Nächtliche Fahrt. Duisburg Essen Hamm. Vom D-Zug aus überall feuerspeiende Essen der Hochöfen, Martinöfen, Hütten Kurze Einblicke in die Schmelzen: Metall Metall flüssiges Eisen Im Flugzeug über dem Kohlenpott ein Schornstein am andern, eine Esse an der andern, die Schmiede Deutschlands
Wer schmiedet? Schichtwechsel vor dem Tor einer Hütte. Gießer, Former, Schmelzer bei der Arbeit. Mietskaserne
Klebekolonne schlägt im Umkleideraum, an Fabrikmauer das Ruhrecho an:
Herabminderung der Belegschaft! Rationalisierung!
Im Jahre 1914
Arbeitszeit: 10 Std.
Zahl der Hochöfen: 9
Arbeiterzahl: 1925
Produktion: 59 000 t
Stundenlohn: 0,66 M
Nominallohn = 100
Lebenshaltungsindex = 100
Im Jahre 1926
Arbeitszeit: 8 Std.
Zahl der Hochöfen: 4 bis 5
Arbeiterzahl: 1285
Produktion: 77 000 t
Stundenlohn: 0,70 M
Nominallohn = 50 bis 60
Lebenshaltungsindex = 1500
18 Prozent allein der gewerkschaftlich organisierten Metallarbeiter erwerbslos! 1928!
Klebekolonne wird vom Werkschutz überrascht, muss türmen. Anschläge werden hier und da entfernt. Es bleiben aber immer noch einige kleben: auf der Latrine, im Geräteraum, dort werden sie eifrig gelesen und diskutiert; oft auch nur die Fetzen an der Mauer der Gießerei. Ein Arbeiter soll den festklebenden Anschlag abkratzen, markiert, liest vor allem. Es kommen immer mehr Arbeiter und lesen den klebenden Restfetzen, ergänzen das Fehlende aus ihrer Erfahrung! Sehr wichtig diese Anschläge innerhalb der Betriebe, der Zellenzeitung! Vergleiche hierzu: Maschinenfabrik N. & K. Zudem: Diese Klebeoffensive ist eines der neuen Kampfmittel, auch bildhaft filmisch. Dann Übergang zu den Forderungen der Metallarbeiter und der Aussperrung infolge solcher Klebepropaganda.
Für wen wird geschmiedet? Direktor zeigt einer Kommission das Walzwerk Musterbetrieb, erstklassige Maschinen von nur wenigen Arbeitern bedient Besprechung im Direktionszimmer, Aufsichtsräte, Direktoren, einer zeigt Ruhrecho, das Hetzblatt; dort Artikel:
Früchte der Rationalisierung
Laut Kölnischer Zeitung vom 3. 9. 1927 folgende Abschreibungen und Dividende der Schwerindustrie:
Vereinigte Stahlwerke: 52,2 Millionen Abschreibungen; 6 % Dividende
Krupp: 17,6 Millionen Abschreibungen; keine Dividende
Mannesmann: 7,3 Millionen Abschreibungen; 8 °/0 Dividende
Zeitung wird durch verschiedene Hände der Direktoren weitergereicht Hände, Hände der Direktoren.
Das Antreibersystem
= Unfälle nach derRationalisierung:
Sektion Düsseldorf 1922:
Arbeiterzahl: 54 123
Unfälle: 1589
Pro 1000 versichert: 46,57
1926:
Arbeiterzahl: 20 534
Unfälle: 2553
Pro 1000 versichert: 124,31 (!)
Sektion Bochum 1922:
Arbeiterzahl: 38 754
Unfälle: 3413
Pro 1000 versichert: 92,86
1926:
Arbeiterzahl: 25 837
Unfälle: 3 887
Pro 1000 versichert: 163,06 (!)
Zeitung geht durch verschiedene Arbeiterhände, Hände, Hände: Formerhände, Gießerhände, Hände alter Frauen, junger Arbeiter, eine Hand wird zur Faust, zerknüllt die Zeitung, eine andere nimmt sie weg, glättet sie, schlägt sie mit vier Stiften an der Tür zur Gießerei an
Viele Köpfe davor; sie lesen, Köpfe, Köpfe, junge, alte, mutige, zweifelnde. Das Ruhrecho auch in der Mietskaserne; Arbeitsinvaliden, die lesen, Frauen, Mädchen Köpfe im Parteibüro, jetzt in der Redaktion, in der Setzerei, Druckerei das Ruhrecho, groß:
FORDERUNGEN DER ARBEITER DER RHEINISCHEN STAHLINDUSTRIE
1. Restlose Durchführung des Achtstundentages
2. Voller Lohnausgleich; weitere 0,15 RM Lohnerhöhung pro Stunde bis zur Erlangung des Friedensreallohns
5. Regelung des Akkordsystems
4. Abschaffung des Prämiensystems, der Lohnabzüge und der Strafen
5. Gegen weitere Arbeiterentlassungen und Feierschichten!
Kollegen und Genossen in Süddeutschland und Mitteldeutschland übt Solidarität!!
