"Und wessen beschuldigt ihr diesen Mann?", fragte der Offizier, der angesichts der murrenden Menge die Gerechtigkeit in Person war.
"Er soll seine Taschen leeren, Monsieur le Marquis, dann wird sich herausstellen, was für einer das ist."
Antoine tat, als sträube er sich, kam aber schließlich der Aufforderung nach. Als er seine Jacke, seine Weste um und um gewendet, jedoch nichts zum Vorschein gebracht hatte außer einer zerknautschten Gänsefeder, einem Batistschnupftuch und einem Beutel mit einigen Kupfermünzen, glichen die Gesichter seiner Widersacher welken Salatblättern. "Ich schwöre Ihnen, Monsieur", sagte der Kleinere der beiden, "dass er Bücher unterm Jackett trug. Er ist gewiss eines jener gefährlichen Subjekte, die gegen Seine Majestät den König und gegen unsere heilige Kirche arbeiten. Als er bemerkte, dass ich ihn beobachtete, ist er weggelaufen. Er muss das Paket unterwegs beiseite gebracht haben. Wer weiß, vielleicht hat er es sogar über die Mauer hier geworfen."
In der Menge wurde gelacht, die Sympathie lag nun eindeutig aufseiten Antoines. "Schau doch nach, Mouchard", schrie ein Bengel von fünfzehn, sechzehn Jahren, und dieses für Polizeispitzel gebräuchliche Schimpfwort machte die beiden noch nervöser. Der junge Mann selbst protestierte heftig gegen die Anschuldigungen seiner Verfolger. Er sei Musiklehrer im Haus des ehrwürdigen Chevalier de L. und ein nachdrücklicher Verfechter aller katholischen Glaubenssätze, einschließlich der, die in der umstrittenen Bulle Unigenitus niedergelegt wären. Wenn er in Büchern lese, dann in der Bibel oder im Almanach Royal. Aber er käme nie auf die Idee, Schriften und Manuskripte mit sich herumzuschleppen. Auch heute hätte er nichts bei sich gehabt als sein reines Gewissen und die paar Habseligkeiten, die man hier vor sich sähe.
Der Edelmann, der es sicherlich schon bedauerte, die undankbare Rolle des Schiedsrichters übernommen zu haben, befand sich in einer Zwickmühle. Um den Verdacht in Bezug auf die Klostermauer zu prüfen, schickte er einen der Spitzel auf den Kastanienbaum, denn von dort aus konnte man einen Blick nach drüben werfen. Die Kletterpartie dieses Mannes führte beim Publikum jedoch zu neuen Heiterkeitsausbrüchen, da er sich eher als Frosch denn als Eichhörnchen erwies. "Du hast deinen Beruf verfehlt", schrien die Leute, "du solltest zum Zirkus gehen und dich für Geld zeigen" oder "Man könnte ihn für einen Kongo-Affen halten, wenn er sich nicht so ungeschickt anstellen würde."
Antoine begann Gefallen an der Sache zu finden, schon fühlte er sich ein wenig als Held - da trat ein zweites unangenehmes Ereignis ein. Eine alte Frau, krumm und in Lumpen gehüllt, drängte sich durch die Menge. "Satan", krächzte sie und richtete die Spitze ihres Krückstocks auf den jungen Mann, "du betest Satan an. Ich hab's gesehen, wie du sie versteckt hast, deine Teufelsbücher. Von meinem Fenster aus hab ich's gesehen, von da drüben aus. Auch wenn meine Augen nicht mehr die besten sind, Satans Werk erkenne ich überall. Satan steckt in ihm, Euer Adel. Diese Herren", sie wies auf die beiden Spitzel, "haben ganz recht. Da vorn, hinter der Tür, hat er sie versteckt, die Bücher. Oh, Satan ist schlau, aber die alte Chanelle kennt alle seine Schliche."
In der Menge war es urplötzlich still geworden, die Augen der Spitzel leuchteten auf. "Da, da sehen Sie es, Monsieur le Marquis", trumpfte der kleinere der beiden auf und stotterte dabei vor Erregung. Sein Kumpan, ein stiernackiger Kerl, der mit Mühe wieder von seinem Baum heruntergerutscht war, packte Antoine mit eisernem Griff am Arm. "Bekommen wir das Füchslein doch noch zu fassen? Schön hiergeblieben, mein Freund, mir liegt nichts an einem neuen Wettrennen mit dir."