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Gold und Galeeren. Eine ungewöhnliche Lebensgeschichte aus dem mittelalterlichen Frankreich von Klaus Möckel
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Preis E-Book:
8.99 €
Buch:
11.80 €
Veröffentl.:
01.09.2018
ISBN:
978-3-95655-906-8 (Buch), 978-3-95655-905-1 (E-Book)
Sprache:
deutsch
Umfang:
ca. 168 Seiten
Kategorien:
Belletristik/Geschichte, Belletristik/Biografisch, Belletristik/Krieg & Militär, Belletristik/Politik
Historischer Roman, Biografischer Roman, Belletristik: Themen, Stoffe, Motive: Politik, Frankreich, 15. Jahrhundert (1400 bis 1499 n. Chr.)
Jaques Coeur, Karl VII., Frankreich, 15. Jahrhundert, Jeanne d'Arc, Münzfälschung, Agnes Sorel, Schatzmeister, König, Venedig, Papst Lalixtus III., Kreuzzug
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Eine Audienz beim König zu erlangen, war nicht einfach. Karl VII. hatte sein unstetes Leben, das ihm in jungen Jahren durch Krieg und Verfolgung aufgezwungen worden war, fortgeführt, auch ohne dass es noch eine Notwendigkeit dafür gab. Durch Johannas Siege und die Streitereien der englischen Rivalen jenseits des Kanals entlastet, wollte er erst einmal auf neue Schlachten verzichten, bemühte sich um Verhandlungen mit den Burgundern.

Damit folgte er Ratgebern wie dem trunk- und streitsüchtigen Tremoille, der auf diese Art seine eigenen Interessen am besten vertreten glaubte. Karl aber erhielt durch diese Politik Raum für Reisen von Schloss zu Schloss, mitsamt der Hofgesellschaft, wo ihm Feste, Jagden – die er freilich weniger liebte – oder religiöse Andachten Abwechslung brachten.

Doch Jacques Coeur hatte einige Trümpfe im Ärmel. Karl VII. kannte ihn von den Münzgeschäften her als einen fähigen Mann, der für den Hof besondere Waren besorgen und ihm größere Summen stunden konnte. Da der König nicht dumm und an Dingen, die mit Geld zu tun hatten, besonders interessiert war, hatte er sich von der Reise des Händlers nach der Levante berichten lassen. Deshalb gab es bei ihm eine gewisse Bereitschaft, nun aus direkter Quelle Näheres zu erfahren.

So wurde der Tuchhändler nach einigen vergeblichen Versuchen, wozu ein Ritt nach Tours gehörte, schließlich bei Seiner Majestät vorgelassen. Karl hielt sich dort, um seine ehelichen Pflichten zu erfüllen, (die Königin gebar ihm im Laufe der Jahre eine beträchtliche Schar von Kindern) immer wieder mal bei seiner Gemahlin mit ihrem Hof auf.

An diese Begegnung erinnert er sich noch genau. Der König war etwas jünger als er, sah aber älter aus. Das mochte an seiner wenig gestrafften Haltung liegen, an der großen Nase, den wimpernlosen Augen, an seinem Blick, der am Besucher vorbeiglitt, dem abwesend scheinenden Gesichtsausdruck, an der Art, sich bei Gesprächen lieber im Schatten als im vollen Licht zu zeigen.

Die Umgebung des Königs führte diese Eigenheiten auf seine von Not, Verfolgung und Mord geprägte Jugend zurück. Hatte er nicht als Kind die Massaker von Paris erlebt, als Jüngling den Totschlag des Herzogs von Burgund, Jean Ohnefurcht?

1422 war bei einer Versammlung mit Notabeln und angesehenen Bürgern in der Hafenstadt La Rochelle der Fußboden des Raums eingebrochen, in dem sie sich befanden, und einige der Anwesenden waren schwer verletzt worden oder hatten sogar das Leben verloren. Auch Karl, in einem Stuhl sitzend, war in die Tiefe gestürzt, aber mit dem Schrecken davongekommen. Doch solche Ereignisse wirkten in ihm nach; jedes Jahr ließ er an dem bewussten Tag deswegen eine feierliche Messe lesen.

Jedenfalls könnte man wegen des Königs Absonderlichkeiten meinen, dass er bei dieser Begegnung nur halb bei der Sache ist. Doch das täuscht. Zumindest kommen seine Fragen zu den Einzelheiten der Reise sehr präzise. Auch lässt er sich Zeit bei den Antworten, als Jacques seine Pläne entwickelt.

„Schiffe bauen, Niederlassungen gründen, Kanäle und Häfen von Sand, Schlick, Morast befreien, Coeur, wo nehmt Ihr das Geld dafür her?“

„Für den Anfang kann unsere Handelsgesellschaft einiges vorschießen, Sire, und wenn Ihr vielleicht den Städten am Meer einen kleinen Teil der Steuern erlasst, könnten sie die so gesparten Mittel für diese Arbeiten verwenden.“

Das ist der wunde Punkt: Karl soll etwas abgeben, bevor er den Gegenwert erhält. Zum ersten Mal sieht er Jacques direkt ins Gesicht.

„Die Steuern, Coeur, die wir einnehmen, reichen nicht einmal für unsere notwendigsten Ausgaben.“

Jacques weiß, dass die Mittel aus den Provinzen seit den Erfolgen gegen die Engländer wieder reichlicher fließen, es ist allerdings nur der Anfang einer Wende. Freilich kann man über die „notwendigen Ausgaben“ streiten, wenigstens was die teure Hofhaltung betrifft. Doch daran darf er nicht rühren. Er hält sich zurück, schweigt.

„Neue Steuern kann ich meinem Volk im Augenblick nicht zumuten“, ergänzt der König.

„Wenn die Wegzölle wegfielen, die nur den Fürsten Vorteile bringen, und Städte, die nicht vom Krieg betroffen sind, etwas mehr zahlen würden ...“, wagt Jacques einzuwenden.

„Ihr scheint Euch besser in meinen Land auszukennen als ich selbst“, murrt Karl und fügt etwas tückisch hinzu: „Wo liegt eigentlich Euer Vorteil bei der Sache? Ihr tragt ein großes Risiko. Erzählt mir nicht, dass Ihr das alles aus Treue zu Eurem König tut.“

„Nicht nur“, gibt Coeur zu und sagt sich, dass er die Preise schon entsprechend ansetzen wird. „An gutem Handel werden alle verdienen, auch wir. Seht doch Florenz, Sire, seht Genua, Venedig. Diese Städte erblühen durch Kauf und Verkauf ihrer Waren. Ich habe in Ägypten und Syrien Schätze gesehen, die nur darauf warten, gegen unsere wertvolle Wolle getauscht zu werden. Man muss es anpacken.“

Karl lässt sich von seinem Eifer nicht anstecken. Er zögert. „Na gut“, sagt er schließlich, „einiges von dem, was Ihr berichtet habt, klingt ja nicht so schlecht. Wir werden darüber nachdenken. Aber erwartet nicht zu viel. Wir haben noch andere Pflichten.“ Und er erhebt sich.

Jacques ist entlassen und nichts entschieden. Aber er beschließt, das Ergebnis der Unterredung positiv zu werten. Er wird abwarten und zugleich aktiv werden.

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