Die Frau hat das Mädchen in die Ehe mitgebracht.
Das Mädchen isst weiter, und wenn sie nach unten sieht, verdecken die Haare ihre Augen. Der Mann mag das nicht, der Mann mag vieles nicht, aber er schweigt, schweigt, kaut und trinkt den Tee.
»Es ist nie gut, wenn man einem Jungen nachläuft«, sagt die Frau wieder.
Das Mädchen schweigt, und die Augen der Frau werden hart. Ich habe vergessen, das Radio anzudrehen, denkt der Mann. Er lässt die Frau reden, er mischt sich nicht ein. Für Jungen ist ihm das Mädchen noch zu jung, aber er sagt nichts, er sagt überhaupt nichts mehr, die Frau erzieht allein, weil der Mann nicht das harte Braun mag in den Augen der Frau, das immer kommt, wenn er etwas über die Tochter sagt. Nun schweigt er, und die Frau ist auch nicht zufrieden. Der Mann zieht sich an seinen Schreibtisch zurück, denn wegen der Sitzungen schafft er vieles nicht im Betrieb, abends hat er Zeit, ihn stört auch nicht der Fernseher, der im gleichen Zimmer läuft.
Am besten kam der Mann mit dem Mädchen aus, als die Frau im Krankenhaus lag, in dem einen Jahr zweimal und lange. Das Mädchen machte die Wohnung sauber, was sie sonst nie tat, wusch ab und bereitete das Abendbrot für den Mann und für sich, und der Mann ließ sie fernsehen, auch wenn sie Schule hatte am nächsten Tag, saß am Schreibtisch, der am Fenster stand, und arbeitete. Als die Frau zurückkam, war alles vorbei, zwischen ihm und dem Mädchen stand eine Wand. Die Frau achtete auf jedes Wort, das der Mann sagte, wenn es die Tochter betraf. Das tut sie immer; wenn der Mann etwas sagt, sieht die Tochter die Mutter an.
»Du brauchst deine Mutter nicht so zu behandeln«, sagt die Frau. Das Mädchen schweigt, sieht nicht hoch. Manchmal hasst sie ihre Mutter, manchmal liebt sie sie, aber meistens ist sie ihr zu nervös. Das Mädchen kennt sich nicht mehr aus in ihren Gefühlen, aber Jungen mag sie am liebsten, besonders die ruhigen, Klaus ist so. Er ist ein Bastler, und sein Zimmer steht voll fremdartiger Geräte, die das Mädchen nicht kennt, nur die Radios. Sein Vater bringt die Teile aus dem Betrieb mit. Der letzte Junge wollte nur das eine, das Mädchen will es noch nicht. Der letzte Junge ging in die zehnte Klasse. Klaus geht in die neunte. Er küsst nicht so richtig, aber dem Mädchen gefällt er, auch seine Eltern gefallen ihr, sie streiten nicht, jedenfalls nicht vor ihr. Schüchterne Jungen mögen viele Mädchen nicht aus ihrer Klasse, aber das Mädchen mag Klaus. Er hat einen Hamster und eine Schildkröte, die immer unterwegs ist in seinem Zimmer und auf dem Flur. Eltern komplizieren alles, besonders die Mütter.
Das Mädchen nimmt den Schinken, eine riesige Scheibe, und der Mann runzelt die Stirn.
Die Frau sucht immer den Ausgleich zwischen dem Mädchen und dem Mann, deshalb ist sie ganz wach, nimmt jedes Wort auf, auch die Blicke. Der Mann blickt oft unbeteiligt, aber die Frau ahnt, was er denkt. Die Frau beobachtet das Mädchen und den Mann, beide wollen sich zurückziehen wie Schnecken in ihre Häuser, aber die Frau ist wachsam, sie lässt es nicht zu, und wenn sie sie an den Hörnern herausziehen muss. Dem Mann folgt sie bis zum Schreibtisch, aber er sitzt da, sitzt vor seinen Zahlen, die die Frau nicht begreifen kann, vor großen Bögen voller Zahlen. Der Mann winkt ab, das Mädchen kann nicht abwinken, die Frau folgt ihr in das Kinderzimmer, bleibt einfach drin und redet. Das Mädchen kann sich nicht an ihren Tisch zurückziehen, die Frau hat eine lockere Hand, sie hat Angst, dass sie die Tochter verliert. Sie weiß nicht, wie sie es richtig machen soll. Die Tochter soll ihr alles sagen, sie tut es auch, aber die Frau misstraut ihr. Wie dem Mann. Die Frau misstraut allen, sie ist vorsichtig, sie will nicht überrascht werden, von keiner Sache. Wenn ein Kind kommt, hat der Mann gesagt, ziehe ich aus. Wenn Besuch kommt, sitzt er nur und schweigt. Den Besuch lädt die Frau ein, immer, weil sie kontaktfreudig ist, vielleicht macht es auch ihre Arbeit, sie lernt viele kennen. Ihr Mann ist da anders, er braucht wenig Freunde, nur ein Ehepaar. Die Frau liebt den Trubel, viele Gäste, sie erzählt gern, selbst wenn der Mann spricht, redet sie hinein, verbessert ihn, erzählt selbst weiter. Nun schweigt der Mann.
»Ich rede noch mit dir«, sagt die Frau und blickt die Tochter fest an. .
»Ich laufe ihm nicht nach«, sagt die Tochter, »kann ich morgen ins Kino?«
»Erst nach dem Abwasch«, sagt die Frau, »und nach der Wohnung.«
Das Mädchen stöhnt und stößt die Luft aus. Die Frau sieht den Mann an, aber der sieht auf seinen Teller, zerlegt die Schnitte in viele Einzelstücke. Das mag die Frau nicht, sie runzelt die Stirn, aber sie versucht gar nicht erst, den Mann zu verbessern, es wäre zwecklos, der Mann macht, was , er will.