Die Versorgung der USA-Bürger mit materiellen Gütern und Lebensnotwendigkeiten in Prokops Vision liegt, wie in einer Dystopie üblich, sehr im Argen und ist doch differenziert zu sehen. Sind die klassischen Dystopien von einer großen Gleichmacherei oder von Kastenbildung gekennzeichnet, so wird bei Prokop einfach so verteilt, wie es marktwirtschaftliche Systeme von jeher tun: Wer bezahlen kann, hat alles, wer wenig bezahlen kann, lebt ärmlich, wer nicht bezahlen kann, muss sehen, wo er bleibt. Irgendwelche »sozialen Netze« gibt es nicht. Milliardenschweren, langlebigen Bigbossen mit allem erdenklichen und auch undenkbaren Luxus an der oberen Spitze der sozialen Stufenleiter stehen am Ende dieser Stufenleiter analphabetische, ausgebeutete und jung sterbende »underdogs« gegenüber, für die schon ein an sich bedeutungsloser Ordnungsverstoß grenzenloses Glück bedeuten kann ─ das sich, wenn man sich die Lebensverhältnisse der Bigbosse betrachtet, allerdings zu reiner Lächerlichkeit verflüchtigt. Noch unterhalb und eigentlich außerhalb dieser sozialen Schichtung stehen die ─ in der Regel völlig unschuldig verurteilten ─ Sträflinge sowie die Unpersonen: In keinem Computer erfasste und deshalb amtlicherseits gar nicht existierende Menschen, die im »underground« oder in den als verwüstet und unbewohnbar geltenden »nolands« leben.
Generell gilt auch in diesem Bereich, dass Prokop Entwicklungen der siebziger Jahre extrapoliert hat ─ durch eine alle Lebensbereiche vergiftende Umweltverschmutzung ist Trinkwasser zu einem äußerst kostbaren Gut geworden, alle auf natürlichem Weg hergestellten Nahrungsmittel sind sündhaft teuer, während für den Massenverbrauch nichts weiter zur Verfügung steht als die Erzeugnisse einer Surrogate herstellenden Industrie, die mit ihrer Produktion die Verseuchung der Umwelt weitertreibt. Diesen ─ sehr gegenwärtigen ─ Tatsachen entsprechend gehört neben der Sorge um Essen und Trinken auch die Angst vor radioaktiver Kontaminierung oder Umweltvergiftung zu den permanenten Lebenssorgen. Diese Aspekte einer dystopischen Gesellschaft, die in den klassischen Dystopien fast völlig fehlen, arbeitet Prokop an einigen der Truckleschen Kriminalfälle deutlich heraus.
Die Versorgung der Bürger jener Prokopschen USA mit geistigen Gütern ist ebenso streng nach Zahlungskraft geordnet wie die Versorgung mit Lebensmitteln und Umwelt: Künstlerische Genüsse und anspruchsvolle Freizeitinhalte sind den Bigbossen vorbehalten, die mitunter sogar Künstler zu einer Art von Leibeigenen machen, um allein in den Genuss der erbrachten Spitzenleistungen zu kommen. Für die wenig oder nicht Zahlungskräftigen bleibt Massen»kultur« in ihren plattesten Formen, meistens ebenso wie im materiellen Bereich blasse Surrogate und Billigprodukte ─ die Informationen, die die Bücher hierzu geben, weisen deutlich darauf hin, dass Prokop auf diesem Gebiet ein weiteres Mal reale Prozesse und Erscheinungen in die Zukunft hinein extrapoliert hat. Da diese Methode, wie oben bereits erwähnt, eine in der Science Fiction gängige ist, sehen die Ergebnisse dem ähnlich, was bereits in anderen Science-Fiction-Büchern zu finden war.
So ist jenes aus heutigem Fernseh-Unterhaltungs-Show-»Wesen« abgeleitete perverse TV-Spiel mit der Verfolgung eines Menschen durchs ganze Land, das Timothy Truckle so gut wie umbringt, bereits 1958 von Robert Sheckley in der (unter dem Titel Das Millionenspiel verfilmten) Erzählung The Prize of Peril geschildert worden (vgl. Alpers/Fuchs/Hahn/Jeschke 1987, S. 882), nachdem die beklemmende Idee einer übers Fernsehen ferngesteuerten Gesellschaft, die bereitwillig auch für Verbrechen benutzt werden kann, schon 1953 von Ray Bradbury in dem Roman Fahrenheit 451 gestaltet wurde. In jüngerer Zeit wurde das offenbar faszinierende Thema auch in moderner Action-Manier zu dem Schwarzenegger-Reißer Running Man verarbeitet.