Walzwerk Hennigsdorf. Im Betrieb: Die Säuberung.
Großartige Maschinenhalle, modernste Maschinen, alles blitzt und blinkt; Tempo, mörderisches Arbeitstempo Alte 50- bis 60-jährige Arbeitsinvaliden können nicht mehr mit: Schneck, Karsch, Malez von der alten Schmelzgarde zu langsam, zu schwach; der Werkmeister kommt, schüttelt den Kopf; er sieht nach der Uhr, denkt an seine Tonnenprämien, Gasersparnisprämien, lässt sich das Werkbuch vorlegen; Ingenieur Box kommt hinzu, die Alten schaffen es nicht mehr, Säuberung! Der ganze Betrieb kann nicht darunter leiden, wir müssen heut mit Rücksicht auf die Konkurrenz rationell arbeiten. Die drei Alten werden ins Büro gerufen. Also, am Ersten ist Ihre Zeit um. Ich habe den Auftrag, Ihnen zu kündigen! Nach 30-jähriger Arbeit im Werk.
Die drei Alten gehen wie gehenkt durch die Schmelzerei an Schnurr und Moldenhauer vorbei, berichten ihre Kündigung; Lohmann, der Gewerkschaftler: Das kommt daher, weil ihr nicht organisiert seid! Schnurr: Und wenn wir organisiert sind Blitzend laufen im Walzwerk die Maschinen
In den Wellblechbaracken daheim: Elend, Feuchtigkeit, Überfüllung Wellblechbaracken, eine Kegelbahn, ja bloße Korridore und Ställe dienen zur Unterkunft und als Heim der Mehrzahl der 1700 Hennigsdorfer Arbeiter! Der alte Karsch zeigt seiner Frau den Kündigungsschein; die Alte liest ihn ungläubig. 30 Jahre im Betrieb, und jetzt, wo er verbraucht ist, einfach auf die Straße geworfen; und bis das Reich im 66. Lebensjahr die paar Groschen Invalidenrente zahlt, bis dahin sind es noch 10 Jahre und man ist verhungert. Hilft uns denn niemand?! Schnurr kommt mit dem jungen Karsch; beide sind Kommunisten, sie bringen den Alten ein paar Lebensmittel. Der junge Karsch zeigt dem Vater das Volksecho der Provinz Brandenburg; hierin: Forderungen der Arbeiter der Rheinischen Stahlindustrie, genau wie im Ruhrecho. (Hierdurch schon ein Zusammenhang des großen Kampfes RheinRuhrMitteldeutschland.) Der alte Karsch will von Politik nichts wissen, schiebt die Zeitung weg. Die beiden andern ab. Der Alte sitzt da, betrachtet seine Invalidenkarte, Entlassungsschein, Klebemarken.
Im Walzwerk. Schon im Umkleideraum ist ein Ausschnitt des Volksechos angeklebt mit den Forderungen der Ruhrarbeiter, dort diskutierende Gruppen. Auch im Walzraum selbst sind solche Anschläge an den Türen und Mauern; auch dort wird diskutiert und gelesen. Lohmann, ein SPD-Gewerkschaftler, meint: Quatsch! Radikale Phrasen! Steckt nichts dahinter! Moldenhauer: Recht haben die! Wartet nur bis zum nächsten Lohnabbau auch bei uns! Knipp, Schneck kommen hinzu, stimmen Moldenhauer zu Werkmeister kommt, alle schnell an ihre Arbeit, er sieht den Anschlag, lässt ihn abkratzen
(Das Einbeziehen des beginnenden Ruhrkampfes ist schon deshalb nötig, damit man erkennt, welch gewaltige Massen hier aufmarschieren: 213 000 Arbeiter bei dieser einen Aussperrung! Hennigsdorf ist kein isoliertes, zufälliges Ereignis! Grade die Zeitung, die Kleberei als illegaler Nachrichtendienst schlagen hier sichtbar die Verbindung, wo die Gewerkschaft versagt.)
Wieder das gesteigerte Arbeitstempo unter dem Antreibersystem der Meister und Vorarbeiter Die Maschinen laufen, die glühenden Eisenblöcke kommen zwischen die Walzbacken, das Blech bäumt sich in mächtigen Stahlwellen hervor, wird gepackt, herausgezogen, in großem Schwung beiseitegeworfen Ein Arbeiter wird in eine Transmission geschleudert, Arm abgerissen, verblutet Die Arbeiter über ihm, es ist umsonst; wütende, ängstliche, gleichgültige; der Ingenieur, der Betriebsleiter Er wurde ein Opfer der Arbeit! Ehre seinem Andenken! Der vierte in einem Monat!, sagt Schnurr.
