Rheinlandschaft, Spannung, Tiere, Überraschung, Weihnachtsferien, Winterferien, Zuneigung, Zusammenhalt
6 - 9 Jahre
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Pit und Menne, zwei zwölfjährige rheinische Jungens, hatten wie alle richtigen Jungens je nach der Jahreszeit ihre besonderen Spiele und Beschäftigungen.

Im Frühjahr, wenn der hochgehende Rhein losgerissene Baumstämme und seltene Pflanzenteile von weit her mit sich führte, „ländeten“ sie von einem Floß mit einer langen steinbeschwerten Leine „Schweizerwurzel“ und Kalmus, die sie als Mittel gegen Zahnschmerzen in der Apotheke verkauften. Im Sommer bestand die Haupteinnahme der Schuljungen zwischen Düsseldorf und Mainz im „Radschlagen“. Die rheinischen Radschläger waren geradezu weltberühmt. Der Baedeker vermerkte sie unmittelbar neben dem Beethovenhaus in Bonn und der Loreley bei St. Goar mit einem Stern. Wenn ein Personendampfer an der Landungsbrücke anlegte, standen wir Jungens schon startbereit am Ufer; und sowie die Vergnügungsreisenden das Land betraten, begannen wir im rasenden Wirbel loszulegen, indem ein jeder von uns „seinen“ Kunden radschlagend bis zur „Flotte“ oder zum Hotel „Wilder Mann“ begleitete, wofür man von den belustigten Fremden bisweilen einen Groschen erhielt. Hierbei herrschte unter den Radschlägern ein strenger Standeskodex; es gab keine Schmutzkonkurrenz. Der Erlös wurde meist gemeinsam in Murmeln, Lakritzstangen, Zuckerzeug oder Feuerwerkskörpern umgesetzt.

Im Herbst ging man – natürlich bevor die Traubenerntefreigegeben und die Strohpuppen abgebrannt waren – verbotenerweise in die Weinberge und im frühen Winter auf die Raben- und Hasenjagd.

Selbstverständlich hatte jeder richtige Junge „seinen“ Jagdhund, dessen Besitzer allerdings einer der wohlhabenden Kaufleute, Sandsteinfabrikanten oder oberen Beamten war.

So hatte auch Pit eine Jagdhündin – Cora –, einen englischen, glatthaarigen Pointer. Coras Besitzer war der Sandsteinfabrikant Dönges. Aber Cora hörte im Entscheidungsfalle auf Pit. Wenn Herr Dönges mit seiner Trillerpfeife Cora rief und Pit von irgendwo unsichtbar auf zwei Fingern seinen kurzen Gegenpfiff ertönen ließ, so entschied sich die Hündin nach kurzem Seelenkampf unfehlbar für Pit. Damit hatte es folgende Bewandtnis. Aus Indianergeschichten wusste Pit, wie man Jagdhunde an sich fesseln kann, indem man ihnen öfters eine Mischung von Spucke, zerriebenem Kopfhaar und Schweiß unter die Nase streicht, wobei man zu sagen hat: „Sohn (Tochter) einer Hündin, nichts wird uns fürder mehr trennen! Wir werden dereinst gemeinsam in die ewigen Jagdgründe des großen Manitu eingehen!“

Dies alles hatte Pit gewissenhaft ausgeführt. Zudem stahl er für seine weißhaarige, rotgefleckte Freundin sich jeden Bissen vom Munde ab. Hier sei noch ein besonderes Merkmal Coras verzeichnet; sie hatte verschiedenfarbige Augen – ein hellblaues und ein braunes. Menne, der Sohn des Bäckermeisters Schmitz und Pits Freund, nannte sie spöttischerweise deshalb Cora Buntauge.

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