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Cyankali. Ein Schauspiel von Friedrich Wolf
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Preis E-Book:
6.99 €
Veröffentl.:
01.08.2024
ISBN:
978-3-68912-032-0 (E-Book)
Sprache:
deutsch
Umfang:
ca. 155 Seiten
Kategorien:
Belletristik/Rechtlich, Belletristik/Medizin, Belletristik/Politik, Belletristik/Familienleben, Belletristik/Verbrechen
Familienleben, Historischer Roman, Belletristik: Themen, Stoffe, Motive: Politik, Belletristik: Themen, Stoffe, Motive: Soziales
1920er, Abtreibung, Arbeiterklasse, Armut, Drama, Frauenschicksal, Gerechtigkeit, Gesellschaftskritik, Hoffnung, Illegalität, Kindbettfieber, Moral, Mutterschaft, Notlage, Rechtssystem, Sterben, Überleben, Verantwortung, Verurteilung, Verzweiflung
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madame heye stellt schnell das Vesper seitlich auf einen Stuhl und zieht ihren weißen Schwesternmantel an: Ja!

 

Von rechts kommt Hete; sie bleibt zögernd stehen.

 

madame heye streng: Halb acht abends! Was gibt’s noch?

hete mit Zeitungsausschnitt: Bin ich hier recht?

madame heye knüllt den Ausschnitt zusammen: Haben Sie das jemand im Haus gezeigt?

hete: Nein.

madame heye: Setzen Sie sich! – Sie sind müde?

hete: Ja.

madame heye: Sie sind noch jung?

hete: Zwanzig.

madame heye: Nicht volljährig. – Reden Sie doch!

hete: Ich komme zu Ihnen … aber Sie wissen das ja alles, quälen Sie mich nicht! Leise. Sie müssen mir helfen, Sie!

madame heye: Richtig. Betrachtet sie. Leg mal deinen Mantel ab. Etwas mitgenommen siehste aus.

hete sieht sie an: Lassen Sie das! Ich zahle.

madame heye: Klar. – Warste schon mal beim Arzt?

hete: Nein.

madame heye sieht sie an: Hast du’s selbst mal probiert?

hete: Nein.

madame heye: Du siehst so elend aus …

hete: Was sagen Sie?

madame heye: Hast du ’ne Mutter?

hete steht auf: Ich zahle doch! Bin ich denn hier beim Doktor?

madame heye aufhorchend: Wieso beim Doktor?

hete setzt sich, müde: Ich meinte bloß.

madame heye misstrauisch: Hat deine Mutter dir ’s Geld gegeben, oder hast du so ’n Kavalier unterwegs … bleib nur, ich meine, du siehst gar nicht so aus wie ’ne Nutte … brauchst nicht hochzugehn, das zieht hier nicht, wir sind reell und wollen wissen, wen wir bedienen! – Wie heißt er denn?

hete: Kein Klauenfritze, Sie! Nee! Wenn er auch türmen musste wegen der Kantine … der bekommt schon wieder Arbeit, der Paul!

madame heye: Ach so, der … der Kantinen-Paul, ach so … natürlich kriegt der Arbeit, aber Tütenkleben und Mattenflechten; der sitzt hinterm Gitter …

 

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