Schnurr gibt dem jungen Karsch und Knipp ein Zeichen. Sie treffen sich auf der Latrine einer Massenlatrine wie im Felde. Dort halten sie Sitzung und besprechen die Lage, lesen den neuesten Bericht von der Ruhr! Auch bei uns stinkts! So kann es nicht weitergehn! Wir müssen verlangen:
1. Lohnerhöhung. Reallohn auf Friedenshöhe!
2. Bessere Arbeitsbedingungen! Sonst hängt jede Woche einer in der Transmission.
Betriebsratssitzung!
Antrag, diese Forderungen sofort der Zentrale des DMV Berlin zu überbringen. Antrag angenommen! Die Sitzung wird aufgehoben! (Die Sitzung kann so sein, dass jeder seinen Kopf aus der Tür der Latrine heraussteckt. Vergleiche auch hierzu Maschinenfabrik N. & K.!)
Erste Betriebsratssitzung. Die verschiedenen Arbeitertypen:
Schnurr und Moldenhauer: KPD
Rädisch und Jobbke: SPD
Lohmann: SPD
Griese: Christlicher Gelber
Buck: Nazi, Stahlhelm
Die Resolution wird angenommen; Schnurr, Rösler, Lohmann und Griese werden beauftragt, sie dem DMV Berlin zu überbringen.
Das Zentralbüro in Berlin. Der Gewerkschaftsapparat. Bei Lehmann, dem Gewaltigen! Die Gewerkschaftsbürokratie!!
Der Anmarsch der vier Hennigsdorfer durch die Vorzimmer der Stenotypistinnen, der Sekretäre pp; der ganze bürokratische Apparat, der genauso verstaubt, anmaßend und reaktionär ist wie die Justizsekretäre und die Schalterbeamten an der Post. Man wird die Sache (wohlwollend) prüfen.
Abmarsch genau wie Anmarsch.
Im Direktionsbüro Hennigsdorf. Die Gewerkschaft hat den Antrag schließlich weitergegeben; sie stellt der Werkleitung anheim, sich darüber zu äußern. Direktor Goebel, der kaufmännische Leiter, Direktor Moll, der technische Leiter, Ingenieur Box beraten: Frechheit! Kommunistische Verhetzung! Man muss gleich mal energisch durchgreifen! Exempel statuieren! Diesen Angriff sofort mit Gegenstoß beantworten! Sehr richtig! Die beste Parade ist der Hieb! Wir beantworten diese Frechheit, diese kommunistische Forderung, indem wir 200 Arbeiter entlassen und Feierschichten einlegen! Ausgezeichnet, Box! Man merkt doch bei Ihnen: alter Soldat! Fräulein Knipp! Sofort ein Stenogramm! Die Gegenmaßnahme wird diktiert. Die Herren unterhalten sich ungeniert in Gegenwart der Sekretärin über die Vorteile des Ruhrstreiks für Hennigsdorf, das jetzt mit neuen großen Aufträgen zu rechnen hat, da die Ruhr nicht liefern kann. Unsre Sache blüht! Es lebe der Ruhrkampf!
Box ist die Aufmerksamkeit Fräulein Knipps aufgefallen. Wie die Direktoren hinaus sind. Wo stehen Sie eigentlich, Fräulein? - Dort, wo es mir gut geht, Herr Ingenieur.
Bekanntmachung der Betriebsleitung am Fabrikeingang, im Umkleideraum, im Maschinensaal, im Schmelzraum:
Hennigsdorf, den 21. 8. 1928
Die Betriebsleitung des Stahl- und Walzwerks Hennigsdorf gibt bekannt:
Der schlechte Geschäftsgang, die allgemeine Wirtschaftskrise und die notwendige Rationalisierung zwingen die Betriebsleitung:
1. ab 1.9. Feierschichten einzulegen, und zwar
2. einen Teil der Arbeitskräfte abzubauen. Die zu entlassenden Arbeiter werden in den einzelnen Abteilungen bekanntgegeben.
Schmelzerei. Der Meister kommt und berichtet die notwendigen Entlassungen, macht unter Werkbuch Abschluss zieht das Werkbuch und das Arbeitsbuch von Schnurr ein. Entlassen!
Knipp und Schneck aus der Formerei und Walzerei kommen erregt; auch sie sind entlassen. Fast alle Mitglieder der KPD, kein einziger Hirsch oder Christlicher, kein einziger Stahlhelm! Erregte Aussprache in den einzelnen Abteilungen, die sich fortpflanzt durchs ganze Werk: in die Umkleideräume, in die Kantine, verstohlen in die Büros, die Lohnabteilung, auf die Verladeräume, in die Latrinen Immer die verschiedenen Arbeitertypen: SPD KPD Hirsche Christliche Stahlhelmer.
Direktionsbüro. Man beobachtet von oben den Schichtwechsel der erregten Arbeiter. Direktor Moll zu Ingenieur Box: Das war eine Lektion für die Moskowiter! Noch gibt es mehr Ketten als tolle Hunde! Box dreht sich schnell um. Grete Knipp tippt eifrig ein Stenogramm.